DEVIN TOWNSEND, BETWEEN THE BURIED AND ME, LEPROUS

Dortmund, FZW, 08.03.2017

Ich bin ja nicht wirklich oft so richtig angepisst, aber wenn ich für die Fahrt nach Dortmund geschlagene drei Stunden brauche, vergeht selbst mir die Lust auf Rock ‘n‘ Roll. Und nicht etwa von Hamburg oder München, nein nur aus dem knapp 110 Kilometer entfernten Köln. Müssen diese Fußballclowns ausgerechnet mitten in der Woche ein Heimspiel machen, wenn ich zu Devin Townsend will? Spielt doch morgens oder am Wochenende, oder lasst es ganz. Um das wieder auszubügeln, braucht es eine ordentliche Portion Happy Metal, die mir heute aber so richtig erst mit dem Headliner verabreicht wird.

leprousPünktlich um 20:00 Uhr erscheinen die Norweger von Leprous auf der Bühne. Allerdings kann man die Musiker nur erahnen, da sie weitgehend auf Bühnenbeleuchtung verzichten. Und wenn dann mal ein Lämpchen leuchtet, dominiert die Farbe Rot. Nun, musikalisch trägt die Band wenig dazu bei, meine miese Laune aufzubessern. Der spacig sphärische Prog Rock ist nun mal gar nicht meine Welt. Zu viele Keyboards, der Gesang eher nervig und überhaupt, wann kommt Devin? Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass es mein persönliches Empfinden ist. Eine Menge Leute im Publikum finden jedoch Gefallen daran, und der aufbrausende Applaus ist nicht nur aus reiner Gefälligkeit.

Setlist: Foe, Third Law, The Price, The Flood, Rewind, Slave

between the buried and meDie nächsten in der Reihe sind Between The Buried And Me, die von den bereits aufgebauten Drum Sets aller drei Bands profitieren. Selten habe ich einen so schnellen Umbau erlebt. Zu allem Überfluss scheint auch der Lichtmann endlich seine Regler gefunden zu haben und man erkennt, was sich gerade auf der Bühne abspielt. Mir war die Band bis eben völlig unbekannt, aber ich muss sagen, diese Mischung aus Frank Zappa meets Sepultura hat was. Jedenfalls bessert sich meine Laune zusehends. Routiniert zockt die Band ihren Set runter, kann aber das Publikum nicht so wirklich mitreißen. Vielleicht ist der Anteil an Metalcore dem einen oder anderen zu hoch, mir gefällt diese Mischung recht gut.

Setlist: Fossil Genera – A Feed from Cloud Mountain, The Coma Machine, Lay Your Ghosts To Rest, Bloom, Option Oblivion, Life In Velvet.

 

devin townsendDie nun folgende Umbaupause scheint unter dem Motto zurück in die Zukunft zu stehen, wie sonst erklärt sich die Beschallung mit Bee Gees, Whitney Houston und anderen Größen dieser Zeit. Das kann doch eigentlich nur der Chef selbst angeordnet haben, denke ich, und sehe ausgelassen tanzendes Publikum um mich herum. Es ist kurz nach 22:00 Uhr, als die Eruption namens Devin Townsend ihren Lauf nimmt. Unglaublich diese Ausstrahlung, der Meister der Grimassen, Held der blöden, aber tiefgründigen Kalauer zieht das gesamte FZW in seinen Bann. Jungs und Mädels, die eben noch lethargisch um mich herumschwankten, haben urplötzlich ein Grinsen über alle vier Backen und wirken merkwürdig bedröhnt voller Glückseligkeit. Und Heavy Devy kennt keine Atempausen, seines und das virtuose Spiel seiner Mitmusiker sind wieder allererster Güte. Dazwischen haut er einen Spruch nach dem anderen raus, immer in Interaktion mit dem Publikum. Das ist ganz großes Kino! Das absolute i-Tüpfelchen wäre natürlich gewesen, wenn seine Lieblingsgastsängerin Anneke Van Giersbergen heute Abend mit auf der Bühne stehen würde. So kommen leider nur Einspielungen vom Band. Gut, man kann nicht alles haben, es mindert den Genuss dieses wahnsinnigen Entertainers aus Kanada in keinster Weise. Klasse auch die Fans, die mit den Stoffpüppchen in der Front Row die Show unterstützen. Und Devin weiß das zu würdigen, wie schon gesagt, eine Interaktion mit dem Publikum die ihresgleichen sucht. So vergehen anderthalb Stunden wie im Fluge. Köstlich auch seine Ansage in Bezug auf die Zugabe, wo er erklärt, dass sie nur ganz kurz hinter dem Vorhang verschwinden und zurück sind, bevor die ersten den Saal verlassen. Einfach sympathisch dieser Saitenhexer, immer wieder ein Erlebnis. Und ihr ahnt es sicher schon, meine Laune ist wieder im absolut grünen Bereich.

Setlist: Rejoice, Night, Stormbending, Failure, Where We Belong, Hyperdrive, Planet Of The Apes, Ziltoid Goes Home, Suicide, Supercrush, March Of The Poozers, Kingdom, Ih-Ah, Higher.



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Breitenbach