OVERKILL, CROWBAR, DESECRATOR, SHREDHEAD

Köln, Essigfabrik, 09.11.2016

shredheadAlle akkreditierten Gäste wurden heute am Eingang gebeten, fünf Euro für den Tierschutz zu spenden. Das erlebt man eher selten, doch keine Überraschung ist dagegen, dass Overkill auch auf Core stehen. Immer wieder lassen sie sich von Bands supporten, die mehr als nur einen Hauch Stampfbeats bringen. Diesmal sind es Shredhead, die in der Tat aus Israel kommen. Bereits zwei Alben haben sie seit Gründung in 2009 auf der Kerbe, aus denen sie heute eine kleine Auswahl zum Vortrag bringen dürfen. Der lange Shouter mit freiem Oberkörper punktet auch mit sympathischen Ansagen, während die Saitenfraktion links von ihm durch Synchronbangen beeindruckt. Für eine halbe Stunde bekommt die Essigfabrik gut Geballer auf die Omme, von einer Band, die sich für einen Opener tapfer schlägt.

 

desecratorDann wird es tatsächlich noch schlimmer in Sachen Geballer. Während sich die Essigfabrik noch weiter füllt, knallen die vier schlicht in schwarz Gekleideten in jedem Song mit Tempo ohne Ende. Gerade noch einen Tag zuvor eine australische Band live gesehen, King Parrot eröffneten für Exodus und Obituary in Essen, steht nun wieder eine Band aus Down Under vor mir, Desecrator. Zwei reguläre Releases in Form von EPs reichten aus, um auf das Billing zu gelangen. Was die Band hier anstellt, darunter zwei Mann von den Death Thrashern Netherealm, ist eine schiere Highspeedorgie. Ihr Drummer sitzt dabei fast regungslos, obwohl er eine harte Schlagzahl vorlegt. Kurz vor Schluss kann man für eine Phase etwas Midtempo ausmachen. Sie werden deswegen sehr langsam, weil sie "Am I Evil" von Diamond Head anspielen, was die meisten von Metallica kennen, und damit eine fünfunddreißig Minuten lange Tempobrechstange sondergleichen beenden. Beim Merchandise haben sie Damenslips im Sortiment, aber auch Shirt plus CD für 15 Euro im Angebot, was als lobenswert zu bezeichnen ist.

 

crowbarWeil sie nicht gerade häufig in unseren Breiten unterwegs sind, wissen viele der Anwesenden ad hoc nicht, wann sie Crowbar das letzte Mal live gesehen haben. Nun, die jüngsten Geschichten von Down sind noch in Erinnerung und irgendwann machte sich Gitarrist Kirk Windstein dort aus dem Staub. Kirk, heute im Shirt von Hatebreed, kümmert sich nach Down glücklicherweise nun wieder mehr um seine alte Band, die nun bei Overkill mit aufs Billing gerutscht ist. Sie nutzen die gesamte Bühnenbreite und liefern eine gediegen coole Show. Der Vierer groovt mit seinem Sludge, dass wohl noch mehr von dem eh schon lädierten Putz der Hallendecke der Essigfabrik bröckelt. Abschließend ist an den Publikumsreaktionen erkennbar, dass Crowbar vor Overkill diesmal besser zünden als Prong vor zwei Jahren.

 

waldemarNun pfeifen es während des Konzertabends die Spatzen bereits von den Dächern und es stellt die News über den Wechsel von dem noch auf dem nächsten Album trommelnden Ron Lipnicki nach Drumroadie Eddy Garcia auf dem Drumhocker in den Hintergrund, dass Gitarrist Dave Linsk nicht mit seinen Kumpels von Overkill auftreten kann. Er bleibt heute und noch für zwei weitere Gigs fern, um seine verstorbene Mutter zu verabschieden. Daher gibt es ein paar Verschiebungen. Erstmal spielt nun Overkiller Derek Tailer die Parts von Dave, was er offensichtlich auch locker hinkriegt, und andererseits hat die New Jersey Thrasheinheit einen weiteren Gitarristen einberufen. Das sollte kurzerhand ein Deutscher sein, schließlich geht’s ja um Dates in diesem unseren Lande. Ohne mit ihm zu proben, holte man sich Waldemar Sorychta (Enemy Of The Sun, ex-Voodoocult, ex Despair, ex-Grip Inc.) auf die Bühne, der sich das Material mal eben in kurzer Zeit alleine drauf schaffte. Nach "Armorist", "Rotten To The Core", "Electric Rattlesnake" und "Hello From The Gutter" war zu "In Union We Stand" für Bobby die passende Gelegenheit, overkillWaldemar den Anwesenden vorzustellen. "Our Finest Hour" vom neuen, auf Februar verschobenen Albums "Grinding Wheel" folgen noch "Hammerhead" und "Coma" und es ist allen Fans klar, dass sonst größere Überraschungen aus ihrem Backkatalog ausbleiben. Ebenso, dass keine Show von epischer Länge gespielt wird, doch immerhin gabs den wahrscheinlich geilsten Thin Lizzy Song auf die Omme. "Emerald" beendet den regulären Set, bevor es mit "Ironbound" und "Elimination" in die Zugaberunde geht. Werden in den Mitmachparts die "Fuck You"-Rufe nicht laut genug, wird das von Bobby in der Abschlussnummer mit "Vergiss Es" und "Verpisst Euch, Ihr Luschen" kommentiert. Echt cool, dass man die Gigs nicht hat ausfallen lassen und sich profihaft verhält. Und in Anbetracht der Tatsache, dass Overkill unter diesen Umständen einen mehr als stattlichen Gig hinlegen, sieht man über eine schlappe Spielzeit von nur 75 Minuten hinweg und sendet ihnen ein fettes Lob, für das besonders Gitarrist Waldemar nicht unwesentlichen Anteil trägt. In dieser Besetzung wird man übrigens noch in Osnabrück und Erfurt zu sehen sein, also auf, auf, wer Overkill-Shows mit Seltenheitswert sehen will!



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer