BRDIGUNG, NEUROTOX

Ludwigsburg, Rockfabrik, 28.04.2016

Nach mehreren Tagen schlechten Wetters scheint an diesem frühen Abend erstmals wieder die Sonne im schwäbischen Ludwigsburg. Wir genießen ein paar Sonnenstrahlen, während wir vor der Rockfabrik warten. Sobald sich die Pforten jedoch öffnen, ist uns das Wetter herzlich egal, denn drinnen erwartet uns an diesem Abend feinster deutscher Punkrock aus dem Ruhrgebiet. BRDigung, von vielen bereits als die Nachfolger der Toten Hosen auf dem deutschen Punktrockthron bezeichnet, geben sich die Ehre. Unterstützt werden sie dabei von der weniger bekannten, aber annähernd genauso guten Band Neurotox. Genug der Vorworte, rein in die Location und ran an die Bühne.

neurotoxUm Zwanzig Uhr sollte die Show eigentlich beginnen, jedoch kommt Neurotox mit einigen Minuten Verspätung auf die Bühne. Was jedoch nicht weiter tragisch ist. Dadurch kann man noch gemütlich sein Bier an der Bar im hinteren Teil des gemütlichen, kleinen Clubs leeren und sich dann durch die schon zahlreich anwesenden Zuschauer vor die Bühne kämpfen. „Wenn Neurotox den Motor anschmeißen, geht es nur noch mit Vollgas nach vorne!“ So lautet der erste Satz in der Bandbeschreibung auf der offiziellen Homepage der fünf Punkrocker aus Rheinberg. Und diesen Satz bestätigen sie auch. Auf der beschaulichen, kleinen Bühne ist es zwar für fünf Musiker relativ eng, doch die Bühnenpräsenz, die Sänger Benny und seine Bandkollegen ausstrahlen, hätte auch für größere Bühnen gereicht. Mit nur kurzen, aber prägnanten Ansagen und viel schneller Musik heizen Neurotox dem Publikum ein, das bereits Bewegung sehen lässt. Auch die Animationsversuche von Benny werden vom Publikum beantwortet. Vor allem ihre Coverversionen von „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ und „König von Deutschland“ sowie „Nicht Wie Du“, der erste Song des noch nicht erschienenen neuen Albums, werden frenetisch abgefeiert. Dass die Band sichtlich Spaß hat, sieht man ihnen deutlich an. Es wird auch nicht zuletzt dadurch deutlich, dass sie mit dem Publikum scherzen. Jedoch, komplett ausflippen wollen die Zuschauer noch nicht so recht. Bei der vorherrschenden Hitze muss man seine Kräfte allerdings auch noch ein wenig schonen für das, was noch kommen sollte. Bevor sich Neurotox dann nach etwa einer Dreiviertelstunde von der Bühne verabschiedet, heizen sie noch kräftig für den Mainact des Abends an. Ein gelungener Supportact für BRDigung. Leider war nur der Sound noch nicht einwandfrei. Nun hieß es kurz nach draußen und frische Luft schnappen, bevor das folgen sollte wofür wir hier sind.

 

brdigungWieder zurück in der Hitze der Rockfabrik warten die Leute bereits voller Spannung vor der Bühne. Nach etwa einer halben Stunde Pause ertönt dann die Melodie von der Sendung mit der Maus, bevor endlich BRDigung die kleine Bühne entert. Durchaus passend für eine derart chaotisch wirkende Band. Sänger Julez und Co. legen dann gleich los mit „Autonome Extrem“, einem Song vom neuen Album, der gleich wild gefeiert wird. Das Publikum ist sofort gut drauf und nach wenigen Sekunden bildet sich bereits ein Moshpit vor der Bühne. Nach den ersten Songs macht Julez dann klar, dass es ihm noch nicht heiß genug ist und animiert die Leute noch mehr Gas zu geben, worauf sie gerne hören. Auch BRDigung scherzen mit dem Publikum und miteinander. Während sie sich gegenseitig Foppen, verrät uns Julez, dass es eigentlich ein trauriger Tag ist. Das ist natürlich nur die Anmoderation für den Song „Die Fürstin von Monaco“. Nach einigen weiteren Songs und einem Lob an Neurotox folgt dann eine Aktion, die viel Gelächter auslöst. Julez hatte plötzlich drei kleine Pillen in der Hand und fragt, wer vom Publikum gerne eine Sexpille hätte. Zwei verteilt er, nimmt die Dritte selbst und weiter geht’s mit dem dazu passenden Song „Nicht Mein Problem“. Auch die Ansage dazu bringt das Publikum zum Lachen, da Julez erzählt, wenn man mit der Frau von jemandem im Bett war, solle man zu ihm sagen: “Hör zu, ich hab deine Alte gebumst, aber keine Sorge, du musst nichts dafür zahlen!“

brdigungNur einen Song später teilt uns Julez dann mit, dass die Pille Wirkung zeigte. Allerdings beeinträchtigt dies seine Leistung auf der Bühne nicht. Überhaupt gibt BRDigung bisher alles. Es ist Bewegung auf der Bühne, sie rocken ihre Lieder fehlerfrei, sie bringen das Publikum in Fahrt und sie genießen den Abend in vollen Zügen. Auch nach mittlerweile neun Songs verstehen die Musiker es noch immer, das Publikum mitzureißen. Das ist auch nötig, denn zum folgenden Song muss getanzt werden. Wenigstens dann, wenn man in seiner Jugend etwas fülliger war, allerdings bleibt kaum jemand ruhig stehen, als „Tanz Dickes Kind“ ertönt. Das dazu abgefeuerte Konfetti ist nett anzusehen und sorgt für Spaß, zumindest bei den Leuten, die zusahen, wie andere auf dem rutschigen Boden weiterhin moshten. Nun gönnen sich die Jungs auf er Bühne selbst einen etwas ruhigeren Song, um etwas neue Kraft tanken zu können, denn auch ihnen steht mittlerweile neben Spaß auch die Anstrengung im Gesicht. Nach „Endlose Nacht“ drehen sie dann allerdings wieder auf, von Ermüdungserscheinungen keine Spur. Als es nun schon langsam aufs Ende des Gigs zugeht, erklärt Julez noch, warum der Song „Sprengt Die GEZ“ nicht auf dem neuen Album, sondern als kostenloser Download über ihre Homepage erhältlich ist. Der Anwalt der Band, Bassist Jones, war überrascht, dass sie einen Anwalt haben, rät ihnen davon ab, da der Song als gewaltfördernd angesehen werden könnte. Nach Meinung von Julez ist der, Zitat: „Kriegstreiberischen Mist“ aus den Nachrichten eher gewaltfördernd. Draufhin folgt dann natürlich besagter Song. Nach siebzehn Songs ist das Reguläre Set beendet und Julez sagt uns, wir sollen uns nun vorstellen wie sie von der Bühne gehen, wir eine gefühlte halbe Stunde nach einer Zugabe rufen, bevor sie wieder auf die Bühne kommen. Gesagt getan und schon wurde die aus drei Songs bestehende Zugabe gespielt. Bestehend aus „In Goldenen Ketten“, „Keiner Stirbt Allein“ und „Kein Kompromiss“. Die Jungs geben noch mal alles und genießen die letzten Songs in vollen Zügen, bevor sie dann völlig erschöpft, aber eindeutig glücklich ihre ausgezeichnete Show für heute Abend beenden, bedanken sie sich noch einmal beim Publikum und allen, die ihnen geholfen haben.

Nach einigen Minuten finden sie sich dann noch für Autogramme und Gespräche am Merchstand ein, ebenso wie auch Neurotox, bevor ein wunderbar rockig, punkiger Abend endgültig zu Ende geht. Hier dürfte wirklich jeder auf seine Kosten gekommen sein.



Autor: Chris Föhrenbach - Pics: Chris Föhrenbach