TOTENGEFLÜSTER - Faszination am Tod und an der Finsternis


In der True Black Metal-Szene ist Keyboard Black Metal ja meistens verpönt, auch wenn ich mittlerweile viele Leute kenne, die den symphonischen Black Metal Ende der Neunziger im Nachhinein heute sehr schätzen. Wenn man eine Platte gut produziert, kann dabei auch ein schaurig schöner, düsterer Soundtrack entstehen, der sehr wohl zu gefallen weiß. So wie im Fall des neuen, erst zweiten Albums der süddeutschen Symphonic Black Metaller Totengeflüster, die es trotzdem verstehen, neben pompösen Sounds vor allem den Gitarrenriffs die Oberhand zu lassen. Die meisten Bands dieses Stils übertreiben bei ihren Produktionen mit modernen Plastikosunds, die das musikalische Gesamtbild kaputt machen. Aber Totengeflüster sind mit ihrem Zweitwerk ein gutes Beispiel dafür, wie man es richtig und authentisch macht. Ich rollte mit Sänger Narbengrund und Songschreiber Totleben das Feld von hinten auf und ging mit ihnen die gesamte Bandgeschichte durch.

logo Daniel: HELL-ö Narbengrund! Bitte erzähl uns doch zunächst, wann und wie es zur Gründung von Totengeflüster kam!

Narbengrund: Streng genommen gab Totengeflüster 2007 seine ersten Lebenszeichen von sich. Damals schrieb unser Hauptsongwriter Totleben die ersten Songs, welche letztlich auch auf „Vom Seelensterben“ zu finden gewesen sind. Ursprünglich waren die Songs aber als rein instrumentale Lieder gedacht. Irgendwann entschied sich Totleben, doch meine Wenigkeit mit an Bord zu holen und tada: Totengeflüster als Studioprojekt ward geboren! Während der Aufnahmen zu „Vom Seelensterben“ (etwa Herbst 2012) stieß dann Schattendorn aka Frostbitten zu uns, und etwa ein Jahr später komplettierten uns Rorschach und Frevelsaat.

Daniel: Hattet Ihr zuvor schon in anderen Bands gespielt?

Narbengrund:Teilweise… Frostbitten spielte vorher in einer Deathcore-Band namens Unleash The Fallen, ich gab meinen „Gesang“ bei Timeless Rage (die mittlerweile allerdings eher Power Metal oder etwas in der Art spielen) zum Besten. Frevelsaat hatte in seiner Jugend wohl in irgendeiner Thrash-Band gespielt (wobei ich mir da gar nicht so sicher bin), Rorschach hatte in einer, hmm, na sagen wir mal Death Metal-Band gespielt (Forlorn – R.I.P.) und bei Totleben sowie Teufeskald (Rorschachs Ablösung) handelte es sich um Bandfrischlinge.

Daniel: Kultkünstler Christophe Szpajdel hat Euer schönes Logo gemalt. Wie seid Ihr mit ihm in Kontakt gekommen? Und hat Euch sein Entwurf viel gekostet?

Totleben:Mir war Christophe schon lang ein Begriff, da er ja für einige mir wichtigen Black Metal-Bands Logos gezeichnet hat. Mir war klar, wenn ich eines Tages eine Black Metal-Band haben sollte, dann darf nur Christophe diese wichtige Arbeit übernehmen. Wie ich gesehen habe, ist das CROSSFIRE-Logo ebenfalls von ihm (Ist es nicht. Es stammt von Fabian Janicki von Fab Sick Art; Anmerkung der Redaktion). Ich hatte ihm damals einen eigenen Entwurf für das Totengeflüster-Logo gezeichnet und als Orientierung mitgeschickt. Unter anderem hat er auch sämtliche Songtitel für unser neues Album/Artbook handgezeichnet.

Daniel: Kannte er die Band schon und konnte sich so inspirieren lassen? Oder wie war das? Erzähl mal!

Totleben: Er kannte Totengeflüster damals noch nicht, da er ja hinzugezogen wurde, als das erste Album in Produktion war. Vorher haben wir ja nichts veröffentlicht; Demos etc.

Daniel: Welche Bands haben Euch beeinflusst?

Narbengrund: Was unser musikalisches Schaffen anbetrifft, so sind vor allem (Symphonic) Black Metal-Bands der Mitneunziger unsere Haupteinflüsse: Dimmu Borgir, Cradle Of Filth, Limbonic Art, Dissection, eine Prise Satyricon usw. Totleben hört zudem auch sehr gerne Filmmusik (John Williams, Howard Shore, Danny Elfman etc.). Was meine Vocals angeht: vor allem frühe Dornenreich, Dark Fortress, Children Of Bodom und natürlich Cradle Of Filth. Mittlerweile versuche ich auch ein wenig Kvarfoth (Shining), Kim Carlsson (Lifelover) oder Attila Csihar (Mayhem, ex-Tormentor) in meinen Stil einzuweben.  

Daniel: Wovon handeln Eure Texte genau? Und gibt es eine Art Kernaussage, die Du mit Deinen Texten vermitteln willst?

Narbengrund: Im Großen und Ganzen kann man die Thematik ganz grob auf eine gewisse Faszination am Tod und an der Finsternis, sowie das „negative“ Gefühlsspektrum eingrenzen. Allerdings versuche ich auch, meine Zuhörer zum Nachdenken zu bewegen, zum Beispiel in Bezug auf die Umwelt oder die Gesellschaft oder sie ganz allgemein zum Hinterfragen von Autoritäten anzuregen. 

totengeflüsterDaniel: Warum hast Du Dich überhaupt für deutsche Texte entschieden? Und könntest Du Dir auch vorstellen, eines Tages mal englische Texte für Totengeflüster zu verfassen?

Narbengrund: Ich kann mich schlicht und ergreifend besser ausdrücken, wenn ich deutsche Texte verfasse. Da ich recht genaue Vorstellungen davon habe, wie etwas zu klingen hat, das heißt, nicht nur in Bezug auf Rhythmus, sondern auch auf den Klang der Worte an sich, wäre es einfach schwieriger, eine ähnliche Textqualität in einer anderen Sprache zu erhalten. Allerdings heißt das nicht, dass ich dem Verfassen eines Textes in einer oder mehreren anderen Sprachen nicht aufgeschlossen wäre. Beispielsweise hätte ich wahnsinnig gerne ein wenig dreckig rausgekotztes Französisch in einem Totengeflüster-Song! Auf „Im Nebel Der Vergänglichkeit“ haben wir übrigens einen englischen Songtext („One With The Void“) und eine lateinische Passage in „Creatio Ex Nihilo“.  

Daniel: Ihr habt nie irgendwelche Demos oder EPs veröffentlicht. War das von Anfang an so geplant? Oder hat sich das eher zufällig ergeben?

Narbengrund: Das hat sich einfach so ergeben. Aber wer weiß? Vielleicht wird unser nächstes Baby eine EP?

Daniel: Ihr habt Euer Debüt-Album „Vom Seelensterben“ 2013 in Eigenregie veröffentlicht. War das nicht sauteuer? Gab es keine Plattenfirmen, die an einer Veröffentlichung interessiert gewesen wären?

Narbengrund: Das war es… By the way: „Im Nebel Der Vergänglichkeit“ ist auch so entstanden, mit Ausnahme der Arbeit Andy Classens (Endmix, Mastering).

Daniel: Wie hoch war die Auflage überhaupt? Ist Euer Debüt heute noch erhältlich?

Totleben: Du sprichst vom Debüt-Album? Wenn ja: Wir haben die ersten beiden Auflagen des ersten Albums (im Digipack) mit jeweils hundertfünfzig ausverkauft und dann eine Jewelcase-Version im Schuber hergestellt. Letztere im Schuber ist noch erhältlich. Die Auflage des zweiten Albums ist deutlich höher! ;-)

Daniel: Warum sind zwischen der Gründung und dem Debüt überhaupt ganze sechs Jahre vergangen? Warum hat es so lange gedauert, bis es bei Euch richtig losging?

Narbengrund: Siehe erste Frage! 

Daniel: Wie seid Ihr an die Plattenfirma Pale Essence Music geraten, die Euer neues Album „Im Nebel Der Vergänglichkeit“ rausgebracht haben?

Narbengrund: Totleben hat Pale Essence Music selber gegründet, und da lag es nahe, seine eigene Band unter Vertrag zu nehmen, zumal das der Hauptgrund dieser Gründung gewesen ist.

Daniel: Der Sound des Albums ist richtig gut. Wo habt Ihr aufgenommen und wer hat produziert?

Narbengrund: Aufgenommen haben wir in unserem Proberaum – ha! Das hättest du nicht erwartet, was? Es ist aber wahr! Ist alles bei uns im heimischen Arbeitslager (war es wirklich einst) entstanden. Totleben hat den Stoff etwas vorgemischt und dann ging es ab zu Andy Classen (Graveworm, Belphegor uvm.) und … ja, er ist ja eher dafür bekannt, einen recht fetten Sound rauszuholen. 

Daniel: Ich finde Euer Cover total geil! Wer hat es gemalt? Und wie seid Ihr mit dem Künstler in Kontakt gekommen?

Narbengrund: Das hat niemand gemalt. Totleben (ja, er ist ein ziemlich fleißiges Persönchen) hat es via Photoshop zusammengestückelt.

totengeflüsterDaniel: Das Cover schreit eigentlich geradezu nach einer Vinyl-Veröffentlichung! Ist in dieser Richtung irgendetwas geplant?

Narbengrund: Von mir aus gerne, nur leider sind Vinyl-Veröffentlichungen ziemlich kostspielig… Und wenn man kein großes Label im Rücken hat, ist es schwer so etwas zu stemmen.

Totleben: Zumal wir eine 64-seitige Artbook-Version im Hardcover des Albums haben, ist die Vinyl dann doch etwas „lasch“ dagegen – aber Geschmacksache!

Daniel: Spielt Ihr eigentlich auch live? Und wenn ja: Wann und wo kann man Euch mal sehen? Oder handelt es sich bei Totengeflüster um ein reines Studio-Projekt?

Narbengrund: Jepp, das tun wir! Du/Ihr könnt euch auf unserer Homepage und/oder Facebook-Page gerne schlau darüber machen, wo und wann wir auftreten.

Daniel: Was steht bei Euch in naher bis ferner Zukunft so an?

Narbengrund: Gigs spielen und neue Songs schreiben/veröffentlichen und natürlich noch einiges auf privater Schiene, aber das ist… privat!

Daniel: Alles klar, Narbengrund! Dann wären wir durch! Das Schlusswort gehört Dir!

Narbengrund: Danke für das Interview! Ich hoffe, wir konnten euren Wissensdurst etwas stillen… Und noch mehr würde ich mich darüber freuen, euch mal live anschreien zu dürfen!

https://www.totengefluester.de/

https://www.facebook.com/totengefluester



Autor: Daniel Müller