RUNNING WILD - SHADOWMAKER


Label:STEAMHAMMER/SPV
Jahr:2012
Running Time:49:27
Kategorie: Neuerscheinung
 

Dass Rolf Kasparek ein komischer Vogel ist, wissen wir alle schon länger. Running Wild wurden im Laufe der Jahre zu einem Soloprojekt mit schlecht produzierten Alben. 2009 gab er endlich zu, dass die Luft raus ist und löste Running Wild kurzerhand auf. Ein lieblos heruntergespieltes Set in Wacken als Abschied und das dazugehörige, mit zwei Jahren verspätete Livealbum, bei dem kurioserweise die unbeliebten, neuen Songs zufällig verschütt gegangen sein sollen, sind ebenso rätselhaft wie die Tatsache, dass jeder wusste, dass Angelo Sasso Running Wilds Drumcomputer ist, was Rock´n´Rolf aber bis heute niemals zugab. Dabei war das Line-Up auch mal stabil und beängstigend tight, die Live-Shows legendär und die Alben super produziert. Die letzten drei Alben litten weniger an den Songs, sondern eher an der Produktion. Nun soll alles besser werden. Ursprünglich als Bonustracks für Re-Releases geplant, entstanden plötzlich eine Menge Songs, die Rolf dazu animiert haben, doch ein komplettes neues Album zu machen; gerade mal ein Jahr nach dem angeblichen Schwanengesang. Die Fans wurden skeptisch; mit Recht! Aber wie klingt „Shadowmaker“ denn nun? Ist es die erhoffte Erlösung geworden, auf die alle Fans gewartet haben oder war alles nur heiße Luft? Na ja, ein Mittelding aus beidem. Das Cover ist schon einmal das mieseste der Bandgeschichte. Vor 20 Jahren habe ich als vierzehnjähriger Dötz noch CD's blind nach Cover gekauft. Heute wäre mir das bei „Shadowmaker“ garantiert nicht mehr passiert. Aber ein Cover hat auch noch nie Musik gemacht. Kommen wir also endlich zu den Songs: Der Opener „Piece Of The Action“ rockt stur geradeaus, ist aber eher ein Partyrocker, als ein Metalsong. Rock´n´Rolf kommt mit seltsamem Flüstergesang in der Strophe daher; definitiv der schwächste Opener, den die Band je abgeliefert hat. Aber zumindest hatte er Recht damit, dass die Produktion wieder ordentlich knallt. „Riding With The Tide“ ist etwas besser, aber auch nur ein Partyrocker, der klingt wie eine Mischung aus seinem komischen Punkprojekt Toxic Taste und den letzten drei Scheiben. Der Refrain klingt etwas nach Stormwitch; eine Mischung aus Kitsch und guter Laune, aber nicht schlecht. Trotzdem vermisse ich immer noch die Aggression und die fetten, mitreißenden Chöre der alten Tage. So richtig Metal ist das immer noch nicht. „I Am Who I Am“ bringt dann aber die Erlösung und ist richtig genial: knackige Breaks, schnelle Gitarren und ein auffällig lauter Bass, der aber nicht störend wirkt. Ein richtig geiler Headbanger, typisch Running Wild. Bitte mehr davon! Bei „Black Shadow“ fällt leider auf, dass sich hier ein Drumcomputer verausgabt, obwohl Rolf vor kurzem noch betont hat, dass die Live-Besetzung des Wacken-Gigs wohl an diesem Album beteiligt sein würde. Der Song plätschert dahin, der Refrain haut auch nicht vom Hocker. Mit „Locomotive“ folgt dann wieder ein richtiger Running Wild-Hammer, eine rockige Version von „Branded And Exiled“ vielleicht: Der Refrain nimmt den Dampf dann aber leider wieder raus. „Me And The Boys“ ist nicht nur der dämlichste Titel in der Running Wild-History, sondern definitiv auch kein Running Wild-Song! Hier hat sein Punkprojekt Toxic Taste wieder geradestehen müssen. Auch wenn er für die Band total untypisch und kitschig ist, macht er aber trotzdem Laune. Dann kommt der Titelsong zum Zug. Das monotone Riff erinnert etwas an „Mr. Deadhead“ von ihrem legendären (und für mich allerbesten!) Album „Black Hand Inn“. Der Song bleibt auch komplett gut, auch wenn der Drumcomputer einen faden Beigeschmack hat. “Sailing Fire“ ist dann wieder kitschig und belanglos. „Into The Black“ rockt wieder mehr und ist auch recht gut, hätte aber auch auf „The Brotherhood“ sein können, das nicht gerade als Klassiker in die Bandgeschichte eingegangen ist. Kann man hören, muss man aber nicht. Das abschließende, siebenminütige „Dracula“ beginnt mit einem Regenschauer und Kirchenglocken, sehr düster und lässt hoffen, dass Running Wild an alte Epic-Klassiker herankommen. Das ist aber nur bedingt so. Die Breaks sind aber schon cool, das rockende Riff ordentlich und „Dracula“ definitiv der beste Song auf „Shadowmaker“. Hier kann man die Mähne schütteln wie in alten Zeiten und schön im Refrain besoffen mitgröhlen. So muss das! Etwas mehr von diesem Kaliber hätte dem Album schon echt gut getan. So bleibt abschließend zu sagen, dass das neue Album seine hohen Erwartungen nicht wirklich erfüllt und nur ein Schnellschuss war. Das Album ist nicht schlecht, klingt aber auch so spontan wie Rolf Kasparek es angekündigt hat. Für Running Wild ist es mir (und anderen Running Wild-Fans, die ich so kenne) einfach zu fröhlich, zu spontan, zu wenig ausgefeilt und nicht ernst genug. Running Wild bleiben seit der Jahrtausendwende nach wie vor eine zwiespältige Angelegenheit. Schade…

Note: 6.5 von 10 Punkten
Autor: Daniel Müller


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