Headbangers Open Air

Brande-Hörnerkirchen 28.07.2016 - 30.07.2016

Das 19. Headbangers Open Air steht an. Bei Metallern bekannt als die geilste Gartenparty der Welt, für das die Wretch aus Ohio im Jahre 2007 den hymnischen Song "Make This Garden Burn" geschrieben haben, zieht man am letzten Juliwochenende Richtung Schleswig-Holstein, um mit Gleichgesinnten den echten metallischen Klängen zu frönen. Dieses Jahr hat man sich bei der Bandauswahl wieder einmal sehr an der guten alten New Wave Of British Heavy Metal orientiert, auch eine Aftershowparty mit Kryptos, Killen, Resistance und Buried In Black im Bahnhof Pauli in Hamburg organisiert, aber leider auf die Ausrichtung eines Warm-ups am Vortag verzichtet. So liegt es an diesem Mittwoch für den Verfasser dieser Zeilen nahe und auf dem Weg, in Osnabrück bei Exodus und Dew-Scented für ein eigenes und spezielles Aufwärmen reinzuschauen. Das Wetter in Brande-Hörnerkirchen gibt zwar etwas Regen ab, hält aber trotzdem noch angenehme Temperaturen für die Bangerschaften vor.

Tag 1, 28.07.2016: Kryptos, Tytan, Angelus Apatrida, Bonfire, Angel Witch, Armored Saint.

kryptosEinen besseren Act, das Headbangers Open Air zu veröffentlichen, hätte man kaum finden können. Mit ihrem dritten Album "The Coils Of Apollyon" hauten Kryptos aus Bangalore voll ins Mett und landeten so folgerichtig in einigen Jahrespolls. Das ist nun vier Jahre her, eine Zeit, in der die Jungs aus Indien schon öfter in unseren Breiten blicken ließen und durch starke Auftritte von sich reden machten. Heute verbreiten sie auf dieser Bühne eine grandiose Stimmung, dass sich der Raum vor der Bühne zügig füllt und für Begeisterung sorgt, wie erst später wieder zum Headliner. Sie punkten ohne Ende mit ihrem thrashigen Oldschool Heavy Metal, ebenso wie die "Wir Saufen"-Rufe von Basser Ganesh, stilecht mit Cliff Burton Gedächtnisschlaghosen. Die Reaktionen gehen auch an dem Quartett nicht spurlos vorüber, das sich immer wieder bedankt. Ein neues Album ist bereits eingetütet. Es wird "Burn Up The Night" heißen und in Kürze erscheinen. Das neue Material davon wie "The Summoning" und "Full Throttle" scheint etwas langsamer, aber metallastiger zu sein. Eine Rechnung, die ganz offensichtlich aufgeht, also Augen und Ohren auf! (Joxe Schaefer).

 

tytanIch wundere mich ja immer, was für Bands mal wieder ausgegraben und reanimiert werden. Eine dieser vielen Bands sind auch Tytan aus England, deren einziges, 1985 erschienenes Album „Rough Justice“ ich erst noch kürzlich gehört habe, jedoch unabhängig vom H:O:A. Die Band hat eine merkwürdige Geschichte hinter sich, denn das Album ist erst zwei Jahre nach Auflösung der Band veröffentlicht worden, die erst 1981 aus der Taufe gehoben wurde; sehr kurzlebig also das Ganze. 2010 dann die Reunion von Tytan. Aber macht das wirklich Sinn? Von früher ist nur noch Bassist Kevin „Skids“ Riddles (Foto) mit an Bord, der auch die Ansagen übernimmt und mal Gastspiele bei Angel Witch und The Deep gehabt hat, die beide auf diesem Festival noch am Zug sein sollen. Die Mucke an sich macht aber schon Laune. Mit einer Mischung aus Angel Witch, Demon, Persian Risk, mit Keyboards und ein paar AOR-mäßigen Refrains im Stil von Praying Mantis sorgen Tytan jedenfalls für gute Laune am späten Nachmittag. Gute, solide Show. Bleibt abzuwarten, ob da nochmal ein neues Album kommt. (Daniel Müller).

 

angelus apatridaDas Schöne an kleinen Festivals ist, dass man auch kleine Bands kennenlernt, die man noch nicht kennt. Zu diesen Combos gehören auch Angelus Apatrida aus Spanien, die zu meiner großen Überraschung schon fünf Alben am Start haben. Die Band besteht schon seit 2000 und die beteiligten Musiker sind alle zwischen 32 und 39 Jahren alt, also längst keine Jungspunde mehr. Und was einem da entgegen ballert, ist mehr als ordentlich. Die Band spielt handwerklich guten Thrash Metal im US-Gewand. Auch wenn Gitarrist und Sänger Guillermo „Polako“ Izquierdo (Foto) das Thrash Metal-Brett der Band einem gewissen Dave Mustaine verdankt, erinnert vor allem der Gesang doch stark an Overkill und Exodus. Angelus Apatrida geben Vollgas; trotz spanischen Bandnamens mit gut verständlichen, englischen Texten. Die Meute bedankt sich und geht gut ab. Die Spanier machen echt Laune! (Daniel Müller).

 

bonfireAuch auf diesem kleinen Festival landen immer wieder polarisierende Bands auf dem Billing. Im Falle von Bonfire, die Ende der Achtziger nach ihrem Namenswechsel von Cacumen mit zwei erstklassigen Platten zündeten, konnten sie die Metaller ab den Neunzigern nur noch wenig begeistern. Festivalbesucher diskutieren hier über den Sinn der Band auf dieser Bühne, wie in den Jahren zuvor bei D:A:D und Kissin' Dynamite. Nun wird es aber doch wieder etwas interessant, da Michael Bormann als neuer Sänger temporär von einem echten Metaller ersetzt wird, nämlich durch Masters Of Disguise und Roxxcalibur Shouter Alexx Stahl. Denn er hat etwas vom Timbre von Ur-Sänger Claus Lessmann, doch Alex setzt seinen Stimmumfang heute nicht voll ein, kann ihn in der Ballade "You Make Me Feel" aber kaum verstecken. "Ich bin nur ein bisschen Bonfire, ich helfe nur aus!" verkündet er den Anwesenden, versteht sich aber wohl bestens mit der Band und kann sich noch Scherze erlauben wie den Roxxcalibur Song "Seven Days Of Splendour" statt "Don't Touch The Light" anzusagen, oder Bonfire Urgestein Hans Ziller (Foto) nachzusagen, dass er hätte schon alles erlebt hätte "Schaut ihn euch an, er ist schon völlig alt!" Hauptmanko ist aber der Umstand, dass die beiden Gitarren nicht annähernd so heavy klingen wie auf ihrem Paradealbum "Fire Works", dass Songs wie "Never Mind", "Sword And Stone", "American Nights", "S.D.I." und "Ready 4 Reaction" dem Metalpublikum zu blutarm präsentiert werden. "Zuviel Dur" ruft mir noch ein Bert Meierjürgen ins Ohr, der schon völlig heiß auf Angel Witch ist. (Joxe Schaefer).

 

angel witchAngel Witch habe ich mittlerweile schon einige Male live gesehen. Und jedesmal machen sie ihre Sache richtig gut. Auch wenn es anfangs ein paar Stimmprobleme an der Gitarre gibt, hobeln die Engländer um das einzig verbliebene Urmitglied Kevin Heybourne (Foto) an Klampfe und Gesang alles gekonnt runter. Auch wenn sie seit 2012 das tolle Comebackalbum „As Above, so Below“ am Start haben, gibt es an diesem Abend nur dessen Opener „Deadly Sea Scrolls“ neueren Datums. Der Rest stammt erwartungsgemäß vom legendären, selbstbetitelten Debüt von 1980. Mit „Gorgon“ und „Confused“ findet man den perfekten Einstieg. „White Witch“, „Atlantis“, „Sorceress“, "Dr. Phibes“ und „Angel Of Death" dürfen natürlich nicht fehlen und klingen wie aus einem Guss. Als CROSSFIRE-Black Metal-Schreiber und Hobbie-Okkultist freue ich mich besonders auf den 1978er Demotrack „Baphomet“, bevor die unsterbliche Bandhymne „Angel Witch“ auch den letzten Fan ins Delirium versetzt. Wir sind alle jetzt schon voll im Arsch, mobilisieren aber unsere letzten Bierreserven und Kräfte für die mächtigen Armored Saint, die heute als Headliner fungieren. (Daniel Müller).

 

armored saintDass es jetzt ordentlich krachen wird, verraten schon die Armored Saint-Rufe zum Priest-Intro "Delivering The Goods". "Win Hands Down", "March Of The Saint" und "An Exercise In Debauchery" lassen die Energie schnell und spürbar übertragen, dass man wie erwartet von einem grandiosen Headliner sprechen kann. "We Know The Name Of The Band" kommentiert ein gewohnt selbstbewusster John Bush die Armored Saint-Rufe und man legt mit großartigen "Long Before I Die" und "Last Train Home" überzeugend nach, dass schnell klar wird, John Bush wird Sänger des Festivals sein. Nicht zuletzt durch eine bessere Anlage als in den Jahren zuvor verfügt Joey Vera (Foto) heute über einen sehr präsenten und voluminösen Sound seines Basses. Der Mann, noch bei Fates Warning aktiv ist, zählt in Sachen Feeling und Action zu den besten der Welt. Neben Krachern wie "Symbol Of Salvation", "After Me The Flood", "Left Hook From Right Field" und natürlich "Reign Of Fire" beglückt die Hymne "Aftermath" von "Delirious Nomad" Album die Fraktion der alten Schule besonders. Die beiden Zugaben "Can U Deliver" und "Mad House" begeistern noch einmal und machen den Deckel drauf. Da verkommt das Fehlen von Gitarrist Phil Sandoval, der vaterwerdend daheim blieb und durch Matt Price ersetzt wird, bloß zur Randnotiz. (Joxe Schaefer).

 

Tag 2, 29.02.2016: Steelpreacher, Resistance, Night, Killen, Ostrogoth, Q5, Holy Moses, Ross The Boss, Sacred Reich.

steelpreacherGenau auf den Schlag zu High Noon beginnen Steelpreacher ihr Bierfrühstück und kippen reichlich Gerstensaft in die Menge. Bei den Koblenzern weiß man, was nebenbei noch zu erwarten ist, jedenfalls gehören ernstere Angelegenheiten nicht dazu und es liegt ganz sicher nicht an der noch frühen Tageszeit, dass nur eine Gehirnhälfte angesprochen wird. So verwundern Songtitel wie "Bitchcraft " und "D.O.A. (Drunk On Arrival)" ebenso wenig, wie ihre Ansage: "Kaum reißt man sich fünfzehn Jahre den Arsch auf, schon darf man auf dem Headbangers spielen!" Ihre Melange aus Stampfrock und Metal findet heute im gelungenen Quiet Riot Cover
"Metal Health" seinen Höhepunkt. (Joxe Schaefer).

 

resistanceResistance ist ein Bandname, der erst einmal nichtssagend klingt. Vor allem hätte ich keine US Metal-Band dahinter vermutet. Doch manchmal trügt der Schein. So auch hier, denn die Amis überzeugen mit geilen Riffs, treibendem Schlagzeug und kraftvollem, hohem Gesang. Die Stimmung in der ersten Hälfte des Sets ist schon gut, als Resistance auf einmal Riots „Swords And Tequila“ ausgraben und es originalgetreu spielen. Aber auch die Songs danach reihen sich nahtlos ein, so dass der Partypegel oben angesiedelt bleibt. Die Band bewegt sich viel, spielt gut und kommt dementsprechend gut an. Zwar sind Resistance kein wirkliches Highlight des Festivals, machen ihre Sache aber ordentlich. Vor allem Sänger Robert Hett (Foto) gefällt mir vor allem in den etwas höheren Tonlagen richtig gut! Mit ihren Alben (Es gibt derer zwei und zwei weitere EPs) werde ich mich wohl mal beschäftigen müssen. (Daniel Müller).

 

nightAuf die sympathischen Schweden von Night haben viele gewartet. Ihr Shouter, eigentlich etwas zurückhaltender als sein Pseudonym 'Burning Fire' (Foto), heute im Shirt seiner Plattenfirma Gaphals bekleidet, kennen einige noch als Aushilfsbassist und Ersatzsänger bei Screamer. Beide Bands kennen sich gut, es half auch schon deren Drummer Henrik bei Night aus. Neue Songs wie "Waiting For The Time" bringen nicht mehr die Härte ihres ersten Albums, sondern haben mehr den Touch der Siebziger, was live die Freunde der ersten Scheibe etwas enttäuscht. Das bestiefelte Quartett bringt aber dennoch ein Pfund und so ein Kracher wie "Running In The Night" zündet auch so. (Joxe Schaefer).

 

killenFür die nächsten vierzig Minuten darf sich eine Undergroundband aus den Vereinigten Staaten auf der H:O:A Bühne austoben, Killen aus New York City. Shouter Mike (Foto) sticht mit einem neonfarbenem Gitarrenkabel ins Auge, wo sonst die Outfits und Klampfen schwarz gehalten sind. Vic, den Zwischenruf "Fuck Keyboards" ignorierend, sagt "Metal Meets Metal" vom 1987er Debütalbum an. Viel mehr als noch eine EP in 1989 haben sie allerdings auch nicht veröffentlicht. Der Umstand, dass dieses Tasteninstrument schon ziemlich schräg gespielt wird, ist jedoch noch nichts gegen den grummeligen Sound, der einfach zu basslastig ausfällt, aber mehr Eier als Night hat. (Joxe Schaefer).

 

ostrogothOstrogoth ist eine dieser Bands, die der Verfasser dieser Zeilen schon wesentlich früher hätte kennenlernen können. Im kleinen Plattenladen des damaligen Provinznestes hatte man tatsächlich die "Ecstasy And Danger" im Regal, die wurde auch jedesmal wieder in die Hand genommen, doch um damit den Weg zur Kasse anzutreten, reichte das Taschengeld nicht aus. Im Jahre 2014 spielten sie beim Swordbrothers Festival in Andernach und sagten für 2015 ein neues Album an. Daraus ist eine EP geworden, aber das Jahr der Veröffentlichung stimmt, haha. Heute legt der Fünfer eine gediegene und routinierte Performance hin, mit Action ohne Ende. Genau die richtige Band an diesem frühen Abend und das unverzichtbare "Full Moons Eyes" ist natürlich auch dabei. Cool auch der Ostrogoth Blitz im roten Kreis unter ihrem Mikrofonständer, der bei wirbelnder Performance in die Menge gehalten wurde. (Joxe Schaefer).

 

q5Q5 feiern nach ihrer Reunion im Jahr 2009 bereits ihr zweites Comeback auf dem Headbangers. Damals gab es nur ihre beiden Alben aus den Achtzigern, „Steel The Light“ (1984) und „When The Mirror Cracks“ (1986). Das zweite Album ist aber längst nicht mehr so gut wie das Debüt, weshalb heute vom Zweitwerk auch nur zwei Songs ihren Weg in die Setlist finden, nämlich der Titeltrack und den Raushauer „Let Go“. Von früher sind noch die drei Leute dabei, die später auch bei Nightshade waren, nämlich Sänger Jonathan Scott K., Gitarrist Rick Pierce und Bassist Evan Sheeley, der heute mit einem blonden Irokesenschnitt auffiel. Den Anfang des Sets machen „Lonely Lady“, Rock On“, „Pull The Trigger“ und „Missing In Action“; bis auf das Titelstück also die komplette A-Seite vom Debüt. Was für ein machtvoller Einstieg! Danach folgen die beiden bereits erwähnten Songs des Zweitwerks, bevor Q5 mit „Teenage Runaway“ und dem von der A-Seite des Debüts noch fehlenden „Steel The Light“ rausballern. Das aktuelle Comeback-Album mit dem Titel „New World Order“ bleibt mir erstmal völlig unbekannt, da es heute komplett außen vor gelassen wurde. Exakt dreißig Jahre nach dem zweiten Album und der vorläufigen Auflösung geht das aber voll in Ordnung. Mit ihrem rockigen Metal, der stellenweise an Krokus, alte Pretty Maids, aber auch Saxon erinnert, liefern sie aber einen unterhaltsamen Set ab. (Daniel Müller).

 

holy mosesHoly Moses ist eine Band, die ich schon ewig höre, nämlich seit 1993, als ich gerade fünfzehn wurde. Lange Zeit habe ich mich nicht mehr mit der Band beschäftigt, bis ich Sängerin Sabina Hankel-Hirtz, die bei Holy Moses immer noch unter ihrem alten Nachnamen Classen firmiert, 2013 auf dem Rock Hard begegnet bin. Der Kontakt seitdem ist unregelmäßig, aber seit ein paar Monaten ist ein Interview mit ihr bei CROSSFIRE online. Heute steigt also endlich mein erstes Holy Moses-Konzert. Und das geht ganz schön ab. Mit dem Opener „Def Con II“ vom dritten Album „The New Machine Of Liechtenstein“ (1989) geht es los. Weiter geht es mit „Finished With The Dogs“ und „Life´s Destroyer“ vom zweiten Album „Finished With The Dogs“ (1987) sowie „Jungle Of Lies“ vom vierten Album „World Chaos“ (1990). Ganz schön old school also, wenn man bedenkt, dass Holy Moses seit der Reunion im Jahr 2001 immerhin noch vier Alben, eine EP und eine Compilation mit Neueinspielungen am Start haben. Die neue Besetzung, die jetzt seit 2012 Bestand hat, ist deutlich jünger als Frontfrau Sabina, aber perfekt eingespielt und hobelt alles tight und sogar leicht progressiv runter, ohne jedoch die Brutalität außer Acht zu lassen. Und auch „meine“ Holy Moses-Phase wird mit „Nothing For My Mum“ (von „Terminal Terror“, 1991) sowie „Welcome To The Real World“ und „Reborn Dogs“ (von „Reborn Dogs, 1993) abgedeckt. Hier betritt auch Sabinas Weggefährte aus ihrer Holy Moses-losen Temple Of The Absurd-Zeit, Digger von Warpath, als Gastsänger die Bühne. Sabina gibt sich als sympathische und immer noch stimmgewaltige Frontfrau. Neues Material gibt es nicht, wäre aber vermutlich heute auch nicht bei einem solchen Festival angekommen. Vom Debüt-Album „Queen Of Siam“ gab es zwar seltsamerweise nichts, aber dennoch liefern Holy Moses einen coolen Gig ab! (Daniel Müller).

 

ross the bossWer auf dem diesjährigen Keep-It-True Festival war und sich von Ross The Boss wegpusten ließ, der war sehr gespannt auf die nächste Band. Der ehemalige Gitarrist von Manowar bedient noch bei Death Dealer die Klampfe, ist heute aber hier, um frühe Klassiker von Manowar zu zelebrieren. Mit dabei hat er einen Coresänger mit auffälliger Halskette, der nicht nur sehr gut mit dem Material vertraut ist, sondern auch was von einem jungen Eric Adams in seiner Stimme trägt. Dementsprechend sitzen die Höhen, um deren Treffsicherheit sich heute niemand Gedanken machen muss. Zusammen mit dem Sound des Basses, den man sich von Q5 leiht, weil der eigene am Flughafen verloren ging, erreicht Ross so die klangliche Nähe zu Manowar und interpretiert die Hits nach seiner Vorstellung. Ungewollt fallen die Pausen zwischen den Songs ähnlich großzügig wie bei Manowar aus, sind aber hier durch technische Probleme begründet. Das macht den Die-Hard Fans aber wenig aus, denn sie Songs werden mitgesungen. Ross spielt Keyboard und Gitarre gleichzeitig, wenn es der Song erfordert. So werden bekannte Songs wie "Blood Of My Enemies", "Secret Of Steel", "Each Dawn I Die", "Sign Of The Hammer" und "Metal Daze" gefeiert, die man von Manowar so nicht geliefert bekommen hätte. Durch die langen Pausen gewinnt das Konzert nicht richtig an Fluss, aber erst zu "Hail And Kill" und der monströsen Zugabeparty von "Battle Hymn" kommt wieder Bewegung in die Crowd und beendet ein Fest für die Fans der ersten Stunde. (Joxe Schaefer).

 

sacred reichSacred Reich spielen immer noch regelmäßig live, haben aber keinen Bock auf ein neues Album. Sie stehen hinter all ihren Alben und wollen sich ihren guten Ruf nicht ruinieren. Nicht die schlechteste Idee! Und so setzen sie auch heute in alter Besetzung auf Altbewährtes. „The American Way“ macht den Anfang. Und das Publikum kennt kein Halten mehr. Sofort bei den ersten Tönen ist viel Bewegung drin; und man muss schon genau gucken, wo man hintritt, um nicht an Halt zu verlieren. Mit „Free“ (von Independent“, 1993), „One Nation“ (von der EP „Surf Nicaragua“, 1988) und „Love...Hate“ (wieder von „The American Way“, 1990) geht’s weiter. „Blue Suit, Brown Shirt“, der Opener ihres letzten, 1996 erschienenen Albums „Heal“ wird von Sänger und Bassist Phil Rind (Foto) ironischerweise als neuer Song angesagt, bevor bei dem Black Sabbath-Cover „War Pigs“ die Meute wieder zu toben anfängt. Es folgen „Ignorance“ von eben diesem Debüt, der kleine Mitgröl-Hit „Who´s To Blame?“ vom „The American Way“-Album und der Titeltrack des dritten, 1993 erschienenen Albums „Ignorance“. Zum Schluss gibt es erwartungsgemäß „Surf Nicaragua“, wo wieder gehörig die Post im Pit abgeht. Mir ist es ehrlich gesagt lieber, sie so wie sie jetzt sind, in guter Erinnerung zu behalten. Auf ein neues Album beim Meet & Greet angesprochen, lachen sie nur und wollen davon nichts wissen. Mir ist es egal! Geiler Gig! Jetzt noch ein paar Bier und ab ins verregnete Zelt. (Daniel Müller).

 

Tag 3, 30.07.2016: The Deep, Salem, Air Raid, Desolation Angels, Vardis, Trespass, Oliver/Dawson Saxon, Denner/Shermann, Rage meets Refuge.

the deepIn diesem Jahr werden die drei Festivaltage durch wirkliche Mitreißer eröffnet, da muss man den Veranstaltern bescheinigen, ein gutes Händchen gehabt zu haben. Das ließ der Soundcheck zum Festivalsamstag schon vor Toröffnung erahnen, dass The Deep aus London hier gleich Feuer machen. Man gründete sich aus der 1982er Besetzung von Deep Machine, hat also auch ein Pfund New Wave Of British Heavy Metal in den Knochen. Die zügige Fahrt kann auch mal verlangsamen, eine Ballade ist auch dabei, aber sonst geht’s straight voran. Durch unheimlich viel Spielfreude und treibendes Uptempo reißt der Fünfer mit viel Bewegung die Frühaufsteher mit und sorgt für einen mehr als anständigen Start in den dritten Festivaltag. Deswegen ist der Andrang beim Merchandise nach dem Gig groß, wo es Shirts und die CD "Premonition" für je zehn Euro abzugreifen gibt. (Joxe Schaefer).

 

salemSalem sind mir seit zwei Jahren ein Begriff, seit ich Sänger Simon Saxby und Gitarrist Paul Macnamara hier auf dem H:O:A erstmals traf. Der Kontakt war da, ein Interview ist bei uns online und Paul Macnamara setzt uns für dieses Jahr sogar auf die Gästeliste. Somit ist es eine Ehre für mich, ganz vorne mit dabei zu sein, haben sie vor zwei Jahren doch nur auf dem Warm-up gespielt und auf dem Gelände nur T-Shirts und CDs verkauft. Und der Gig, den Salem abreißen, ist grandios! Die neuesten Bandmitglieder sind seit 1982 dabei. Und das jahrzehntelange Zusammenspiel ist geradezu perfekt. Mit dem rockigen, etwas an AC/DC und ganz alte Def Leppard erinnernden Titeltrack des neuen Albums „Dark Days“, reißen die Engländer auch die letzten Besoffskis aus dem Vollrausch. Alle Musiker strahlen übers ganze Gesicht, die Choreographien sitzen, die Spielfreude ist groß und Simon Saxby, der mit seiner Mikroständer-Akrobatik nicht selten an einen gewissen David Coverdale und Steven Tyler erinnert, ein stimmgewaltiger und begnadeter Frontmann. Mit „Fool´s Gold“ oder „Rock Fever“ wühlt man ganz tief im Archiv der Band. „High Stakes“ vom ersten richtigen Salem-Album „Forgotten Dreams“ aus dem Jahr 2013, reiht sich nahtlos ein. Die Mischung stimmt. Alle Phasen der Band werden gleichermaßen abgedeckt. Beim Stageacting stimmt alles. Der Sound ist ebenfalls gut. Was soll ich sagen? Ich bin beeindruckt! Salem sind einfach nur eine gnadenlos gute Liveband! (Daniel Müller).

 

air raidJa doch, es gab auch schon Headbangers Open Airs, die völlig ohne Bands aus Schweden auskamen. Mit Air Raid sind es dieses Mal schon die zweiten Vertreter aus dem Land der Elche, die auch gleich wieder etwas mehr Geschwindigkeit ins Geschehen bringen. Der junge Fünfer aus Göteborg reißt trotz äußerst agiler Show nicht jeden älteren Banger mit und zeigt mit dem gut gewählten Cover von Yngwie Malmsteen "I'll See The Light Tonight" wie Sänger Arthur an seine Grenzen stößt, sorgt aber sonst mit Songs wie "Victim Of The Night" und "Wildfire" für frischen Wind. Air Raid gehören wie Night zu den Schwedenbands, die man kennen sollte, womit ihr Platz auf dem Billing begründet ist. (Joxe Schaefer).

 

desolation angelsBei den Desolation Angels steht der Tod mit auf der Bühne. Der Kapuzenmann kam später noch einmal mit seiner Sense, doch zunächst solle dem Publikum gezeigt werden, wie ihr straightes und powermetallisches Material aus der Post-Ära der New Wave Of British Heavy Metal klingt. Die Band zog zwischenzeitlich auch schon mal nach Kalifornien, ist jetzt aber wieder in London beheimatet. Man legt seinen beachtenswerten Auftritt mit viel Bewegung ab und schindet Eindruck bei gerade wieder herauskommender Sonne. Überhaupt fallen immer wieder mal ein paar Tropfen Regen, was bei den Temperaturen über zwanzig Grad aber auch echt egal ist, zumal Heavy Metal eben kein Kindergeburtstag sein soll. (Joxe Schaefer).

 

vardisWeil Vardis aus einer Status Quo Coverband entstanden sind, spielt Mainman Steve Zodiac (Foto) eine metaluntypische Fender Telecaster. Als einzig verbliebenes Gründungsmitglied ist er nicht nur Gitarrist und Sänger, sondern auch Alleinherrscher, Frontsau und Routenvorgeber in Personalunion und zieht seine Mitstreiter an Bass und Drums durch einen improvisationsschwangeren Set. Es steht nicht jeder Veteran drauf, hat aber soviel Eigenständigkeit, die andere Acts missen lassen. Das unverzichtbare Speedding "If I Were King" findet sich ebenso im Set wieder, wie das Titelstück vom neuen Album "Red Eye", das sie mit "Das Rote Auge" ansagen. Ihr temporeiches und straightes Gegroove ist genau passend zum sonnigen Wetter, zu dem man jetzt auch am Pool hätte liegen können. (Joxe Schaefer).

 

trespassMit Trespass spielt eine Band der NWOBHM auf dem H:O:A, die zunächst von 1978 bis 1982 aktiv war und seit 2014 wieder existiert. Ich besitze zwei Compilations von ihnen, die ich ganz gut im Ohr habe. Die beiden einzigen Alben, „Head“ von 1993 und das selbstbetitelte Album von 2015 kenne ich hingegen gar nicht. Somit kenne ich auch nicht alle Songs der Setlist. Das macht aber nichts, denn die Band zieht simpel, aber effektiv ihr Ding durch. Von früher sind noch Gitarrist und Sänger Mark Sutcliff (Foto) und Gitarrist Dave Crawte mit an Bord. Die anderen drei Musiker, unter anderem Bassist Dan Biggin, der ein Shirt seiner anderen Band Anihilated trägt, sind seit der Reunion 2014 dabei. Bei Trespass regiert vor allem die Spielfreude. Alles sieht locker und einfach aus, egal wie viel sich die Musiker bewegen, die Songs sind eingängig, die Melodien einprägsam und der Gesang kommt ebenfalls gut rüber. Wetter und Laune sind gut. Am Ende gibt es noch ihren wohl bekanntesten Song „One Of These Days“, der mich mit einem mir wohl bekannten Ohrwurm zurück zu den letzten Bierdosen ins Zelt schickt. (Daniel Müller).

 

oliver / dawson saxonGraham Oliver und Steve Dawson (Foto) sind alte Haudegen und Gründungsmitglieder von einer der größten NWOBHM Legenden, nämlich Saxon. Im Prinzip auch die Kernmänner des Fünfers Oliver/Dawson Saxon, der mit "Rock 'n' Roll Gypsy" loslegt. Schon beim zweiten Song "Strong Arm Of The Law" bekommt der Verfasser dieser Zeilen im Fotograben so einen Druck durch ein fettes "Stop Get Out" von hinten aus der Menge in den Rücken gerufen, dass man beeindruckt von bester Partystimmung sprechen kann. Ähnlich wie bei Ross The Boss spielt man die Songs der damaligen Zeit, lässt eigene Stücke außen vor und hat einen Sänger, der die erforderliche Stimmlage für die originalen Songs mitbringt. Nur leider wird dann mit den langsamen Songs am Stück "Denim And Leather", "Crusader", "Dallas 1 Pm" und "The Eagle Has Landed" die Handbremse angezogen. Nach der deutschen Nationalhymne spielen sie selbst "Princess Of The Night" und "Motorcycle Man" auch noch einen Dreh langsamer. "Redline" und "And The Bands Played On" beenden einen agileren Auftritt für die Augen als ihr Midtempo für die Ohren bereit hält, hat viele textsichere Mitsinger im Publikum und lässt zumindest in Erinnerungen schwelgen. (Joxe Schaefer).

 

denner / shermannMercyful Fate werden zwar für immer in meiner ewigen Top Fünf verweilen, aber ich bin sehr enttäuscht von dem, was es hier heute zu sehen gibt, und es geht vielen anderen in der Menge genauso, wie sich später in zahlreichen Gesprächen herausstellt. Unter dem Banner Denner/Sherman ist das legendäre dänische Gitarrenduo nun seit 2014 unterwegs. Eine EP und ein Album gibt es. Bassist Marc Grabowski ist eine nette und coole Sau und erledigt seinen Job hervorragend. Auch das Zusammenspiel der Herren Denner (Foto) und Sherman grenzt an Perfektion. Kommen wir nun zu den beiden Leuten, die heute alles kaputt machen. Das ist zum einen der Aushilfsschlagzeuger, der mal mit Hank Sherman bei Fate spielte, und sich in einem Song so verhaut, dass die gesamte Band den Song mittendrin abbrechen muss. So etwas habe ich das letzte Mal vor zwanzig Jahren auf einem Schulfest gesehen. Megapeinlich! Hinzu kommt, dass das nervig getriggerte Schlagzeug klinisch klingt und auch holprig gespielt ist. Aber auch Sean Peck, der letztes Jahr mit Death Dealer auf dem H:O:A war und vielen noch von Cage her bekannt sein dürfte, erwischt heute keinen guten Tag. Seine Stimmlage ist ohnehin nicht die angenehmste, aber es wirkt auch alles sehr aufgesetzt. Dass Denner/Sherman als erste Band im Dunkeln spielen und Peck dabei eine Sonnenbrille trägt, ist die eine Sache, dass er mit seinem übertrieben langen Matrixmantel als schlechter Rob Halford-Klon daherkommt, eine andere. Wenn es gesanglich okay wäre, würde ich ja nichts sagen. Aber er klingt trotz seines hohen Gesangs nur in den tiefen Stimmlagen wie King Diamond. Bei den hohen Tönen versagt er kläglich, obwohl er sich sichtlich abkämpft. Auch der Abschlussatz „We are Denner/Sherman!“ kommt irgendwie dämlich rüber. Aber auch das Songmaterial will heute nicht so richtig zünden. Die eigenen Songs sind sperrig und gehen einfach nicht ab. Von Mercyful Fate gibt es mit „Evil“, „Curse Of The Pharaohs“, Desecration Of Souls“ und „Black Funeral“ entschieden zu wenig. Dass während „Evil“ jedoch tatsächlich eine Fledermaus sichtbar für viele über das Gelände fliegt, ist wiederum erwähnenswerter als der Gig an sich. Eine Riesenenttäuschung, wie gesagt: nicht nur für mich. (Daniel Müller).

 

rageZum Abschluss gibt es dann mit fast einer halben Stunde Verspätung Rage meets Refuge. Peavy (Foto) kommt heute sowohl mit alter als auch mit neuer Besetzung daher. Mit dem Titeltrack und Opener des neuen Albums „The Devil Strikes Again“ halten die sympathischen Ruhrpottler die Meute aber wach. Es gibt noch ein bisschen Rage mit „Until I Die“, „Days Of December“, „Back In Time“ und „End Of All Days“, bevor Gitarrist Manni Schmidt und Drummer Chris Efthimiadis die Bühne entern, die gemeinsam von 1987 bis 1993 mit Peavy bei Rage waren und seit Ende 2014 unter dem Namen Refuge Old School Sets spielen. Auch heute gibt es Klassiker wie „The Missing Link“, „Solitary Man“, „Enough Is Enough“, „Nevermore“ und „Firestorm“, bevor es mit der aktuellen Rage-Besetzung einen Zugabe-Jam gibt. Wie immer bei Rage gibt es „Higher Than The Sky“ am Schluss mit endlos langem Singsangpart. Im Mittelteil kommt ein improvisiertes Medley mit Coversongs, von denen vor allem „Holy Diver“ heraussticht, das von Gitarrist Marcós Rodriguez gesungen wird. Er wird von Peavy nicht nur als „brasilianischer verschollener Sohn Dios“ angekündigt, sondern er kommt sogar tatsächlich dem Original stimmlich sehr nah. Bei Rage gibt es sowohl hymnischen Ohrwurmcharakter als auch technische Perfektion. Seine neuen Mitmusiker ballern arschtight die Songs runter. Dagegen sind Refuge lockerer Spaß, der aber ebenfalls gut funktioniert. Man merkt, dass Peavy mit langjährigen Freunden Musik macht und wieder Spaß daran gefunden hat. Von den Monitorsoundproblemen auf der Bühne, welche die Band beklagt, merkt man im Publikum nichts. Dass Peavy vor „Higher Than The Sky“ dem Soundtechniker sagt, dass er beim letzten Song auf Soundprobleme scheißt und er ruhig wieder gehen kann, findet in der Menge guten Anklang. Mit einem unterhaltsamen Set und spaßigen Ansagen findet das H:O:A: mit Rage, die 2007 schon mal hier waren, ein cooles Ende. 2017 kommen wieder garantiert wieder, es sind schon Atlantean Kodex, Black Hawk, Blind Illusion, Paragon, Pretty Maids, Rock Goddess, Stormwarrior und Warrant bestätigt. (Daniel Müller).



Autor: Daniel Müller, Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer