DESTRUCTION, FLOTSAM AND JETSAM, ENFORCER, NERVOSA

Siegburg, Kubana, 13.10.2016

nervosaZum Auftakt erfahren wir heute die geballte Frauenpower. Das all-female Trio aus Sao Paolo hat bereits zwei Alben raus und war schon in unseren Breiten zu Gast, wie auf dem Headbangers Open Air 2015. Das aktuelle Teil heißt „Agony“, welches die südamerikanische Energie direkt ins Kubana transportieren soll. "Arrogance" funktioniert dazu prima, wie auch die Beiträge vom Debüt "Into Mosh Pit" und "Death!" mit wirklich eindeutigem Chorus. Davor, dass man nicht mit Pseudo-Kuschelthrash rechnen sollte, wenn man Nervosa gerade kennenlernt, warnen schon ihre Shirts von Coroner, Behemoth und Morbid Angel. Die krächzende Basserin Fernanda macht ihre sympathischen Ansagen unclean und clean, sonst begibt sie sich immer zur Bühnenmitte, wenn sie nicht ihre Vocalparts in den Mikroständer an der Bühnenaußenseite schreit. Mit tight gespieltem Extremthrash und klaren wie knöchernem Sound kriegen sie das Kubana gut warm. Nur sind 30 Minuten Spielzeit für die aufstrebenden Damen aus dem fernen Brasilien einfach zu wenig.

 

enforcerNach "Diamonds And Rust" von Judas Priest aus der Konserve steigt die nächste Band ein, die in jüngster Zeit sehr präsent ist und deren Gigs wir alle schon zigmal beiwohnen durften, zum Beispiel auf Tour mit ihren Landsleuten von Wolf. Die schwedischen Senkrechtstarter von Enforcer spielen eher klassischen Metal und fallen mit heller Schreistimme als reinmetallischste Band im Thrashbilling auf, beruhigen aber die Geister durch Speed. Und die gibt es um die Wikstrand Brüder zu weit aufgerissenen Amps natürlich reichlich. Noch immer vor den Aufstellern des "From Beyond" Albums agierend, und offensichtlich noch immer mit Aushilfsgitarrist Jonte von Lethal Steel am Start (Gitarrist Joseph singt bei Black Trip), greifen sie auf einen größer werdenden Fundus kleiner Hits wie "Undying Evil", "Below The Slumber", "Mesmerized By Fire" und "Take Me Out Of This Nightmare" zu, mit denen sie heute vorm Thrashpublikum bestehen können. Viel mehr ist hier aber leider nicht drin, aber immerhin singen ein paar Nasen vor der Bühne das markante Solo des Titeltracks "From Beyond" mit. Vor eigenem Publikum reißen sie wesentlich mehr und waren auch schon Headliner auf kleineren Sommerfestivals.

 

flotsam and jetsamÜber die Veteranen von Flotsam And Jetsam konnte man im Vorprogramm von Sepultura zwei Meinungen haben, kurz danach auf dem Keep-It-True- Festival schon nicht mehr, auf dem sie voll abräumten. Die Flots spielten seit Ausstieg Jason Newstedts, der zu Metallica ging, also seit 1987, in gleicher Besetzung. Erst vor zwei Jahre verjüngte man sich an den Drums durch den übertalentierten Jason von Shadows Fall und Gitarrist Steve von F5. Und wie es sich heute wieder zeigt, liegt ihr großartiges Auftreten nicht nur am krassen Gegensatz zur Band zuvor, sondern die Band aus Phoenix klingt auch durch differenziertem Sound erwachsener und weiß auch mit Dynamik zu punkten. Das kommt sehr gut an und zu Songs wie "Dreams Of Death", "Hammerhead" und "Life Is A Mess" kann man auch Schmier mitten unter den Fans sehen. Damit keine Missverständnisse aufkommen, heißt vom neuen, selbstbetitelten Album ein Stück mit Dickinson-ähnlichen Vocals, doppelläufigen Gitarren und im "The Trooper" Tempo passenderweise "Iron Maiden". Eine Stunde vorzügliche Unterhaltung einer alten Band, von der wir in nächster Zeit sicher noch mehr erwarten dürfen.

 

destructionDestruction ist noch immer eines der wichtigsten deutschen Urgesteine des Thrash, und das räumt live ab, wie zuletzt zum Beispiel auf dem Rock Hard Festival oder der 70.000 Tons Of Metal Cruise. Dazu haben sie ein starkes, aktuelles Album dabei. Das Openingdoppel, bestehend aus dem Titeltrack der Neuen "Under Attack" und dem Klassiker "Curse The Gods" macht keine Gefangenen. Schmier fordert den Moshpit und bekommt ihn zu "Nailed To The Cross". Der hält bis ins anschließende "Mad Butcher" und tritt später noch ein paar mal auf, wenn auch nur unter Beteiligung nicht allzuvieler Aktiver. Lag sicher nicht an Schmiers Jokes über Köln. Das Trio um die beiden Fronter Mike und Schmier spielt zum ersten Mal in Siegburg, und das, wo sie in der Vergangenheit hier im Gernhart Studio mit destructionMartin Buchwalter, übrigens heute ebenfalls anwesend, einige Alben gemacht haben. "Thrash Attack", das ausgegrabene "Black Death" und dem Abschlussklopper "The Butcher Strikes Back" lässt die Audienz Rufe nach Zugabe folgen, die den Headliner noch einmal für "Thrash Til Death" und "Bestial Invasion" zurück auf die Bühne holen, bevor der Auftritt schon nach 75 Minuten beendet wird. Schöne familiäre Atmosphäre hier im Kubana, obgleich insgesamt bei hohem Interessenlevel der Fans etwas mehr Mitmachaktivität wünschenswert gewesen wäre. Der Tourtross zieht weiter in Richtung Süden und wird noch in Mannheim zu sehen sein.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer