SAINT VITUS, TOMBSTONES

Oberhausen, Helvete, 02.05.2017

Immer wieder ist es ein absolutes Vergnügen, ausgewiesene Kultbands in kleineren Locations live begutachten zu können. Die direkte Kommunikation und das ganz besondere Feeling, bei welchem Band und Publikum zu einer Einheit verschmelzen, ist in den großen Hallen und Stadien leider oft nicht möglich. Keine Geringeren als die amerikanische Doom-Institution Saint Vitus hat sich nun für einige Clubdates in unseren Breitengraden angekündigt. Längst über den Status eines Geheimtipps hinausgewachsen, wuchs die Anhängerschaft des Szene Aushängeschildes in den letzten Jahren stetig an.

Dies wurde mir erneut bewusst, als ich den sehr gut gefüllten Saal des Helvete Clubs, bedingt durch eine Autobahnsperrung, verspätet betrat. Dadurch blieb mir der Auftritt des norwegischen Support Acts Tombstones in weiten Teilen verwehrt. Basierend auf die Darbietung der letzten beiden Songs kann ich lediglich sagen, dass bei mir das scheppernde Stoner-/Slugde-Gewaber nicht gerade überschwengliche Euphorie ausgelöst hat. Treffsichere Melodien und auch Gesang mit Wiedererkennungswert gehen den Jungs leider völlig ab. Dennoch hat ihr Einsatz zumindest für einen Höflichkeitsapplaus seitens der Zuhörerschaft ausgereicht. 

saint vitusIn der Umbaupause genügte ein Blick in Richtung Merchandise Stand aus, um zu wissen, wegen welcher Band sich der Großteil der Anwesenden an diesem Dienstagabend auf den Weg gemacht hat. Die Utensilien des Hauptacts fanden reißenden Absatz, während sich an dem Stand der Vorband eher selten mal jemand verlief. Dann war es soweit und Saint Vitus betraten die Bühne. Mit astreinem Zeitlupen-Melodien in Form von „Dark World" und „One Mind" (beide vom Klassiker-Album „Die Healing") wurde der Gig spektakulär eingeläutet. Ein klarer Sound und eine Band, die offensichtlich richtig Bock auf diesen Auftritt hatte, zogen die Fans unverzüglich in ihren Bann. Erstmals etwas flotter ging es mit „War Is Our Destiny" weiter, bevor man sich mit „White Magic/Black Magic" und „Zombie Hunger" dem mittlerweile dreiunddreißig Jahre altem Debüt-Album zuwendete. Es war ein wahrer Genuss, diese vier Musiker (die allesamt einen cleanen Eindruck machten) so fokussiert auf der Bühne stehen zu sehen. Angetrieben von einer Rhytmusabteilung mit einem stetig headbangenden Bassisten und einem Schlagzeuger mit ordentlichem Wums, entlockte auch Gründungsmitglied und Urgestein Dave Chandler seiner Gitarre wieder völlig krankhaft schöne Melodien und Riffs.

saint vitusAuch Sänger Scott Reagers ist über jeden Zweifel erhaben. Kaum ein anderer versteht es besser, so viel Dramatik, Leid und Gefühl mit seiner (zugegebenermaßen recht eigenwilligen) Stimme rüberzubringen. Dies wird besonders deutlich beim nachfolgendem Track Sloth" welcher bei mir kurzerhand große Emotionen auslöste. Hier wird Schmerz, Verzweiflung und Elend zielsicher in Musik ausgedrückt. Egal ob bei solchen ultra langsamen Songs oder den richtig flotten Nummern wie White Stallions" - der Frontmann konnte die Masse vor der Bühne stets komplett mitreißen und die Stimmung (und auch die Temperatur im Raum) näherte sich dem Siedepunkt. Mit den Klassikern Saint Vitus" und Born Too Late" wurde dieser denkwürdige Gig dann leider viel zu früh ohne weitere Zugabe bereits nach einer guten Stunde beendet. Dies war dann auch der einzige Negativpunkt einer ansonsten tadelosen Vorstellung.

Als ich dann beim Verlassen der Halle jemanden sagen hörte: "Schade, das Orginalsänger Wino" nicht gesungen hat, aber der Neue ist auch richtig klasse", da lag es mir auf der Zunge: Du Pflaume hast gerade den zurückgekehrten Orginalsänger von Saint Vitus erleben dürfen!" Aber selbst das konnte mir den gelungenen Abend nicht mehr verderben.



Autor: Dirk Determann - Pics: Dirk Determann

SAINT VITUS, TOMBSTONES

Oberhausen, Helvete, 02.05.2017

Dies ist für den Verfasser dieser Zeilen ein besonderes Review. Einerseits wegen der sehr interessanten Besetzung einer seiner Favoriten und heutigem Headliner Saint Vitus. Andererseits auch deswegen, weil es sein letztes Review für CROSSFIRE ist. Es warten andere und neue Aufgaben in der Welt des Metals auf mich und wer mich etwas näher von vergangenen Konzerten kennt, weiß auch über die Hintergründe. Wenn ich mich auch eingangs dieses Reviews verabschiede, soll hier aber das Konzert im Vordergrund stehen, für das dieser Artikel von euch ja auch aufgerufen wurde.

tombstones

Helvete, Oberhausen. Das ist seit langem die Adresse für geile Konzerte. So einige coole Bands haben wir auf der kleinen Kellerbühne schon abgefeiert, doch diesmal sind Saint Vitus dran, die einen coolen Support dabei haben. Tombstones aus Oslo sind mit den Amis auf Tour und haben fünf Alben raus. Ihr Doom brät sich tief ins Gehirn und bringt etwas gestonerten Wüstenstaub mit. Die beiden Frontäxte des Trios, Gibson SG und Rickenbacker, wechseln sich mit ähnlich klingenden Schreivocals ab und bewegen sich zum Groove adäquat. Doch ihr  Drummer ist der Agilste, hat sogar noch im langsamsten Beat etwas zu wirbeln. Starke Aussage auch von Basser Ole Christian. Der hat etwas Deutsch schon drauf und fragt in das noch vorhandene Loch vor der Bühne "Hammerklang, he?" Recht hat er, alles brummt schön tief ohne Kratzen und Dröhnen. Schon nach drei Tracks wird leider der letzte Song angesagt. Das war zwar erst der Vierte im Set, ging aber auch zehn Minuten, da relativiert sich das.

saint vitus

Bis dann endlich der Headliner auf die Bühne kommt, was tatsächlich fast eine Stunde dauert, bekommt man in der Menge einige Gespräche mit. Man nimmt es positiv auf, dass Saint Vitus ihren großen Backkatalog an Tonträgern am Merch anbietet (übrigens mit dem Hinweis 'trade for weed'), aber auch das Hirngespinst, man müsse doch mal Dave Chandler und Death Metal Master Mainman Paul Speckmann für ne Platte zusammenbringen. Als man für den Drumposten noch Neudi von Manilla Road abspenstig machen möchte, hab ich mich besser nochmal zum Ausschank begeben. Zuletzt haben wir Saint Vitus in Hamburg gesehen, als sie passender Weise mit den Stoner Urmonstern von Orange Goblin auftraten. Damals übernahm Gitarrist Dave Chandler die Vocals, weil Shouter Wino am Zoll hängenblieb und die Tour nicht fortsetzen konnte. Nun ja, jetzt ist ihr erster Sänger wieder am Start, Scott Reagers. Dann urdoomts los, Saint Vitus sind einfach die Macht. Nebenbei bemerkt trägt Shouter Scott Reagers ein Shirt von The Skull und hat wieder lange Haare. Um zu umreißen, auf welche Songs man sich heute konzentriert, sei erwähnt, dass der Mann auf den ersten Scheiben und dem 1995er Werk "Die Healing" zu hören ist. Das kalifornische Quartett lässt es zu überraschend viel Licht mit dem opening Doppel "Dark World" und "One Mind" dieses Albums auch hier in Oberhausen loskrachen. Der ganze Keller bebt und die Menge ist ergriffen, dass schon nach zwei Songs die ersten Saint Vitus-Chöre zu hören sind. Gitarrist Dave bringt seine kranken, fragilen Soli, übernimmt einen Teil der Ansagen und hat die Audienz voll im Griff. Nur eine Aufforderung "Clap Your Hands!" genügt, die Arme der Fans bis weit hinten hoch zu kriegen. Scott Reagers Rufe werden angestimmt, doch nach "Sloth" und "Saint Vitus " werden es wieder 'Saint Vitus' Rufe. Der Finalsong "Born Too Late" wird ausgewalzt, Dave spielt mit den Zähnen und begibt sich ins Publikum.

Ja gut, das waren jetzt bloß siebzig Minuten und die meisten Anwesenden in der vollen Hütte hätten noch gerne weiter feiern können, was sie auch mit der Band tut, sich für Fotos und Shakehands noch lange unter die Fans mischen. Dank noch in Richtung Helvete, dass alles geklappt hat! Zum Schluss bedanke ich mich für die letzten sechs Jahre bei allen Lesern, Eure positiven Feedbacks waren immer der Motor. Bis demnächst, wir sehen uns vor der Bühne!



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer