ATTACKER - Stilistische Treue


Seit ich US Metal höre, kenne ich Attacker. Kürzlich ist ihr neues Album “Sins Of The World” erschienen. Ich versuche immer, ein Original-Mitglied für meine Interviews zu bekommen, weil sie immer alles über ihre Band wissen. So ist es auch hier. Kurioserweise handelt es sich bei dem einzig noch verbliebenen Ur-Mitglied von Attacker um Schlagzeuger Michael Sabatini, der mir Rede und Antwort stand.

logoDaniel: Hi Michael! Erzähl uns doch zunächst etwas über die Gründung, den Werdegang und die Veröffentlichungen von Attacker!

Michael: Das ist alles gut dokumentiert worden. Wir starteten 1983 als Coverband unter dem Namen Warloc, mussten uns aber wegen der deutschen Warlock umbenennen und entschieden für Attacker, benannt nach unserem bereits fertigen Song „(Call On) The Attacker“. 1984 nahmen wir dann ein Demo auf und bekamen damit einen Platz auf dem „Metal Massacre V“-Sampler. 1985 folgte dann unser Debüt „Battle At Helm´s Deep”. 1988 brachten wir unser zweites Album „The Second Coming“ heraus, lösten uns dann aber 1989 auf. 2001/2002 kam es zur Reunion und 2004 folgte unser Comeback-Album „Soul Taker“. 2006 folgte dann „The Unknown“. Wir nahmen uns ein paar Jahre Auszeit und kehrten 2013 mit “Giants Of Canaan” zurück. Und nun haben wir mit „Sins Of The World“ ein neues Album in den Startlöchern und bestens gerüstet für die Bühnen in aller Welt!

Daniel: Hattest du vor Attacker schon in anderen Bands gespielt?

Michael: Nein, Attacker bzw. vorher Warloc, wie die Band zuvor hieß, war meine erste Band, in der ich jemals gespielt hatte. Ein halbes Jahr vor der Gründung hatte ich sogar erst mit dem Schlagzeug spielen angefangen!

Daniel: Welche Bands zählen zu euren Haupteinflüssen? Und haben sich diese in all den Jahren großartig verändert?

Michael: Ich würde sagen Iron Maiden, Judas Priest, Scorpions, Accept, Anvil, Riot, Saxon sowie jede andere großartige Metalband früher auch. Ich habe das Gefühl, dass alles was wir hören, uns irgendwie beeinflusst. Aber die Einflüsse sind bis heute mehr oder weniger gleich geblieben. Ich liebe all diese Bands von früher auch heute noch!

Daniel: Eure Texte sind oft von Fantasy und Geschichte beeinflusst, z. B. “Battle At Helm´s Deep” von J.R.R. Tolkien´s “Der Herr Der Ringe”. Welche anderen Bücher, Autoren oder Filme sind noch gute Einflüsse für gute Metal-Texte?

Michael: Um ehrlich zu sein, war der Tolkien-Stoff eher auf Bob Mitchell zurückzuführen. Meine Texte basierten immer mehr auf Horrorfilmen oder Dramen. Ich habe selbst aber schon seit dem “Soul Taker”-Album keine eigenen Texte mehr geschrieben. 

Daniel: Wie seid ihr 1984 an euren Plattenvertrag bei Metal Blade gekommen?

Michael: Wir nahmen ein Drei-Track-Demo auf und schickten es an zahlreiche Magazine, Fanzines und Plattenfirmen. Die Resonanzen waren super und wir erhielten einen Vertrag für einen Beitrag auf dem Sampler “Metal Massacre V”. Daraus folgte dann der Deal für unser erstes Album “Battle at Helm´s Deep”.

Daniel: Heute gilt besagtes “Battle At Helm´s Deep” allgemein als unsterblicher Klassiker des US Metal. War euch das damals schon bewusst? Oder war das etwas, was sich über die Jahre hinweg entwickelt hat? 

Michael: Wir hätten das nie gedacht! Wir hatten einfach nur unser Album draußen. Dass es sich so entwickeln würde, überstieg alle unsere Erwartungen!  .

Daniel: Die Band löste sich schon kurz nach dem zweiten Album “The Second Coming” auf. Warum? Was war los?

Michael: Die Metalszene wurde sehr bald von Thrash Metal und härterem Zeug regiert, und wir hatten das Gefühl, dass dadurch für uns kein Platz mehr ist. Deshalb lösten wir Attacker vorzeitig auf und widmeten uns anderen Dingen.

Daniel: Was hast du denn zwischen 1989 und 2001 in der Attacker-freien Zeit so getrieben?  Warst du noch aktiv? Und hast du überhaupt die Metalszene überhaupt noch verfolgt?

Michael: Ich gründete eine neue Band mit dem Namen Jersey Dogs, bei der auch Attacker-Bassist Lou Ciarlo spielte. Wir veröffentlichten eine EP und ein Studioalbum. Die Band gab es bis 1993. Danach haben wir eine langjährige Pause eingelegt. Bis Ende der Neunziger hatte ich den Metal Underground nicht mehr verfolgt. Nach der Jahrtausendwende ging es erst wieder los für mich. 

Daniel: Wie kam es denn 2001 überhaupt wieder zur Reunion von Attacker?

Michael: Das geschah durch den Tod von Original-Gitarrist Jim Mooney. Lou Ciarlo schlug es nach seiner Beerdigung vor. Wir nahmen also das “Soul Taker”-Album auf und widmeten es ihm.

Daniel: Attacker veröffentlichen nicht gerade regelmäßig neue Alben. Sind Attacker heute noch eine richtige Band oder nur ein Spaßprojekt für zwischendurch? Wie viel Zeit steckt ihr wirklich in Attacker?

Michael: Wir sind definitiv eine richtige Band, aber die Arbeit und unser Privatleben begrenzen natürlich unsere Zeit etwas. Wir proben aber einmal die Woche und nehmen unsere Musik sehr ernst. Aber wenn es keinen Spaß machen würde, würden wir es auch nicht machen.

attackerDaniel: Es ist ungewöhnlich, dass ausgerechnet du als Schlagzeuger das noch einzig verbliebene Ur-Mitglied von Attacker bist! Wie erklärst du neuen Mitstreitern, was sie spielen sollen?

Michael: Glücklicherweise muss ich das nicht, haha! Sie besitzen alle alten Alben und können sich alles selbst heraushören. Ich kümmere mich nur um die geschäftlichen Angelegenheiten der Band, wie Konzerte usw. Jeder kümmert sich  um sich selbst. Das erleichtert mir die Arbeit!

Daniel: 2008 verließ Original-Sänger Bob Mitchell leider die Band. Warum? Und habt ihr heute noch Kontakt?

Michael: Auch wenn er heute vielleicht etwas anderes behauptet, war es so, dass wir ihn vor die Tür gesetzt haben. Interessanterweise haben wir über unser damaliges Label Sentinel Steel ein Tag vor seiner Entlassung ein Statement dazu abgegeben. Er auch, aber bei ihm waren die Fakten alle verdreht. Wir zogen nicht mehr an einem Strang. Er ist kein Teamplayer. Deshalb musste er gehen. Es gab noch ein paar andere Gründe dafür, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte. Aber wir mussten die Entscheidung fällen. Nein, wir reden heute leider kein Wort mehr miteinander. Von meiner Seite aus wäre es kein Problem, aber er hat bis heute keine Verantwortung für seine Taten damals übernommen. Ich denke, dass er das auch mit seinem Ego nicht vereinbaren kann, was ich sehr schade finde. Aber so ist es nun einmal. 

Daniel: 2012 kam der neue Sänger Bobby Lucas zu Attacker. Ich kenne ihn noch von seiner vorherigen Band Overlorde. Kanntest du die Band auch? Oder wie seid ihr in Kontakt gekommen?

Michael: Ja, ich kannte Overlorde vorher schon, weil ich mit ihrem Gitarristen Mark Edwards befreundet bin, der auch aus New Jersey kommt. In der Zeit, als Overlorde nicht existierten, legte mir Mark schon nahe, bei Bobby anzuheuern. Er kam zu unserer Probe und der Rest ist Geschichte. Seitdem rocken wir gemeinsam Seite an Seite! 

Daniel: Seit 2013 seid ihr bei Metal On Metal Records aus Polen unter Vertrag. Wie kam der Kontakt zustande?

Michael: Jowita, die Inhaberin des Labels, hatte unsere letzten Albumcover gemalt. Sie ist eine tolle Künstlerin, und als sie uns von ihrem Label erzählte, dachten wir, dass seine Zusammenarbeit eigentlich gar nicht schlecht wäre. Es ist toll, mit Metal On Metal zusammenzuarbeiten!

Daniel: 2016 hat Gitarrist Pat Marinelli, der neben dir als Einziger noch von der Originalbesetzung mit dabei war, die Band verlassen. Warum? Und mussest du dadurch um die Namensrechte der Band kämpfen oder Ähnliches, um alleine mit Attacker weitermachen zu können?

Michael: Pat erzählte uns zu Beginn der Aufnahmen des neuen Albums, dass er die Band verlassen würde. Dafür gab es private Gründe, die ich hier nicht anführen möchte. Aber in seinem Leben sind viele Dinge passiert, die sich zeitlich negativ auf die Band auswirkten. Was den Bandnamen anging, gab es da keinerlei Probleme, denn tatsächlich habe ich alle Rechte an dem Namen und dem Logo der Band. Wir haben nach wie vor einen sehr guten Draht zu Pat, aber wir lieben, was wir tun und mussten leider eine Entscheidung treffen.

Daniel: Warum handelt es sich für dich – trotz der vielen Besetzungswechsel – bei Attacker immer noch um dieselbe Band wie damals?

Michael: Wegen der Musik, die die Band macht, unabhängig von den Bandmitgliedern. Wir haben viele Bandmitglieder kommen und gehen sehen. Einige sind von sich aus gegangen, andere mussten von uns aus gehen. Aber der Spirit von Attacker ist mit der neuen Besetzung immer noch allgegenwärtig. Wir haben bisher immer einen Weg gefunden, um Attacker stilistisch treu zu bleiben, auch wenn immer wieder neue Songwriter hinzugekommen sind.

attackerDaniel: Wann werden wir euch denn endlich mal wieder auf deutschen Bühnen zu sehen bekommen?

Michael: Wir werden auf dem diesjährigen Headbangers Open Air im Juli 2017 in der Nähe von Hamburg auftreten. Wir freuen uns sehr darauf, bald wieder dort zu sein!

Daniel: Die US Metal-Szene hat viele tolle Bands zu bieten! Stehst du mit irgendwelchen in Kontakt? Und kannst du uns ein paar Bands weiter empfehlen, egal ob alt oder neu?

Michael: Ich bin mit den Leuten von Liege Lord, Blood Feast und Whiplash befreundet, nur um mal ein paar Namen zu nennen, oder auch mit Joe Dibiase, dem Original-Bassisten von Fates Warning. Ich könnte sie hier gar nicht alle aufzählen! Ein paar neue Bands, die ich mag, sind Legion aus New Jersey, aber auch Power Theory und Night Demon.

Daniel: Wie sehen eure Zukunftspläne mit Attacker aus?

Michael: Wir wollen so viel wie möglich live spielen. Festivals eignen sich immer am besten dafür, um mit neuen Fans in Kontakt zu treten. Und ich hoffe, dass in diesem Jahr und darüber hinaus noch einige neue hinzukommen werden!

Daniel: Okay, Michael! Du bist von dem Marathon erlöst, haha! Das Schlusswort soll dir gehören!

Michael: Danke für diese Gelegenheit und wir hoffen, dass wir alle Leser bald auf einem unserer  Konzerte im Jahr 2017 sehen werden!

https://www.facebook.com/AttackerBand

 



Autor: Daniel Müller