Der Detze Rockt VI

Daun, Sportplatz Rengen, 18.06.2016

Das kleine aber feine Festival in der Eifel ist jedes Jahr Anlaufpunkt für Heavy Metaller mit dem Herz an der richtigen Stelle. Und dabei war es bislang ziemlich sekundär, ob es stürmt oder schweinekalt ist wie in den Jahren zuvor. In diesem Jahr war es am ersten Festivaltag etwas zu nass, aber ein paar Schauer sind ja nichts neues für die Gegend hier. Jedoch der aufgeweichte Wiesenboden sorgt noch am zweiten Festivaltag für flächendeckende Dreckspritzer an den Hosen, die ebenso dazu gehörten, wie die gute Laune, die dadurch keinesfalls getrübt wurde. Am Freitag konnte der Verfasser dieser Zeilen leider nicht zugegen sein, obwohl Infernal Assault, Iron Bastards, Baphomets Blood, Night Demon und S.D.I. ihre Sets zockten, über die man am Samstag noch immer spricht.

final fortune Weil The Great Cold aus Marburg gesundheitsbedingt absagen mussten, springen Final Fortune aus Bitburg ein, den zweiten Tag zu eröffnen. Sie spielen Heavy Metal as Heavy Metal can be und zwar auf eine erfrischende Weise, ohne dass ihr achtziger Metal nur einen Deut angestaubt klingen würde. Was diese junge Band von vielen anderen unterscheidet, ist die angenehme Tatsache, dass man ihre Songs wiedererkennen kann. Dazu treten sie in stilechtem Outfit und überzeugender Performance auf. Zwar besitzen Songs wie "Raised On Rock" und „Hungry For Love“ simple Beats mit einfachen Bassläufen, sind aber definitiv starkes Songmaterial. Eine Speedwumme haben sie auch im Programm, die heißt "Suicide Attack" und macht die vom Vortag geschundenen Knochen fit. Nach einer halben Stunde ist leider schon Schluss. Sehr schade, denn von dieser Band hätte man definitiv noch mehr vertragen können. Super aber, dass die Jungs so schnell einspringen konnten und so früh am Tag schon ein echtes Highlight darbieten.

 

thrashing pumpgunsDanach wird es etwas kantiger. Die Thrashing Pumpguns aus St. Pauli mögen ihren Thrash so punkig, dass manche Besucher auch darin Crossover hören. Der Auftakt ihres Gigs wird schon gleich zur Nebensache, da es sich vor der Bühne zwei junge Schlammcatcherinnen zur Aufgabe machen, sich gegenseitig mit Matsch einzuseifen und mit Showeinlagen die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Glücklicherweise nehmen sich die Hamburger auf der Stage selbst nicht zu ernst, können ihre Prise Humor auch auf die Audienz übertragen und haben kein Problem damit, die Einlage der beiden Besucherinnen zu kommentieren. Dazu bleibt etwas Zeit, denn ihr Drummer beschäftigt sich eh grad mit der Behebung eines technischen Problems. Im weiteren Verlauf bekommen sie mit Songs wie "Moshferatu" von ihrer „The Lord Is Back“ EP die Audienz aber auf ihre Seite, denn es war einiges an Gebange und Luftgitarren zu beobachten.



axewielderEin Fundstück bei Ausgrabungsaktivitäten der Veranstalter sind die Brühler Axewielder, die zuletzt im Jahre 2009 von sich reden machten, als sie das Album „The Nightcrew“ veröffentlichten, von dem sie heute auch den Opener "Heavy Metal Zombies" zocken. Sie kommen als Trio und ihr kerniger Heavy Metal mit straightem Punch ist nun genau das richtige für die Audienz, dem Wetter trotzend weiter steil zu gehen. Offensichtlich erfreuen sich Axewielder noch immer ausgeprägter Beliebtheit und Messerschmitt Basser Gordon Overkill übernimmt für einen Song die Vocals. Unglücklicherweise beginnt zu Ende ihres Auftritts die nächste Regenschauer.

 

messerschmittDie Action geht nahezu nahtlos mit Messerschmitt aus Remscheid weiter, die in der jüngeren Vergangenheit nicht nur im Ruhrpott für Randale sorgten. Das hat sich inzwischen auch bis in die Eifel herumgesprochen, dass die Jungs auf dem Billing landeten. Selbstredend liefern sie auch hier in Rengen eine mehr als solide Speed Metal Show ab, allen voran ihr posender Basser Gordon, der sich ja zuvor schon bei Axewielder etwas aufwärmte. Man rockt gegen eine Regenschauer an und hat Erfolg, denn die Sonne kommt wieder raus. Messerschmitt haben übrigens ihr nagelneues Album „No Dread To Kill“ im Gepäck, das natürlich auf schwarzem Gold erhältlich ist.

 

distillatorWer es bislang noch nicht geschafft hat, das Trio Distillator einmal live zu sehen, der war sehr gespannt auf den nächsten Auftritt. Die Senkrechtstarter aus Enschede punkteten bereits mit ihrem Debütalbum „Revolutionary Cells“ und live unter anderem beim Eindhoven Metal Meeting. Shouter und Gitarrist Desecrator nutzt mit seiner verspiegelten Explorer die gesamte Bühnenbreite und brüllt in jedes aufgestellte Mikrofon. Ihre actionreiche Performance ist gesäumt mit Tributen an alte Helden. Vielleicht haben sie fast so viel Nebel wie Venom, spielen aber cool alte Slayer an. Doch auch durch eigene Granaten wie "Bloody Assault" kann den Holländern ein starker Auftritt bescheinigt werden.

 

metal inquisitorSelbiges gilt auch für die folgenden Koblenzer von Metal Inquisitor, die durch ihr erhabenes Songmaterial ganz sicher auch dann völlig abgefeiert werden würden, wären sie mit ihren Schuhen auf dem Boden festgeschraubt. Apropos Schuhe: Shouter El Rojo wurde vor ihrem Auftritt in der Audienz, in der auch die Solinger Death Fist zu Gast sind, mit Nylonturnschuhen gesichtet, die behelfsmäßig mit Gaffatape umwickelt waren, womit er sich gegen Matsch schützte. Auf den Bühnenbrettern geht es dann ohne Gaffa, aber die Bemerkung, dass er früher in der Eifel das Skifahren gelernt habe und das Wetter seit dem so geblieben wäre, konnte er sich nicht verkneifen. Zwar sind die Fans alle festivalerprobt und können etwas Regen locker wegstecken, was bei Knallern wie "Call The Banners" und „Zombie Driver“ auch wirklich nicht so schwer ist, aber nach der Ansage fing es zu Ende des Auftritts tatsächlich noch einmal kurz an zu regnen.



mythraWirklich Oberklasse war die Idee der Veranstalter, die alten NWOBHM Recken Mythra in die Eifel zu holen. Der Fünfer punktete bereits auf dem Brofest 2015 und blieb beim Verfasser dieser Zeilen positiv in Erinnerung. Der Fünfer bringt "Reaching Out" vom neuen Album, "Face In The Mirror" und die Eskalationsballade "Together Forever". Einfach geil die roughen Vocals und die Soli, während eine Gitarre weiterrifft. Ihr zügig zackiges Material drückt sich locker voran und das Publikum schreit nach "Heaven Lies Upon", "Overlord" und "Death And Destiny" noch eine Zugabe heraus. Ein herrlich geiler Auftritt.



diamond headEtwas sehr lang ist die Umbaupause bis zum Feuerwerk von Diamond Head, ein Quintett, welches das jüngere Publikum nur durch mehrere Coverversionen kennt, derer sich eine Band namens Metallica annahm. Die Größe der NWOBHM bekleidet zu Recht den Headlinerposten, wie man jetzt erleben darf. Im Gegensatz zu den Bands zuvor haut man auf ein abgespecktes Drumkit, aber richtig cool ist mal Neusänger Rasmus Andersen, stimmlich fit, bringt viele Ansagen auf Deutsch, immer auf dem Sprung, klettert auf Boxen und Masten und zeigt sich besonders mit Bassist Eddie sehr agil auf den Brettern. Die Band um das letzte verbliebende Originalmitglied Brian Tatler an der Gitarre stellt ihr neues, selbstbetiteltes Album vor, welches sie zum Beispiel mit dem sofort mitsingbaren „Shout At The Devil“ berücksichtigen und mal ganz nebenbei erwähnt so tight und zackig spielen, wie sich das Feeling des Albums ins Herz bohrt. Ihre alten Hits fehlen nicht, denn mit "Electric", "Lightning To The Nations" und den o.a. Originalen von "Helpless" und dem letzten Stück „Am I Evil“, die dem Publikum bestens bekannt sind, haha, schmettert man die absoluten Pflichtsongs. Als Antwort auf die Rufe nach Zugabe bringen die Briten den unbekannteren Klassiker "Streets Of Gold". Danach hält Drummer Karl, sichtlich bewegt vor Begeisterung, noch eine lange Dankesrede vor den jubelnden Fans, bevor das Geschehen auf der Bühne des diesjährigen Der Detze Rockt sich dem Ende neigt. In 2017 sehen wir uns hier sicher alle wieder, ob Unwetter oder Vulkanausbruch.  



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer