ROCK IN DEN RUINEN 2012

Dortmund, Phoenix West, 28.04.2012

Da hat der liebe Herrgott gerufen, ein weiteres mal, um die Ruinen zu rocken und wir sind gekommen. Ich bin mir nicht sicher, ob es so zahlreich war, wie der Veranstalter angab (10.000 Fans), aber voll war es trotzdem. Zum zweiten Mal auf dem Industriegelände Phoenix West, da es in Syburg bekanntlich zu eng wurde. Das Wetter war angenehm, die Laune hervorragend, Essen, Trinken und lustige Veranstaltungen wie die Luftgitarrenfotos von Suzuki ein Erfolg. Ärger gab es wieder nur über das Geröll auf dem Gelände, das für manche Fast-Verstauchung sorgte. Zudem weiß ich persönlich immer noch nicht, warum bei einem Spottpreis von nur 12 Euro im Vorverkauf, bei einem solchen Billing, das Venue vor Zuschauer nicht explodiert. Wie dem auch sei.

 

RIDR the klit korea LIVE 2012Als wir aufschlugen hatten die Opener Angry White Elephant ihre Zelte bereits abgebrochen und The Klit Korea schmetterten soeben ihren zweiten Song. Für mich persönlich ein wunderschöner Einstieg zu einem erfolgreichen Tag. Eine unbekannte Band mit cooler Show! Da hätte Saftnase Philip Boa, der nur noch den Hauch von „cool“ besitzt, sich Mal eine Scheibe abschneiden können. Hat er aber gar nicht mehr nötig. Dafür gibt es ja Opening-Acts, oder? Und The Klit Korea sind mit ihrer punkig-rockenden Show eine Solche. Ihre Lieder waren mir nicht bekannt, aber dafür haben manche der Musiker eine bewegte Karriere hinter sich. Duke war bei Liar und Stier, Andy Million bei den Rostok Vampires und Chris Van Helsing bei Boa & The Voodoclub. Man gab Vollgas und bot treibende Action, teilweise aber routiniert. Ihr Shouter war hervorragend bei Stimme und optisch das Aushängeschild. Einfach nur sympathisch. (Steve Burdelak).

 

RIDR kopek LIVE 2012Kopek, drei Iren von der schönen, grünen Insel, kamen mit ordentlich Vorschusslorbeeren auf die Bühne. Im Moment „das“ Pferd im Stall von Century Media. Das schien meine Freundin und fast das gesamte Publikum ebenso zu sehen. Nur mir ging der kleine, leicht aggressive Gesangs-Giftzwerg auf die Möhre. Immer am Limit seiner Stimme, schrie er die Songs von Anfang bis Ende in die sonnige Runde. Da kam es kaum zu gesanglichen Akzenten. Alles tonal auf einer Ebene. Und musikalisch wirkte das Ganze wie U2 auf Metal für mich. Die Jungs aus Dublin haben in den USA und in ihrer Heimat sogar Charterfolge. Irre, wie Geschmack anders sein kann. Zumindest actionmäßig ließ das Trio sich nicht lumpen. Besonders ihr Basser neigte zum Ausrasten. Vom aktuellen Album „White Collar Lies“ duften wir die Singles „Love Is Dead“ und „Cocaine Chest Pains“ hören, wobei mir noch die Gitarrensoli des Sängers den Rest gaben. Auch hier jammte man sich auf denselben beiden Tönen tot. Zudem habe ich die ewigen Widmungen des Fronters, in Richtung Himmel nicht verstanden. Aber wie diese Jungs beim Global Battle Of Bands den Titel „Best Live Act“ ergatterten, will mir nicht einleuchten. Wie kacke muss da die Konkurrenz gewesen sein? Einfach nicht meine Band! (Steve Burdelak).

 

RIDR sister sin LIVE 2012Sister Sin aus Schweden, deren Release für das neue Album bis auf weiteres verschoben wurde, sorgte für heitere Gemüter. Frontfrau Liv gab den ersten Schrei, reckte die Faust gen Himmel und „Zack“, rutschte das Minikleid bis an den Bauchnabel und es gab Schlüpperalarm. Kaum eine Kamera stand jetzt still, aber zu den Nahaufnahmen meiner Kollegen im Fotograben möchte ich mich an dieser Stelle nicht auslassen. Die männliche Schar, die bis jetzt noch schnarchte, kam in Fahrt und manch weiblicher Gast rümpfte die Nase. Doch das interessierte die hardrockende Band, allen voran Liv persönlich, recht wenig und legten alles in Schutt und Asche. Ihre Show, schweißtreibend und Energie kostend und ihre Mucke (oldschool Hard Rock und Metal) waren 1A. Fast schon Co-Headliner würdig. Wäre Metal früher anders gewesen, hätte ich mir ein anderes Genre ausgesucht. Kontakt zum Fan wird mit dieser Formation zur Chefsache. United standen die Fans in Reih und Glied und schmetterten so manchen Song mit. So muss das sein. Sister Sin waren ein großer Gewinn für das Festival. Nach dem Auftritt hatten Liv & Co neben der Bühne mit einem freiwilligen Meet & Greet, ihren zweiten Auftritt. Alles ganz easy und höflich seitens der männlichen Fans, ohne Sabberattacken und nötiger Security. Metaller können schon cool sein. (Steve Burdelak).

 

RIDR peter pan speedrock LIVE 2012Unsere niederländischen Freunde Peter Pan Speedrock, kannte ich bisher nur von ihrer Konserve „We Want Blood!“. Das Trio servierte von den ersten Sekunden an seinen extrem powergeladenen Speedrock. Da wurden für Viele Erinnerungen wach an Motörhead, Turbonegro oder gar Zeke. Eine grandiose Liveband mit erheblichem Sympathiefaktor. Da köchelte der alte Hochofen im Hintergrund gleich noch Mal über. Die Band hatte etliche eigene Fans im Publikum, was sich durch das aktive Gerangel (im positiven Sinne) bemerkbar machte. Aber selbst wer nicht mit dem Programm der Holländer vertraut war, ließ sich schnell anstecken und mitreißen. Eine Rock `n` Roll Liveshow in ihrer reinsten Form. Gewaltig! (Steve Burdelak).

 

RIDR the idiots LIVE 2012Es ist Nachmittag. Ich bin voll aufgepeitscht und die Kult-Punks, The Idiots, sollen auf die Bretter steigen. Wie soll ich das genießen und beurteilen, wo doch Holger Bals, der ehemalige, vor kurzem geschasste Klampfer und einer meiner Freunde, neben mir steht und die Band bereits ohne gespielten Ton in ihre Einzelteile zerlegt, haha. Sorry Holger, aber ich schreibe für unsere Leser und The Idiots waren einfach geil. Ur-Mitglied und Frontsau, Sir Hannes Smith, später auch Kopf von Phantoms Of Future und Honigdieb, gab sein Äußerstes und servierte uns ein facettenreiches Stageacting inklusive sarkastischem Gemecker in Form von Lyrics, die seine Songs beleben. Die Beleidigungen gegen Angela Merkel mal außer Acht gelassen, hat der zerstörende Barde, nichts von seiner Bissigkeit verloren. Dieses Konzert basierte ganz auf dem Motto: Zurück zu den Wurzeln. Eine kräftige Begleitband, gut eingespielt, unterstützte den hier beheimateten Hero mit voller Leistung und sichtlich Spaß inne Backen. Das zeigte schon der erste Song, indem man mit Schweinsmasken die Bretter betrat. Nach zwanzig Jahren Sendepause eine gelungene Reunion mit bekannten Songs wie „Tage Ohne Alkohol“ und „Samstag Nacht“. Und ja Holger, sicherlich hätte ich mehr Spaß gehabt, Dich auf den Brettern zu sehen und hätte schon alleine mehr Fotos von deinem schönen Anlitz gemacht. So war es aber auch gut. The Idiots…Welcome back! (Steve Burdelak).

 

RIDR killing joke LIVE 2012Nach dem guten Auftritt von The Idiots war ich nun um so gespannter, Killing Joke nach langer Zeit mal wieder live zu sehen. Damals waren die Konzerte immer ein Highlight, da schon die Ausstrahlung von Jaz Coleman und die Zelebrierung der Songs auf der Bühne ihren ganz eigenen Reiz hatten. Jaz Coleman betrat bei reichlich Sonnenschein im schwarzen Overall die Bühne und es war vom ersten Moment an klar, die Atmosphäre funktioniert nur in dunklen Hallen mit passender Beleuchtung wirklich gut. Aber Killing Joke machten das Beste aus dem grellen Sonnenlicht und gaben eine tolle Präsentation ihrer über 30-jährigen Schaffensphase ab. Los ging es mit „Requiem“ gefolgt von „European Super State“ über „Rapture“, „Asteroid“ bis zum letzten Song des Tages „Pandemonium“. Jaz zeigte eine unglaubliche Bühnenpräsenz und versuchte mit seiner Mimik und seinen beschwörenden Gesten sowie der Intensität seines Gesanges auch noch die letzten Reihen vor der Bühne in seinen Bann zu ziehen. Bis zur Mitte des Geländes hatte er es eh schon geschafft. Zwischenzeitlich konnte man ihm sogar den Spaß am Auftritt ansehen, da des Öfteren ein Lächeln im Gesicht zu sehen war. Gitarrist Kevin Walker, Martin Glover am Bass und Drummer Paul Ferguson zeigten ebenfalls, dass sie ein eingespieltes Team sind und bildeten den instrumentellen Rahmen für einen gelungenen Auftritt. Einzig die Setlist hätte den einen oder anderen alten Hit mehr enthalten dürfen, aber schließlich promotete man ja mit diesem Auftritt auch das vor ein paar Wochen erschienene neue Album „MMXII“. Die Fans, die zahlreich vor der Bühne standen, kamen auf jeden Fall auf ihre Kosten. (Susanne Soer).

 

RIDR boa LIVE 2012Nach den Urgesteinen des Gothic folgte nun das nächste Highlight, das Enfant Terrible des Indierock, Phillip Boa & The Voodooclub, die ebenfalls auf eine lange Schaffensphase zurückgreifen können. So kam der gebürtige Dortmunder zu einem seiner wenigen Heimspiele mit seinem Voodooclub und Sängerin Pia auf die Bühne und präsentierte seinen Mix aus Rock, Indie, Pop und Avantgarde. Natürlich machte er, seinem schlechten Ruf gerecht werdend, im Vorfeld nicht nur die Veranstalter fast wahnsinnig, als er damit drohte, nicht aufzutreten, wenn die Banner eines der Hauptsponsoren des Festivals, Easy Jet, nicht von den Bühnenseiten entfernt würden, sondern leistete sich auch danach auf der Bühne ein äußerst schlechtes Benehmen gegenüber einer Kamerafrau, die ihm wohl eindeutig im Weg war, obwohl sie schon am äußersten Bühnenrand platziert worden war. Die vorherigen Bands hatten damit keine Probleme, schließlich war die Bühne ja auch groß genug, aber durch diese Aktion bekam der Auftritt von Herrn Boa einen faden Beigeschmack. Solch ein menschliches Fehlverhalten braucht niemand und schon gar nicht bei einem solchen Festival, wo auch reichlich Familien mit Jugendlichen vor Ort waren. Hoffen wir für Herrn Boa, dass er sich anschließend wenigstens bei der Dame entschuldigt hat. Musikalisch gab es kaum was auszusetzen und ein Großteil des Publikums feierte Songs wie „This Is Michael“, „Albert Is A Headbanger“, „So What“ oder „And Then She Kissed Her“. So richtig in Stimmung geriet die Menge vor der mittlerweile toll beleuchteten Kulisse der Hochöfen allerdings bei „Kill Your Ideals“ und natürlich „Container Love“, was wirklich fast jeder vor Ort textsicher mitsingen konnte. So war das Publikum auf jeden Fall in bester Stimmung für den noch kommenden Headliner des Abends. (Susanne Soer).

 

RIDR saxon LIVE 2012Zum Abschluss eines gelungenen Festivals und tollen Tages kam nun das dritte Urgestein, Saxon, auf die Bühne. Leider hatten sich die Reihen vor der Bühne ein wenig gelichtet, da die Schwarzkittel zum Teil nach Boa die Location verlassen hatten, aber das tat der Stimmung keinerlei Abbruch. Saxon griffen mit „Hammer Of The Gods“ und „Heavy Metal Thunder“ gleich in die Vollen und das Publikum tobte. Das sollte auch die nächsten 1 ½ Stunden so weiter gehen, egal ob „Motorcycle Man“, „Requiem (We Will Remember)“, „Denim And Leather“ oder „Crusader“, alle Songs wurden lautstark mitgesungen und abgefeiert. Nach all den Jahren im Musikgeschäft zeigten Saxon mal wieder, dass sie immer noch ein würdiger Headliner sind, der die Menge begeistern kann. Die alten Männer können`s halt noch. So wurden auch die klassischen Singspielchen begeistert vom Publikum aufgenommen und mitgemacht. Auch überraschte Biff Byford die Fans, als er seinen Mantel ablegte um eine auf die Bühne geworfene Fankutte anzuziehen. Es folgten noch Songs wie „747 (Strangers In The Night)“ oder „Strong Arm Of The Law“, ein Klassiker jagte den anderen und so war klar, dass nach der regulären Spielzeit die Rufe nach Zugabe nicht verklingen wollten. So folgte dann noch „Wheels Of Steel“ und „Princess Of The Night“. Saxon sind und bleiben einfach eine der besten Live-Bands die wissen, wie man ein Publikum in seinen Bann zieht und für riesige Stimmung sorgt. Somit nahm dann dieses rundum gute Festival sein Ende und wir freuen uns schon auf nächstes Jahr, wenn Rock In Den Ruinen in die nächste Runde geht. (Susanne Soer).



Autor: Steve Burdelak, Susanne Soer - Pics: Steve Burdelak, Susanne Soer