GOTTHARD, PRETTY MAIDS

Oberhausen, Turbinenhalle 2, 17.02.2017

Die Schweizer Gotthard sind auf 25th Anniversary Tour und feiern dabei nicht nur ihren runden Geburtstag, sondern promoten gleich noch ihr gleichnamiges Album hinterher. Der Titel dürfte sich dabei nicht nur auf dem Jubiläum gründen, sondern auch das schwere Metall mit in den Vordergrund heben. Zumindest deuten die Bühnenaufbauten darauf hin. Aber dazu später mehr. Im Gepäck die dänischen Pretty Maids, die bereits seit November letztes Jahres ihre neue Scheibe "Kingmaker" draußen haben und seitdem fleißig durch die Gegend touren. Just zum Zeitpunkt des Releases sah ich die bezaubernden Mädels um den Ausnahmeshouter Ronnie Atkins zum letzen Mal am Weissenhäuser Strand beim Metal Hammer Paradise. Wegen der Ska-Punker Sondaschule, die heute Heimrecht genießen und mit ihren Fans in beinahe schon Faschingskostümen die große Halle für sich beanspruchten, geht es heute nach hinten in die kleinere Tubbse.

pretty maidsPünktlich um 20:00 Uhr eröffnen die Dänen ihren Gig und legen mit "Mother Of All Lies" vom Album "Motherland" musikalisch schon mal ganz gut los. Die Bühne wird dabei großflächig von einem riesigen Backdrop ihres aktuellen Longplayers geziert. Dumm nur, dass man selbigen kaum sieht oder nur schemenhaft aus der Ferne ausmachen kann. Uns Fotografen im Graben schwant schon mal Böses. Ganz ungewöhnlich für Pretty Maids bleibt es ziemlich düster und wenn dann mal kein rotes Licht aufflackert, dann in Form der modernen LED-Leuchten in zartem Rosa und Himmelblau, so dass man eher an eine Verkaufsveranstaltung vom Puppenhersteller Mattel, denn an einen kräftigen Rockgig denkt. Das ändert sich auch nicht mit den beiden nächsten Tracks, die da "Kingmaker" und "Face The World" titeln und beide vom letzen Longplayer stammen. Das letzte Album ist der Hammer, schlappes Licht und der schwache, irgendwie recht leise Sound, lassen die Nummern aber eher daher plätschern und auch bei Ronnie gewinne ich eher den Eindruck, als würde er heute mehr abspulen, denn fett rocken. Okay, das Publikum geht mit, allerdings kein Vergleich zum Metal Hammer Paradise, wo die Dänen mehr oder weniger als Headliner auftraten und sich auch so präsentierten. Mit dem Cover von Pink Floyd geht es später in "I.N.V.U", welches songtechnisch zumindest überzeugt, ehe dann "Bull`s Eye" wieder im roten Reigen vergeht. "Little Drops Of Heaven" wird dann tatsächlich komplett in schweinchenrosa gespielt und erst beim Klassiker "Back To Back" gibt es erstmalig richtig Licht, was umgehend auffällt und reihum die Stimmung hebt. "Red, Hot And Heavy", und "Love Games" bringen die Dänen dann wieder in die Spur zurück und zum Schluss "Future World". Wat auch sonz. Eine volle Stunde Spielzeit und ein eher durchwachsener Gig von Pretty Maids.

 

gotthardNa, richtige Rocker waren Gotthard noch nie und wenn man mein Review zu "Silver" gelesen hat, weiß man, dass sich selbiges auch im fünfundzwanzigsten Bestandsjahr kaum geändert hat. Man wandelt in bluesrockigen AOR-Gefilden und wird mit Seichtrockern wie Bon Jovi und den balladesken Whitesnake verglichen. Zumindest der Beginn ist mit "Silver River" und "Electrified" vom neuen Album schon mal rockig angelegt und kommt ganz gut. Auch lichttechnisch wissen die Schweizer zu überzeugen und die Bühnenaufbauten sind echt der Hammer. Wieder ein riesiges, diesmal durch die Bank weg aber erkennbares Backdrop und davor die Schießbude von, nee nicht Hena Habbegger, sondern von Dani Löble (Helloween), der kurzzeitig für ein paar Gigs für den erkrankten Schlagzeuger eingesprungen und seine Sache nicht nur gut, sondern saugut macht und damit meiner Meinung nach zum besten Member des heutigen Abend avanciert. Richtig geil kommen die von schmelzenden Silber überzogenen Marshallboxen und davor prangt in großen Lettern "SILVER". Dann gibt es das erste Mal sanftes Feeling mit "Stay With Me" mit allerdings starkem Refrain. Nic Maeder macht seine Sache wirklich gut. Die langsamen Songs von Gotthard wirkten aber meiner Meinung nach wesentlich durch den Spirit und das in die Songs reingelegte Gefühl von Ausnahmesänger Steve Lee und an den kommt Nic, ich sehe Gotthard heute zum ersten Mal mit dem Wahlaustralier, nicht wirklich ran. "Mountain Mama" wieder richtig riffig und rockend, so dass Leo Leoni und Freddy Scherer und Marc Lynn mal zeigen können was sie drauf haben. Mit "What You Get" beginnt dann die stromlose Schmusephase, in der die Gedanken an den verstorbenen Steve Lee noch stärker hochkommen. "One Life, One Soul", "Let It Be", "Angel" und "Heaven" sind dann die nächsten Nummern und bei "Miss Me" kommen die elektrischen Felder zwar wieder zum Tragen, rockiger wird es dennoch nicht. Und zu allem Überfluss schnappt sich dann Nic noch eine unproportionierte und untalentierte Dame und versucht mit ihr einen Walzer, was eigentlich zur klassischen Ausbildung eines jeden Mädels und Jungen zählt. Hier hat man eher Angst, dass sich beide die Füße brechen oder irgendwo anecken. So einen Quatsch kennt man von Axxis, da hilft alles Betteln nicht mehr, so hat sich das bei den Lünern eingebürgert. Hier sollte man den Anfängen wahren und solches Getue gleich im Keim ersticken. Mag auch sein, dass es sich hier um einen Faschingsgag handelt. Irgendwie passt es aber auch zu Gotthard, die schon immer mehr in den seichteren Gefilden unterwegs waren. "Firedance" und "Top Of The gotthardWorld" und natürlich "Lift U Up", alle Songs riffend und groovend, begleitet von viel Geklatsche und "hehehe", wissen dann wieder zu gefallen, ehe mit einem kurzen, knackigen Drumsolo von Dani der Showteil erstmalig zum Ende kommt. In der Zugabe dann mit klasse Riffern und einem "Are You Ready?" von Nic dann "Standing In The Light" und die Mitmachhymne "Anytime Anywhere". Gotthard verschwinden nochmals von der Bühne und lassen sich dann tatsächlich noch zum Beatles Cover "Come Together" bewegen. Ein guter Start, ein schwächerer, weil viel zu langsamer und schmachtender Mittel- und Hauptteil, der eher an Poprock für Teens denn an Hardrock erinnert, ein fetziges Ende, klasse Bühnenaufbauten, eine gute Lightshow und durch die Bank klasse Musiker mit einem fetzigen Herrn Löble an der Schießbude, schaffen in der Summe auch hier ein durchwachsenes, aber sicher nicht berauschendes Konzerterlebnis.



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey