BESESSEN – DAS TURBULENTE LEBEN VON PRINCE - von Alex Hahn


Label:HANNIBAL
Jahr:2016/2005
Running Time:406 Seiten
Kategorie: Re-Release
 

Diese Biografie gibt es nun seit geraumer Zeit aber passend zum Tod des Musikers/Sängers jetzt eine Neuauflage (als Softcover) die überarbeitet wurde. Sehr habe ich mich über die Bemusterung mit diesem Titel gefreut, denn wir sind ein Metal-Magazin und nicht viele Verlage trauen uns eine Besprechung anderer Themen zu. Aber die Vorfreude verflog ziemlich schnell und ich musste mir redlich Mühe geben, um das Werk durchzuackern. Ich liebe Prince und seine Musik, auch wenn ich ihn ab den 90er-Jahren fast gänzlich aus den Ohren verloren habe, gehörte er seit meiner Zeit in Kanada (1979 bis 1983), zu den ersten Acts, die ich als Teenager auffing. Doch was es hier zu lesen gibt, wirkte auf mich verstörend und enttäuschend. Die Seiten mit Enthüllungen wurden zum Kraftakt, den ich kaum an einem Stück verarbeiten konnte. Danach brauchte ich einige Zeit um das Gelesene zu verarbeiten. Ich habe bereits einige Biografien und Autobiografien gelesen und besprochen und so mancher Star oder Band hat mich mit seinem Privatleben schwer enttäuscht. Das wirkt sich komischerweise…zumindest in meinem Fall…nachträglich auf die Musik aus. So begeistert ich die Musik dieses Genies verfolgt habe, der musikalisch oft quergeschossen hat, so geschockt war ich über die private Seite des Stars, die sich natürlich ebenfalls auf die geschäftliche Seite auswirkte. Da wären einmal die Credits für Songs oder deren Elemente von Mitmusiker/Innen, die Prince nie zugab. Er stahl einfach was er wollte und zeichnete die Songs als die Seinen aus. Und das regelmäßig. Wie soll ich heute jetzt damit umgehen. Ist er nun das Genie oder nur ein kleiner Despot, der es nötig hatte geistigen Diebstahl zu tätigen. Was, außer Mal abgesehen der letzten Jahre, in denen er stur alleine im Stuiodkomplex schrieb, ist denn nun wirklich vom Meister der Egozentrik?

Siebenundfünfig Jahre wurde Prince alt und verstarb für die Massen als Pop-Gigant. Für sein Umfeld war er jedoch auch Betrüger, Ehebrecher, Despot, Diktator, Introvertierter, Kontrollfreak, Nutznießer, Besessener und vielleicht noch Tablettenabhängiger. Da sind sich viele halt nicht sicher, wie lange Prince zu Medikamenten griff. Unter dem Deckmantel des Mysteriösem, liegt einfach nur ein herrschsüchtiger Mensch, mit den gleichen Facetten großer geschichtlicher Vorbiler. Prince wuchs mit einem Jazz-Pianisten als Vater auf und seine Kindheit war mit diversen ernsten Problemen behaftet. Das hatte sicherlich Bestand an seinen heftigen Charakterzügen und emotionalen Entgleisungen. Untreue, Arroganz, Sturheit, Uneinsicht, Unsicherheit und vieles mehr. Damit wurde sein ganzes Umfeld drangsaliert. Musiker und Freunde wurden schlecht oder gar nicht bezahlt, wurden in allen möglichen Situaltionen niedergemacht und in Diskredit gestellt oder einfach hintergangen. In jedem Kapitel stehen Berge von Anschuldigungen an, die die Betroffenen, unverständlicherweise, aus Liebe oder Treue, über einfach zu lange Zeiträume hingenommen und verziehen haben. Das konnte ich nur selten nachvollziehen. Selbst der Autor steckt öfters in einem Zwiespalt zwischen Vorwürfe und Huldigung. Diese Diskrepanz ist teilweise ziemlich nervend. Immer wieder holt Alex Hahn miese Happenings an die Sonne, die durch Interviews mit Beteiligten und diversen anderen Recherchen entstanden sind und mindert sie anschließend durch besondere musikalische Leistungen von Prince. Desöfteren wird ein Album schlecht geschrieben, wo im nächsten Absatz doch noch einige Highlights entdeckt werden. Das verärgert zumindest mich persönlich als Leser. Prince ist berühmt und ein außergewöhnliches Genie…der darf das. Diese Unterwürfigkeit ist frappierend.

Allein seine Beziehungen zu den meisten Protégés ist erschreckend und später hielt er sich die eine oder andere Minderjährige warm um sie später zu ihrer Volljährigkeit zu vernaschen. Er hielt sie hin mit Versprechungen auf eine Karriere. Großartig. Persönliche Meinungen, musikalische Ausrichtungen und religöse Ansichten ändern sich mehrmals im Laufe seiner Lebenslaufbahn und sind nicht selten, von seinem späteren Mißerfolg, zum Ende der 80er-Jahre hin beeinträchtigt. Er sieht sich als Vorreiter von Musikgenre, die er vorher verachtet hat und legt sich ständig mit Plattenfirmen und Bandmitgliedern an. Widersprüche häufen sich ohne Ende. Es gab eine Namensänderung, viele Flauten als Filmschauspieler und desastriöse Entscheidungen, für die Prince immer andere Mitmenschen zu beschuldigen wusste. Lügen im Fernsehen oder bei Interviews treten da logischerweise in den Vordergrund. So erfahren wir alleine von den vielen Nebenprojekten die gänzlich von Prince erstellt wurden und nur unter anderem Namen liefen oder von Songs die er nie alleine geschaffen hat. Eine perfekt inszenierte Fassade. Die Facetten sind zu umfangreich um alle in diesem Review Platz zu finden und schließlich soll man ja das Buch kaufen und lesen aber für mich ist eins klar: Prince war begnadet und hatte wirklich großartige Ideen, zumindest in der ersten Hälfte seiner Karriere. Dann war sein Pulver verschossen und er hätte gut daran getan seinem Umfeld ein Ohr zu schenken und nicht wie damals Adolf, alles besser zu wissen als seine Generäle. Für mich ist eine Seifenblase erstmal gründlich geplatzt.

ISBN: 978-3-85445-610-0

Note: Keine Wertung
Autor: Steve Burdelak


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