KEEP IT TRUE XV

Lauda-Königshofen, Tauberfrankenhalle, 27.04.2012

Tag 1: 27.04.2012

PSYCHOTIC WALTZ / SWORD / SLOUGH FEG / MYSTIC FORCE / OZ / ADRAMELCH / WITCH CROSS / PORTRAIT / CAUCHEMAR 

Und wieder fand sich die weltweite Undergroundgemeinde im schönen Taubertal zusammen. Und eines sei vorab schon gesagt, es passte wieder alles wie die Faust aufs Auge. Herrliches Wetter, faire Preise, verrückte Metalfans aus aller Herren Länder und ein vielseitiges Billing, das sich wie gewohnt aus Bands verschiedenster Genres zusammensetzte. Allerdings muss ich auch zugeben, dass mir die Auswahl der Bands im Vorfeld nicht zu 100% zusagte. Aber letztendlich wurde auch ich eines besseren belehrt, denn es gab doch die eine oder andere Überraschung. Mehr dazu aber später.

 

KIT cauchemar LIVE 2012Zeitlich hatte ich alles im Griff, keinen Stau auf der Autobahn, ich war pünktlich zum Einlass an der Halle und konnte noch eben meine ersten obligatorischen Einkäufe tätigen. Das Ticket fürs Keep It True XVI im nächsten Jahr und die DVD vom Keep It True XIV vom letzten Jahr hatte ich schon einmal eingesackt. Und schon stand der diesjährige Opener in Form der Franco-Kanadier Cauchemar auf der Bühne. Die Halle war zu diesem Zeitpunkt zwar noch recht spärlich gefüllt und die Truppe um Frontfrau Annick Giroux (auch Autorin des Kochbuchs „Hellbent For Cooking“) konnte mit ihrem doomigen Sound leider nicht mehr als einen Höflichkeitsapplaus ernten. Vielleicht lag es aber auch am französischen Gesang.

 

KIT portrait LIVE 2012Nach einer kurzen Umbaupause ging es mit den Schweden Portrait weiter. Im letzten Jahr auf dem Bang Your Head konnte mich die Band leider nicht so richtig überzeugen, doch hier auf dem Keep It True gelten halt ganz andere Maßstäbe. Sänger Per Karlsson lieferte eine super Performance ab und hatte die Menge vor der Bühne von Anfang an fest im Griff. Die beiden Gitarristen Christian Lindell und Richard Lagergren, sowie die Rhythmussektion Persson/Olofsson feuerten Songs wie „Beasts Of Fire“ oder „Bloodbath“ in Richtung der zahlreichen Headbanger ab und sorgten erstmals für ordentliche Nackenschmerzen.

 

KIT witch cross LIVE 2012Als nächstes standen die Dänen Witch Cross auf dem Spielplan. Deren einziges aus dem Jahre 1984 stammendes Album „Fit For Fight“ fand ich damals zwar echt gut, habe es aber mit Sicherheit schon über zwanzig Jahre nicht mehr gehört. Umso mehr war ich auf den Gig der Band gespannt. Neben den drei Originalmitgliedern (Gitarrist Mike „Wlad“ Koch, Bassist Jan „Little John“ Fields, Drummer „AC“ Hjort) standen zur Komplettierung noch Gitarrist Torben Aalykke und Sänger Kevin Moore (Graham Olivers’ Saxon) mit auf der Bühne. Und was soll ich sagen, das Quintett rockte wie sau, das Publikum feierte die Songs ab und zeigte sich zudem mehr als textsicher, einfach unglaublich. Egal, ob „Fight The Fire“, „Rocking The Night Away“, „Face Of A Clown“ oder „Nightflight To Tokyo”, jeder Song wurde gleichermaßen bejubelt. Den Schlusspunkt setzte dann ein neuer Track mit dem Titel “Demon In The Mirror” und so wie es aussieht, arbeitet die Band an weiterem neuem Material. Coole Sache. Wie dem auch sei, einen solch starken Auftritt von Witch Cross hätte ich so nicht erwartet. Die erste faustdicke Überraschung war damit gelungen und stellte mit Sicherheit schon recht früh eines der Highlights des diesjährigen Festivals dar.

 

KIT adramelch LIVE 2012Weiter im Programm ging es dann mit den italienischen Progressive Metallern von Adramelch, die spielerisch einen perfekten Gig ablegten. Nur über die dargebotene Songauswahl konnte man sich im nach hinein nur wundern. Das Hauptaugenmerk legte die Band auf Tracks von ihrem Debüt „Irae Melanox“. Nur der Titeltrack des 2005er Albums „Broken History“ fand Einzug in die Setlist. Echt komisch, zudem war auch vom neuen Album „Lights From Obliveon“, das am heutigen Tag veröffentlicht wurde, kein Track vorhanden. O.K., bei den komplexen Songs von Adramelch und der recht kurzen Spielzeit kann man halt auch nicht alles spielen. Fakt ist aber, dass die Band ihrer Fangemeinde das geboten hat, was diese erwartete und Sänger Vittorio Ballerio zeigte zudem einmal mehr, dass er zumindest stimmlich zu den ganz Großen seiner Zunft gehört.

 

KIT oz LIVE 2012Auf die reformierten Oz war ich dann sehr gespannt, denn deren aktuelles Album „Burning Leather“ hat schon Einiges zu bieten. Mal sehen, ob das derzeitige Line-Up live auch so zündet. Hmm, ging so. Sänger Ape De Martini macht seine Sache echt gut und flitzte dabei über die Bühne wie ein kleiner Irrwisch. Nur die beiden Gitarristen Costello Hautamäki (nein, nicht der Skispringer) und Markku Petander gingen irgendwie gar nicht. Spielerisch ging die Sache der beiden zwar vollkommen in Ordnung, aber dieses Malmsteen-mäßige rumgepose war doch etwas fehl am Platz. Bei der Songauswahl hingegen gab es nichts zu meckern. Tracks wie „Gambler“, „Let Sleeping Dogs Lie“, „Turn The Cross Upside Down“ oder „Fire In The Brain“ wurden gleichermaßen abgefeiert und luden stets zum Headbangen ein. So sollte es auch sein.

 

KIT mystic force LIVE 2012Auf die Progressive/Power Metaller von Mystic Force waren echt eine Menge der Keep It True Besucher heiß, denn immerhin würden sie den ersten Europa-Gig der Combo aus Baltimore/Maryland miterleben können. Im Vorfeld gab es zwar heftige Spekulationen darüber, mit welchem Sänger die Band wohl anreisen würde. Mit Bobby Hicks, mit William Wren oder vielleicht sogar mit beiden. Letztendlich fiel die Wahl auf William Wren, der seinen Job zu 100% erledigte, ja auch bei den Songs der Hicks-Ära. Überhaupt strotzte die Band nur so vor Spielfreude, allen voran Bassist Keith Menser, der immer in Bewegung war, und das nicht nur mit den Fingern auf seinem Arbeitsgerät. Unglaublich der Typ. Somit war allemal garantiert, dass die Fans auf ihre Kosten kommen würden. Bei Songs wie „Take Command“, „Eternal Quest“, „A Step Beyond“ oder der Göttergabe „Shipwrecked With The Wicked“ geht es eigentlich auch nicht anders. Mit „Modern Day Fury“ stand zudem ein neuer Song in der Setlist und lässt damit hoffen, dass uns Mystic Force hoffentlich schon bald eine neue Veröffentlichung bescheren werden. Ich sag nur, Danke Jungs für diesen geilen Auftritt.

 

KIT slough feg LIVE 2012Als nächstes stand dann Slough Feg auf dem Plan, die mit ihrer durchaus melodischeren Ausrichtung zumindest einen Kontrast zu den vorherigeren Bands darstellten. Die Band um Gitarrist/Sänger Mike Scalzi spielte sich sicher durch ihren Set und erntete dementsprechend Beifall von den zahlreichen Leuten in der Halle. Songs wie „Death Machine“, „Free Market Barbarian“, „Ape Uprising“ oder das Joan Baez/Judas Priest Cover „Diamonds And Rust wurden gleichermaßen abgefeiert. Den einzigen Fauxpas lieferte sich der Bassist der Band, der in einem komplett weißen Anzug die Bühne enterte. Das Ganze wirkte irgendwie fehl am Platze. Aber egal, das was zählte, war letztendlich die Musik. Und die kam größtenteils bei den Fans auf dem Keep It True bestens an. Und sind wir doch mal ehrlich: Welcher True Metaller steht heimlich nicht auf Thin Lizzy-mäßige Twin-Gitarren?

 

KIT sword LIVE 2012Auf die wiedervereinigten Kanadischen Powermetaller Sword habe ich mich im Vorfeld des Festivals mit am Meisten gefreut. Deren Alben „Metalized“ und „Sweet Dreams“ gehören zu recht mit zu den besten Veröffentlichungen der 80er Jahre aus diesem Genre. Doch wie so oft bei einer voreiligen Reunion stellt sich die Frage, ob das alles noch so klingt wie früher. Bei Sword stellte sich letztendlich die Frage, ob Sänger Rick Hughes noch so gut bei Stimme ist wie damals. Und, was soll ich sagen? Der Typ ist der absolute Hammer, jeder Ton sitzt zu 100% und bescherte mir eine permanente Gänsehaut. Einfach Traumhaft. Zudem war das Quartett bestens aufeinander eingespielt und lies ein Highlight nach dem anderen auf das stets mitgehende und zudem textsichere Publikum los. „The Trouble Is“, „Prepare To Die“, „Sweet Dreams“ oder „Land Of The Brave“ um nur einige Songs zu nennen, sind Teil eines absolut genialen Sets, der einem noch lange in Erinnerung bleiben wird. Für mich waren Sword damit der eigentliche Headliner des ersten Festivaltages, für andere aber mit Sicherheit eine der Überraschungen überhaupt.

 

KIT psychotic waltz LIVE 2012Die Headlinerposition wurde allerdings durch die US-Amerikaner Psychotic Waltz besetzt, was sicherlich auch unterm Strich die richtige Wahl war, denn die Progressive Metal Formation hat nach wie vor einen sehr guten Ruf in der Fangemeinde. Die Band spielte sich souverän durch Songs ihrer kompletten Schaffensphase. Allerdings verließen auch schon etliche Zuschauer während des Gigs die Halle. Vielleicht lag es daran, dass am heutigen Tag die eine oder andere progressiv ausgelegte Band zuviel am Start war. Wie dem auch sei, Psychotic Waltz lieferten mit Songs wie z.B. „Sleeping Dogs“, „Mosquito“, „Into The Everflow“ oder „Mindsong“ einen über zweistündigen Progressiv Overkill ab, der mit Sicherheit einem Headliner gerecht wurde. Somit ging ein erster toller Festivaltag zu Ende und glücklich strömten die Metaller aus der Halle.



Autor: Holger Fey - Pics: Holger Fey