AVATARIUM, THE SLAYER KING

Essen, Turock, 16.09.2017

Die schwedischen Doom Metaller oder auch Hardrocker von Avatarium, female fronted von Jennie-Ann Smith, sind auf Promotour für ihren aktuellen Longplayer "Hurricanes And Halos" und laden heute in die Zeche ein. Ich liebe dieses Quintett seit ihrem 2013 erschienenen, selbstbetitelten Debüt und nun endlich kann ich sie mir livehaftig geben. Parallel spielen heute Metallica ihren zweiten Gig in Köln, wofür ich tatsächlich eine Karte gehabt hätte. Nachdem ich jedoch die Akkreditierung für den heutigen Abend erhalten hatte, war die Wahl klar, trotz der 120 Euronen, die ich da für die ehemalige Speedmetalcombo, nun Metalkommerzer, in den Wind schießen musste. Das Turock ist mäßig gefüllt und alle die, die es an einem Samstagabend nicht geregelt kriegen, sich auf die Socken zumachen, verpassen diesmal eine Menge. Doch noch ist Zeit, denn als Support fungieren heute The Slayer King. Die drei Griechen sind seit 2013 aktiv und ebenfalls im Doom beheimatet. Als Produzent fungiert hier übrigens Marcus Jidell, der Gitarrist von Avatarium.

The Slayer King - 2017 - liveUm 19:50 Uhr betreten The Slayer King die Bühne und überziehen die Zuschauer mit dunklen, schweren, düsteren Black Sabbath - Mustern, sprich sehr ursprünglichem Doom. Da darf die ganze Zeit langsam gewippt oder auf den Boden gestampft werden, während man sich Mühe gibt, die Protagonisten in den Nebelwänden zu erkennen. Efthimis K im Lodenmantel zockt den Vierseiter und shoutet böse und beißend in das Mikro, immer darauf bedacht, dass sein Schlapphaut ja nichts von seinem Antlitz preis gibt. Neben ihm der Gitarrist Kostas K, zwar ohne Kopfbedeckung, aber dennoch infolge des "low light" nicht wirklich erkennbar. Und der Drummer George K, mutmaßlich steht das Anhängsel "K" bei jedem Namen für King, bearbeitet derzeit sein Felle hinter einem Aquarium aus Plexiglas. Bei minimalen Aktionsradien des Trio dürfte bei jedem Banger vor der Bühne mehr Schwitzwasser austreten, als bei allen drei Akteuren zusammen. Mag ja sein, dass das stilistisch hinhaut, wirklich zum Mitmachen animiert dieses Gebaren und auch die bislang dargebotene Mucke nicht. Mehr als wohlwollender Applaus ist dafür einfach nicht angebracht. Erst die vorletzten Nummer "Where I Saw You Last Time Bleeding (Revelation)" weißt Züge von echtem Songwriting, einen durchgehend guten Groove und ein paar ausgefallenere Gesangsteile auf. Erstmalig versucht sich Efthimis mal in der Animation und ruft auf für "...some noise for Avatarium...". Der Rausschmeißer "Southern Gate Of The Sun" punktet mit einem mitgrölbarem Refrain namens "Fire" und dann ist Schluss.

Avatarium - 2017 - live - 1Beim Metal Hammer Paradise 2014 vernahm ich den Namen Avatarium das allererste Mal und obwohl ich den Gig selbst verpasste, überzeugte mich eine gute Freundin die Debütscheibe vor Ort zu erstehen und gleich signieren zu lassen. Zuhause gab ich mir dann "Avatarium", gegründet 2012 von Leif Eding, dem ehemaligen Songschreiber und Bassisten der Ur-Doomer Candlemass, und war nur noch geflasht. Erst danach näherte ich mich geschmacklich dem Genre, sprich dem mehr rockigen Doom oder auch dem rockigen Blues mit weiblicher Stimme und zog mir Blues Pills, Wucan, Jex Tooth, WolveSpirit & Co. rein. Blues Pills waren dann die ersten, die ich auf dem Rockharz im Folgejahr sah und irgendwie steht seitdem bei mir der Vergleich zu Avatarium, auch wenn sie stilistisch durchaus deutliche Differenzen zeigen. Nach dem heutigen Abend muss ich feststellen, dass Jennie-Ann merklich weniger rumhopst als Elin Larrson und sich viel mehr mittig auf die Bühne stellt, mehrmals auch zur Akustikklampfe greift und, das ist das Wesentliche, mindestens eine genauso gute Stimme mit auch deutlichen Soulanteilen hat. Sie ist attraktiv, passend mehr in Kleider gedresst und kommt super sympathisch rüber. Und ähnlich wie bei Blues Pills bleibt auch hier die Band vornehmlich im Hintergrund, bis auf Marcus Jidell, der ein um das andere Mal nach vorne jumpt, ein geiles Solo runter reißt oder im spielerischen Duell mit Jennie-Ann glänzt. Die Setlist ist eine verdammt gute Mixture aus den drei Alben und legt mit dem neuen "Into The Fire / Into The Storm" klasse los. Mit "Pearls And Coffins" schließt umgehend mein Lieblingstrack vom zweiten Album "The Girl With The Raven Mask" an. Als sechste Nummer folgt "In My Time Of Dying", ein Cover von Led Zeppelin, unplugged gespielt und mit zunächst Verbindungsproblemen an der Akustikklampfe von Marcus. Die blonde Sängerin überspielt das gekonnt mit zahlreichen Danksagungen und man merkt ihr die Freude über diesen bislang absolut gelungenen Auftritt richtig an. Jeder Song wird mit langem Applaus und viel "hehehee" und "hohoho" abgefeiert und zwischenzeitlich wippt man sich fast wund. Led Zeppelin hätten ihre wahre Freunde an dieser Darbietung gehabt und hier zeigt Jennie-Ann im tollen Soul, was sie wirklich drauf hat. Mit Drums im Intro geht es mit "Medusa Child" weiter und zu "The Girl With The Raven Mask" erscheint sie im adretten "Schwarzen" und hält stilecht ein altes Radio an die Ohren. Nach dem schleppenden und mit einer Hammond gespickten Übergroover zupft sie bei "Deep Well" wieder auf der Akustikgitarre. Mit Jubelschreien verfolgt, schließen dann "The Sky At The Bottom Of The Sea" und "Moonhorse" an. Als Zugaben gibt es "When Breath Turns To Air" und natürlich "Avatarium" mit einer die Fans im wallenden Kostüm dirigierenden Frontfrau, die mich heuer nicht nur überzeugte, sondern mit glänzenden Augen zurück ließ. Ich habe dieses Jahr zig Konzerte und Festivals miterlebt. Ganz selten, versprühte eine Band dieses Flair, was die fünf Schweden heute bringen.



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey