LAST IN LINE, TOSELAND, WILD LIES

Essen, Turock, 02.08.2017

Die Gruppe The Last In Line hat ihren Namen von dem zweiten Album der legendären Hardrock Band DIO und entstand 2012 aus Mitgliedern der damaligen DIO - Formation. Heute sind noch Vivian Campbell an der Gitarre (Def Leppard, Thin Lizzy, Whitesnake) und Vinnie Appice am Schlagzeug (Black Sabbath, Rainbow) dabei. Nach dem Ausstieg des Keyboarders Claude Schnell im Jahr 2015 und dem Tod von Jimmy Bain am 24. Januar 2016 gesellten sich Phil Soussan am Bass (Ozzy Osbourne) und Erik Norlander (Lana Lane) dazu. Den Gesang übernahm von Anfang an Andrew Freeman, den man von The Offspring oder auch von Lynch Mob kennt. Das Debüt "Heavy Crown" erschien 2016 und beinhaltet ausschließlich bandeigene Nummern. Nach einer kurzen Stippvisite im letzten Jahr kommen die Heroen auch in 2017 für zwei Gigs nach Deutschland. Gestern gab es das erste Wiedersehen in Aschaffenburg und heute ist das leider nur mäßig gefüllte Turock In Essen an der Reihe. Mit im Gepäck haben Last In Line die jungen Briten von Wild Lies und mit James Toseland noch eine weitere Band aus United Kingdom.

Wild Lies - text - live 2017Um Punkt 20:00 erklingt vom Band die AC/DC - Nummer "It`s A Long Way To The Top" und die fünf Londoner von Wild Lies eröffnen ihr Set mit "Save Your Breath" vom kommenden Debüt "Prison Of Sins". Die Scheibe soll Anfang September und damit in gut vier Wochen auf den Markt. Um den aktiven, ziemlich jungen und blondhaarigen Shouter tummelt sich eine recht spritzige Gruppe, die ihr Verständnis vom Heavy Rock mit allerdings ursprünglichen Wurzeln bei zum Beispiel Led Zeppelin oder auch Aerosmith mit teils proggigen aber auch im Nu Metal verbreitetet Anteilen abliefert. Der fünfte Song der heutigen Setlist heißt "Mason" und kommt hymnischer, mit allerdings durchaus auch derberen Drums und dazu verfuzzten Gitarren daher. Zuvor bittet der Sänger, der mit dem Mikro wie zum Beispiel Joey Tempest von Europe umspringt, sprich er hat sich von den Großen eindeutig was abgeschaut, die Anwesenden etwas nach vorne, um mit ihnen ordentlich abzurocken. "Can`t Carry On" gibt einen kräftigen Groover mit ordentlichen Riffern ab und schließt um knapp 20:30 Uhr die Setlist.

Toseland - text - live 2017Zwanzig Minuten später sind die Briten Toseland um Sänger und auch Teilzeitpianist James Toseland an der Reihe. Selbiger, geboren am 5. Oktober 1980 in Sheffield, begann seine Karriere als Motoradrennfahrer und fuhr unter anderem für Ducati und für Honda in der Superbike-Weltmeisterschaft. Nach einem Unfall im März 2011, wobei er sich das rechte Handgelenk brach, beendete er noch im September des gleichen Jahres seine Karriere und gründete als begeisterter Pianist seine eigene Band Toseland. Diese debütierten 2014 mit "Renegade" und im April 2016 legten sie mit "Cradle The Rage" den Nachfolger vor. Mit dem flotten "Living In The Moment" vom letzten Longplayer eröffnen Toseland heute ihre Show und spielen dabei einen klassischen Heavy Rock mit coolen Rhythm- und Blues-Anleihen. Nach dem gut rockenden "Cradle The Rage" geht es dann mit "Life Is Beautiful" eine Scheibe zurück. Der quirlige Song steht wohl stellvertretend für die Frische und Unbekümmertheit der Band, die sich dann auch zügig auf das Essener Publikum überträgt. James agiert übrigens im adretten Anzug, was aber seinen das Publikum vereinnahmenden Aktionen nicht schadet. Nach "Nothing You Can Do" schließt dann das etwas kitschig-poppige "We`ll Stop At Nothing" mit natürlich gut mitsingbaren Chorus, begleitet von Keyboardtasten des Meisters an. Vor dem achten Titel folgt der Dank an das Publikums und rockig und riffig geht es mit dem umjubelten "Hearts & Bones" weiter und auch der Rausschmeißer "Living A Lie" ist guter Hardrock der alten Schiene und ebenso für die Biker unter den Fans geschrieben. An der Gitarre tobt sich übrigens ganz prächtig ein Herr Zurab Melua aus. Er ist der Bruder von James` Ehefrau Katie Melua.

Last in Line - text - live 2017Die Setlist des Headliners Last In Line kann am Merch inklusive Unterschriften erworben werden und verspricht, gespickt mit fünfzehn Nummern, einen grandiosen Abend. Los geht es, na wie soll es auch anders sein, mit "Stand Up And Shout". Der Song war damals schon der perfekten Opener eines jeden Gigs mit DIO. Nach "Straight Through The Heart" folgt dann mit "Devil In Me" erstmalig eine bandeigene Nummer. Würde man nicht jeden DIO-Song in- und auswendig kennen, so würde das Lied in der Setlist gar nicht auffallen, so ähnlich klingt er in seinem Arrangement wie die alten Perlen. Andrew Freeman versucht gar nicht erst Ronnie James Dio zu kopieren. Er klingt anders, mit bluesigerer Kehle und gibt so den Klassikern eine neue Note / Akzentuierung. Es folgt das dunklere "Evil Eyes" und mit "Holy Diver" der Titeltrack vom ersten Album. Auch "Already Dead" stammt von "Heavy Crown" genauso wie das später nachgelegte "Marty", welches auf "Last In Line" folgt. Dazwischen übrigens ein gutes Drumsolo von Vinnie Appice. "Rainbow In The Dark" beendet den ersten Teil des Sets und unter lautem Jubel verlässt der Fünfer erstmalig die Bühne. Phil Soussan kündigt dann mit "Starmaker" die wohl stärkste Nummer von "Heavy Crown" an und widmet selbige dem verstorbenen Jimmy Bain. Das monumentale "Egypt (The Chains Are On)" und als knackiger Rausschmeißer "We Rock" beenden ein fantastisches Konzert, bei dem man kaum Zeit hatte an Ronnie James Dio zu denken, so die durchweg sehr agilen Akteure, mit Ausnahme vielleicht von Keyboarder Erik Norlander, bei der gebotenen Power dem Fan einfach keine Zeit und Muße dazu ließen. Dennoch, sein Geist schwebt über Allem und Last In Line lassen ihn für kurze Zeit wieder auferstehen. Diese Darbietung erscheint mir um Lichtjahre sinnvoller als irgendwelche Spielereien, ja Hokuspokus mit einem als Hologram wieder erweckten Ronnie James Dio.



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey