SODOM, RAGE (REFUGE)

Essen, Zeche Zollverein, 27.01.2017

Es ist heute gut was los im Pott. Im Essener Turock proggen Fates Warning, in Oberhausen treten Powerwolf und Epica vor ihre Anhänger und in Gelsenkirchen spielt Schalke gegen Frankfurt. Dennoch finden so einige Kutten, ihren Ruhrpottgrößen von Rage und Sodom zu huldigen, den Weg in die fein hergemachte Kulturhochburg der Zeche Zollverein, die sich so füllt, dass es gerade noch angenehm ist und man nicht zu dicht gedrängt stehen muss. Coole Location, nur muss man bis hinter die Bühne gelangen, um die Toiletten aufzusuchen. Dieses Konzert heute ist schon etwas Besonderes, weil die Bands grad nicht auf Tour sind und man Tom Angelrippers Grubenschlosser-Vergangenheit, er hatte hier auf Zollverein Lehrgänge und Berufsschule, noch immer mit dem Symbol dieses breitbeinig über der Halle stehenden Förderturms in Verbindung sieht. Wenn in Bezug auf hiesige Locations der Begriff ‚Zeche‘ fällt, ist für den Metaller die Zeche Bochum oder die Zeche Carl in Essen relevant. Heute ist es aber die Zeche Zollverein, in der Metalevents eher eine Seltenheit sind.

rageAuch Rage haben hier noch nicht gespielt, wie Shouter Peavy angibt. Die schlicht in Schwarz gekleideten Rage sollen sich nicht als zum Opener degradiert fühlen, sondern dürfen sich eher als co-Headliner sehen, die ohne Support auskommen müssen. Weder die gehörnten Tierschädel an den Mikrofonständern sind für die Fans neu, noch die aktuelle Mannschaft um Tierpräparator und Ur-Member Peavy, denn mit den jüngsten Zugängen von Gitarrist Marcos und Drummer Vassilios wurden inzwischen so einige Gigs absolviert. Die Audienz steht vom ersten Ton an auf der Seite der Protagonisten, dass beim dritten Song „From The Cradle To The Grave“ schon die Arme hochgehen. Ihnen in die Karten spielt ein sauberer und nicht zu lauter Sound, von dem später auch der Headliner und Refuge profitieren. Letztgenannte sind schon direkt nach vier Rage-Songs dran; Chris und Manni kommen auf die Bühne und zelebrieren für die Fans noch einmal die Rage-Phase von 1988 - 1995. Unter „Manni“-Rufen und abgefeierten Tracks wie „End Of All Days“ und „Solitary Man“ kommt das alte Feeling wieder auf, welches allen zeigt, wie beliebt diese Besetzung noch immer ist, auch wenn rage / refugePeavy beim hohen Melodiebogen von „Invisible Horizons" gesanglich an seine Grenze stößt. Dafür liefert Manni mit so einigen Grimassen ein ziemlich cooles Tapping-Solo. Die fette Sache findet natürlich mit dem Song und neu-Anthem „Refuge“ seine Fortsetzung, gefolgt vom wettertechnisch nun eher unpassenden „Don‘t You Fear The Winter“, denn seit langem gibt es heute wieder Plusgrade draußen. Für den Abschluss „Higher Than The Sky“ kommen Marcos und Vassilios dazu, Manni bleibt und Chris übergibt, aber nach nur 55 Minuten ist schon Schluss. Schade.

 

sodomDafür dauert es nicht lange, bis der Headliner beginnt, die Halle zu zerlegen. Auf Schalke ist bei einem torlosen Spielstand grad Halbzeit, während Sodom hier in Essen gut gelaunt eine alt/neu Mischung von „In War And Pieces“, „Sodomy And Lust“, „The Saw Is The Law“ und „The City Of God“ ertönen lassen. In den knappen Ansagen gibt Tom gerne das erste Wort eines Titels an, dass nach einem „Outbreak…“ aus der Menge ein zackiges „… Of Evil“ folgt. Tarnnetze, ausgerollter S-Draht und ein fettes Sodom-S vor dem Drumkit unterlegen optisch Thematiken der Lyrics zu Songs wie „Napalm In The Morning“ und „Agent Orange“. Toms Frage, ob Stagediven erlaubt ist, gefolgt von der Aufforderung „bei uns auf der Bühne seid ihr immer willkommen“, antwortet die Security prompt und entfernt ein gutes Dutzend Fans von der Bühne. Das kann der Stimmung jedoch kaum etwas anhaben und die Band spielt unbeirrt weiter. Ebenso übergeht Tom die Meldung, dass Schalke kurz vor Spielende 1 : 0 zurückliegt. Hier ist es Heavy Metal, der wird zelebriert und Tom bedankt sich für die Treue der Fans, zieht zu „Nuclear Winter“ sein „Persecution Mania“ Shirt aus und wirft es in die Menge. Wie sehr die Besucher sodomzufrieden sind, spiegeln die Shirtverkäufe wider, denn Mercherin Tanja ist mit ihren Sales mehr als zufrieden. Tom bedankt sich und meint, sein Arzt gäbe ihm noch zwanzig Jahre. In gut 105 Minuten am Stück, ohne vor den Finalsongs „Remember The Fallen“ und „Ausgebombt“ die Bühne zu verlassen, zieht die Band gut zwanzig Songs am Stück durch. Ein ähnlich grandioser Sodom Gig wie der 2015 auf dem Ruhrpott Metal Meeting geht zu Ende, nur leider bleiben ein paar Gassenhauer ungespielt, wie das von den Fans vehement geforderte „Bombenhagel“.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer