EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN

Osnabrück, Osnabrückhalle, 18.01.2017

einstürzende neubautenAls die News die Runde machte, die Einstürzenden Neubauten würden die Elbphilharmonie in Hamburg eröffnen, gab es erstmal Gelächter. Der Prunkbau hatte in seiner Bauzeit wie ein Fass ohne Boden zig Millionen verschluckt, und ausgerechnet diese Band mit ihrem fast schon wieder treffenden Namen, soll die Angelegenheit wohl eher durch Selbstironie für alle Beteiligte spaßig werden lassen. Letztenendes wurde der Verfasser dieser Zeilen eingeladen, zu einem ihrer Aufwärmgigs dabei zu sein. Die Stahlmusiker wurden Anfang der Achtziger von einer großen deutschen Jugendzeitschrift mit in die Schublade der neuen deutschen Welle gepackt, wie sollte sie den jungen Lesern auch den Sound aus Avantgarde und Industrial sonst erklären?

einstürzende neubautenAus dem Schrott der Anfangstage ist bei Blixa Bargeld und seinen fünf Mitstreitern, darunter sein langjähriger Kumpan Alexander Hacke, der durch seine Optik, Gibson Firebird Bass und seinen Banganfällen auch als Metaller durchgeht, inzwischen mehr geworden. Bei aneinandergetapeten Kanistern und zusammengeklemmten Fallrohren kann es sich auch schon mal um Neuware handeln. Diese müssten gestimmt werden, verriet Blixa der Audienz, denn ein Standardrohr aus dem Baumarkt wäre mehr so 'g'. Neben Drummer, Gitarrist und Keyboarder haben sie mit Urmember N.U. Unruh extra einen Mann für die Percussion wie Stahlxylophon, knisternde Rettungsdecke, Käfigstäben oder im wahrsten Sinne sonstigen Schrott. Immer wieder leisten ihm die anderen dabei Unterstützung, wie durch das Geräusch, welches entsteht, wenn vor dem Mikro eine am Akkuschrauber befestigte Vinylschallplatte an einem Plastikbecher dreht. Man hört sogar das Ziehen an einer Zigarette in "Silence Is Sexy". Auch Leiseres ist gut hörbar, obgleich keine zu füllige Sounddichte angestrebt wird und man meist gleichmäßige bis ruhige Beats anschlägt. Halb so wild auch das Outfit. Man trägt auf der Bühne Anzug oder zumindest Oberhemd wie Alexander der Metalbasser, also sollte optisch für Hamburg alles klar gehen. Eine größere Überraschung ist aber wohl, dass die Zuschauer gesittet in den wie an einer Schnur gezogenen Stuhlreihen sitzen. Steht wer auf und begibt sich vor die Bühne, wird er von den Ordnern zurückzitiert.

einstürzende neubautenDer Sprechgesang beinhaltet deutsches und englisches Wort, gern auch mal fern jeglicher Rhythmik. "Im nächsten Stück kommt auch ein Radio vor" sagt Blixa an und stellt den handroßen Empfänger zur Seite, "doch die Halle ist so abgeschirmt, dass ich mir das schenken kann!" Der Einwurf vom Gitarristen, den Song dann nicht spielen zu können, lässt Gelächter im Publikum aufkommen. Es gab übrigens keinen Opener, sondern man bietet ein fettes Gesamtkunstwerk als Headlinerprogramm, welches durch drei Blöcke für insgesamt fünf Zugaben nach 140 Minuten unter Standing Ovations beendet wird. Noch über eine Stunde danach herrscht Andrang bei den Musikern am Merch, wo man auch den USB-Stick mit dem Konzert des Abends erwerben und mit nach Hause nehmen kann.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer