MAGNUM, REDS` COOL

Bochum, Zeche, 08.05.2016

Magnum sah ich das letzte Mal im November 2014 im Zuge ihrer Promotour zu ihrem zwanzigsten Studioalbum "Escape From The Shadow Garden", welches im März des selben Jahres veröffentlicht wurde. Etwa zum Zeitpunkt der Tour wurde damals das etwas kitschigere "Christmas Day" auf Maxi wiederveröffentlicht. Der Gig in Osnabrück, mit den mir damals unbekannten englischen Ronin als Support, war ohne Frage klasse, zeigte aber das kongeniale Duo Catley / Clarkin doch etwas von der weicheren Seite. Im Februar 2016, also knappe zwei Jahre nach ihrem letzten Output, hauen die Briten das nächste Album mit dem Titel "Sacred Blood -Divine- Lies" raus. Selbiges, welches unter vielen Kritikern schon zum besten Werk ihres zweiten Karriereabschnittes zählt, zeigt durch die Bank weg etwas härtere Anschläge von Tony Clarkin, ohne dabei aber die wunderschönen Melodiebögen und die einmalige Instrumentierung vermissen zu lassen. Die "Divine" Lies Tour 2016 startete Ende April in Deutschland mit hier acht Gigs und führt die Rocker nach einigen Stippvisiten in der Schweiz und in den Niederlanden wieder in ihr Mutterland zurück. Bei den deutschen Konzerten werden sie von den russischen Reds' Scool supported. Die Zeche ist heute richtig gut besucht, ja fast ausverkauft und dabei bunt gemischt. Neben alten Rockern und zahlreichen Engländern findet sich auch viel Jungvolk ein, deren Geburtsjahr eher in den 90ern und damit rund zehn Jahre nach Veröffentlichung von "On A Storyteller's Night" zu suchen sein dürfte.

 

reds' coolUnd der russische Fünfer Reds' Cool mit Keyboards vom Band und ansonsten typischer Metalgarnitur, sprich zwei Gitarristen, von denen der eine nicht nur äußerlich an einen Glenn Hughes zu glorreichen Deep Purple Zeiten erinnert und einem Shouter in der perfekten Mischung aus David Coverdale und Robert Plant, liefert gleich ein richtig fettes Brett ab. Wow, was für ein Groove und welch hammerartige Riffbretter, die einem da entgegen geschmettert werden. "Love And Pain" hat einen leicht schleppenden Start und entwickelt sich dann zu einer richtigen riffigen Rocknummer mit coolen, leicht rauchigen Vocals und hymnisch daher kommenden Melodien. "Hey You" mit ebenfalls gitarrenlastigem Beginn kommt dann im klassischen Riffrock in Anlehnung an die bekannten Australier daher. Auch "Bite" gibt sich voll im klassischen Retrogewand mit knackigen Drums, durchgehenden Riffs, einer tollen Leadgitarre und blueslastiger Stimme. "Love Behind" mit Keyboards vom Band klingt etwas psychedelischer und ist eine wirklich tolle Nummer, die mit viel Applaus bedacht wird. Sänger Slava Spark bedankt sich dafür auch ganz artig bei den wirklich gut mitgehenden Bochumern. Der achte Song titelt "Strangers Eyes" und geht als eine Art Powerballade mit klarem Chorus und wieder tollen Sechssaitern über die Bühne. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass das Set schon eine dreiviertel Stunde andauert und damit ja bald das übliche Ende eingeleitet werden dürfte. Aber nix da. Mit der bluesigen "Bed Story" und dem irgendwo zwischen Sleeze, Rock und Blues einzuordnenden Rausschmeißer "Feel You" dürfen uns die Jungs glatt zehn Nummern um die Ohren ballern und haben damit in mir, und ich bin mit Sicherheit nicht der einzige, glatt einen neuen Fan gefunden. Super Songs, überzeugende Show. Lohnt sich, bleibt da zu konstatieren und ganz schön heavy für eine Vorgruppe von Magnum.

 

magnumNachdem Harry James am rechtsseitig thronenden Drumkit und Mark Stanway gleichsam am erhobenen Keyboard auf der linken Seite ihre Plätze eingenommen haben, beginnt pünktlich um 21:15 Uhr der Auftritt der Engländer. Und umgehend, sprich mit den ersten Klängen zum Opener "Soldier Of The Line", ist die Hölle los. Magnum brillieren und Bob Catley im weißen Hemd mit Sonnenbrille und durchweg wehendem Haar in Front der mittig positionierten Ventilatoren überzeugt richtig. Er geht auf die Fans zu, wirbelt, turnt herum, hat sichtlich richtig Spaß und Laune. "On A Storyteller's Night" als Knaller direkt hinterher und es gibt kein Halten mehr, so dass der Titeltrack vom neuen Album praktisch übergangslos gleich mit aufgesogen wird. Der eher introvertierte Tony Clarkin brilliert, Mister James bearbeitet knackig die Felle und der neben Bob noch am meisten aktive Al Barrow drangsaliert seinen Viersaiter. Heraus kommen richtig fette, ja hammerrockende und durchweg stark groovende Songgranaten, die nicht nur zum Jubeln, zu zahlreichen "Whoohoo"-Chören sondern auch zum richtigen Bangen verleiten. Richtig fett groovend "Dance Of The Black Tattoo". Kräftig und heavy das nachgelegte "Crazy Old Mothers" und auch das riffige "Blood Red Laughter" macht richtig Laune. Wow, selten habe ich Magnum so stark und vor allem so hart rockend gesehen. Ganz viel "Hehehe" und sich fast duellierende Bass- und Gitarrensoli bei "How Far Jerusalem". Bei "Unwritten Sacrifice" und "Twelve Men Wise And Just", jeweils mit viel Klatschen begleitet, brilliert Herr Stanway an den Tasten. "Les Morts Dansant" dürfte bereits seit Veröffentlichung in 1985 Teil einer jeden Setlist von Magnum sein und wird heute vom wieder richtig magnumriffigen und fast metallisch daher kommenden "Princess In Rags (The Cult)" abgelöst. Nach dem rockigen "Vigilante" und eineinhalb Stunden tollen Magnum verschwinden unsere Heroes das erste Mal von der Bühne. Sitzend und mit einem Herrn Catley neu gedresst in Jeansjacke wird "The Spirit" nur in Begleitung der E-Gitarre angestimmt, steigert sich zusehends und knallt am Ende nur noch rein. Zum x-ten Male gehen die erhobenen Hände von links nach rechts, dabei sind alle Augen auf unseren blonden Fronter gerichtet und mit "Kindom Of Madness" endet ein wahrlich geiler und wirklich heute bretthart daher gekommenen Rockgig allererster Sahne. Und wie heißt es so schön, je oller umso doller und das nach vierundvierzig Jahren.



Autor: Andreas Gey - Pics: Andreas Gey