JULIETTE & THE LICKS, WACO

Köln, Bürgerhaus Stollwerck, 26.04.2016

Misstrauisch schaue ich mir den gerade niedergehenden Hagelschauer an, es ist der 26. April, aber die Witterung ist alles andere als frühlingshaft. Gleich soll es zum Bürgerhaus Stollwerck in Köln gehen, in dem sich heute Abend  Juliette & The Licks die Ehre geben. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Show seit Wochen ausverkauft. Das war schon das letzte Mal vor acht Jahren der Fall beim Konzert im Kölner Gloria. Mit genügend Zeitpolster geht es nun los in Richtung Köln, und natürlich trifft Murphys Law wieder zu. Keine fünfzehn Minuten und das Auto steht trocken im Rheinau Hafen-Parkhaus, also noch fast  45 Minuten Zeit, die 100 Meter zur Location zurückzulegen. Zufällig haben wir noch zwei Tickets übrig, die uns förmlich aus den Händen gerissen werden. Natürlich zum Selbstkostenpreis, schließlich sind wir ja keine widerwärtigen Schwarzmarkthändler. Glücklicherweise ist der Vorraum vom Stollwerck schon geöffnet, so dass man nicht im Regen draußen warten muss. Nun bewegen sich die Zeiger auf 20:00 Uhr, und der Einlass beginnt pünktlich. Am Fotograben angekommen, findet erst einmal der übliche Small Talk mit dem zuständigen Security Mitarbeiter statt. Getreu dem Kölner Motto „Man kennt sich, man hilft sich“, Insider wissen warum.

wacoVoll im Zeitplan steigt jetzt gegen 21:00 Uhr die mir vollkommen unbekannte, britische Supportband Wacoaus der Gegend um North Yorkshire, Jersey und Coventry auf die Bühne. Aufgrund ihres recht farbenfrohen und hippiemäßigen Outfits denke ich noch jetzt 'bloß nicht wieder so eine retro-psychedelische Mucke, das passt ja gar nicht hierhin' und dann feuern die Jungs ihre erste Breitseite ab. 1-2-3-4 und ab geht die Luzie, hellyeah das geht in die Beine, in dem Rhythmus wo jeder mit muss. Die Truppe, die mehr nach geflippten Ibiza Urlaubern aussieht, hämmert astreinen Schrammel-und Garagerock raus, so dass es eine pure Freude ist. Laut eigener Aussage ist ihr höchstes Anliegen, den Noise in die Köpfe der Leute zu transportieren, ähnlich wie Hausbesetzer in einer leerstehenden Wohnung. So kann ich mir das eine oder andere Grinsen kaum verkneifen, gerade bei Songs wie z.B. „Dungeness“. Englandurlauber wissen, das Dungeness aufgrund des dortigen Kernkraftwerkes so ziemlich die hässlichste Stelle an der britischen Küste ist. Aber die Krabben sind mindestens doppelt so groß wie normal. Waco heizt das Publikum auf alle Fälle schon einmal gut vor, und nach knapp 35 Minuten ist ihr Set durch. Jetzt heißt es schnell ein Bierchen mit den Jungs am Merchstand trinken, bevor es weitergeht.

Setlist: Salem, SE17, Wrangler, Jezebels, Rotten Tooth, Dungeness, Agitation

 

juliette & the licksKurzer knapper Umbau und dann betreten The Licksdie Bühne, gefolgt von Juliette Lewis. Mag sein, dass meine Sehkraft altersbedingt etwas nachlässt, aber auf dem ersten Blick ist alles wie früher. Die Lady im hautengen weißen Einteiler, der mit amerikanischen Sternen verziert ist und das obligatorische Stirnband, allerdings heute ohne Federn. Wie ein Derwisch rockt sie auch direkt los, der drahtige durchtrainierte Körper keine Sekunde im Stillstand. Irrwitzige Verrenkungen, jaggermäßige Choreographie und ihre Mimik zeigen mehr als deutlich, wieviel Spaß sie wieder auf der Bühne hat. Juliette zieht alle Augen auf sich und ihre Mitmusiker werden mehr oder weniger zur Bühnendekoration degradiert. Die Frau gibt heute einfach alles oder sogar noch ein wenig mehr. So ist sie und so lieben sie die Fans! Kokett fragt sie zwischendurch „Doyouknowmyname?“ und die Meute brüllt Juliette! Jetzt fliegt das Stirnband weg, die Haare wirbeln herum und die Klassiker der Juliette & The Licks Phase donnern durch den Saal. Logischerweise hält im Publikum auch keiner mehr still, und die Masse springt und feiert die Songs. Zwischendurch kommt das eine oder andere neue Stück dazu, so dass ich schon sehr gespannt auf die nächste Platte bin, die im Laufe des Jahres erscheinen soll. Juliette läuft auf Hochtouren und sucht ständig den Kontakt mit dem Publikum, immer wieder springt sie in den Graben für Shakehands mit den Fans. Überflüssiges wie endlose Soli oder gar Balladen gibt es heute nicht. Okay, eine Ausnahme möchte ich euch natürlich nicht verschweigen. Zwischendurch stimmt sie den Song „Proud Mary“ an, relativ sanft und träge und bringt ihn dann in einer saftigen Punkversion zu Ende. Nach einer guten Stunde ist das Programm durch, aber natürlich gibt es noch eine Zugabe. Wieder auf der Bühne erinnert Juliette kurz an den jüngst verstorbenen Prince und spielt ihm zu Ehren seinen Megahit „Purple Rain“. Es folgen zwei weitere Stücke, als letztes der Kracher „You’re Speaking My Language“ und die Show ist nach insgesamt etwa 90 Minuten leider zu Ende. Kleiner Kritikpunk, auch wenn es der Stimmung keinen Abbruch getan hat. Den Sound kann man im Bürgerhaus deutlich besser hinbekommen.

Setlist: Smash And Grab, Mind Full Of Daggers, Sticky Honey, Any Way You Want, Purgatory Blues, Killer, This I Know, Hello Hero, Got Love To Kill, Proud Mary, I Know Trouble, Get Up, Purple Rain, Hot Kiss, You’re Speaking My Language



Autor: Pistol Schmidt - Pics: Andrea Breitenbach