DIRKSCHNEIDER, ANVIL, PALACE

Bochum, Zeche, 23.03.2016

palaceUdo Dirkschneider will mit den Accept Songs abschließen. Ob das so ernst zu nehmen ist, wie andere Künstler mit der eigentlichen Bedeutung von Abschiedstourneen umgehen, wird die Zeit zeigen. Fakt ist aber, dass Begriffe wie Abschied sehr gute Verkaufsargumente sind; die Zeche meldete schon früh 'Sold Out'. Zwei weitere Bands sollen diese Zeremonie begleiten. Es eröffnen die Metaller von Palace aus Speyer, die bereits sieben Alben veröffentlicht haben, zuletzt "The Seventh Steel" im Jahre 2014. Das Schlagzeug steht ganz am Rand der Bühne aufgebaut. Weil heute jeder Drummer auf seinem eigenen Holz prügelt, waren schon drei Kits aufgebaut und nehmen entsprechend Platz weg. Die drei Frontleute von Palace rocken eh nicht als gäbe es Kilometergeld, von daher halb so wild. Mit nicht ganz so rougher Stimme wie Udo brüllt sich Shouter Harald Piller durch das knapp halbstündige Set. Sie bekamen mit ihrem Metal in Härtegraden auf Hardrockniveau aber einige Arme hoch, da haben Songs wie "Between Heaven And Hell", "The Healer" und "Machine Evolution" gut gewirkt.

 

anvilAnvil haben grad ihr neues Album "Anvil is Anvil" raus. Zum letzten Mal sah der Verfasser dieser Zeilen die Kanadier in Münster, das müsste 2011 auf der "Juggernaut Of Justice" Tour gewesen sein. Ihre Merchfrau Dalila traf ich zuletzt im September 2012 in New York, wo sie für unseren Livebericht des Kreator/Accept Konzertes am Time Square die Fotos schoss. So klein ist die Welt. Anvil Shouter und Gitarrist Lips reißt derweil als Soundcheck gleich ein Solo vorn am Bühnenrand. "We Are Anvil And We Play Heavy Fucking Metal" ruft er in den Tonabnehmer seiner roten Flying-V und ab die Post! Die Setlist beinhaltet heute einige Überraschungen, wie zum Beispiel "Oh Baby" vom ersten Album, was sicher noch nicht viele der Anwesenden live gesehen haben. Songs wie "Bad Ass Rock 'n' Roll", "Winged Assassins" und "Free As The Wind" machen Laune und zeigen eine spielfreudige Band, in der jeder über ausreichend Zeit für Soloparts verfügt, inklusive dem traditionellen Vibratorsolo. Der Piratensong "Daggers And Rum" wird die Kanadier live sicher noch einige Zeit begleiten, ein markanter Track, der für Abwechslung sorgt. Nach dem letzten Stück "Metal On Metal" ist die Stunde wie im Flug vergangen.

 

u.d.o.Zeit für Dirkschneider, die am Tag zuvor in Köln gastierten. Um sich musikalisch von seiner Accept-Ära zu verabschieden, wähle Udo ein Banner mit seinem Nachnamen und brüllt sich durch Songs der Accept-Alben Nummer zwei bis sieben. Dabei greift er auf seine Band zurück, mit der er zuletzt auch unter dem Banner U.D.O. auf Tour war. Von David Lee Roth dringt "Just A Gigolo" aus den Boxen, dann das Intro und man eröffnet unter grellem Licht mit "Starlight", "Living For Tonight" und "Flash Rockin' Man". Zu "London Leatherboys" würden fettere Chöre seiner Band besser wirken, aber wir bekommen heute die Versionen von Udos Band aufgetischt, die natürlich schon ihre kleinen Abweichungen von Original haben, sei es nur von der Stilistik der beiden Gitarristen her, die sich noch genügend Raum für eigene Interpretationen nehmen. Der Panzer selbst, erwartungsgemäß in Camouflage gedresst, bewegt sich vor und zurück, hält sich mit Ansagen sehr kurz und performt Klassiker wie "Midnight Mover" und "Breaker".

u.d.o."Head Over Heels" kommt dagegen mit bekanntem Bassintro wie eins zu eins von Accept übernommen. Nach den beiden 1982er Epen "Neon Nights" und "Princess Of The Dawn" wurde die Zeche mit "Winter Dreams" überrascht, das auch ohne den Glockenschlag zündet und reichlich Applaus bekommt. "Restless And Wild" und "Son Of A Bitch" spielt man in einem Abwasch, bringt sonst aber keine Medleys. Nach "Up To The Limit" darf die Audienz gleich noch einmal Zeuge zweier Raritäten werden, die Accept nicht spielen, nämlich das schnelle "Wrong Is Right" und eine blitzsaubere Version von "Midnight Highway", mein absoluter Favorit heute Abend. Geil auch "Screaming For A Love Bite", in dem uns Udo mit super Höhen punktet. Die sehr wuchtigen Drums wirken in Tracks wie "Monsterman", "TV Wars" und "Losers And Winners" noch etwas mehr, welche die letzten Stücke des regulären Sets sind, denen im Zugabenblock noch das erwartete "Metal Heart" und ein sehr schnelles "I'm A Rebel" folgt. Zum Startschrei von "Fast As A Shark" verdreht der Sanitäter neben mir endgültig die Augen, der heute sicher kein neuer Metalfan wurde. Nicht nur mit "Balls To The Wall" zum Finale steht man heute sehr nah an der Tracklist der Livealben. Mit dem allerletzten Song "Burning" waren alle zufriedengestellt, was man nach fast 130 Minuten Accept-Material auch erwarten darf.

Auf dem Weg nach draußen gabs noch Tourplakate für zwei Euro zu erwerben. Der Tourtross macht als nächstes in Ostrava zu Tschechien Halt, und wird am 31.03.2016 wieder zurück in Deutschland sein, um in München zu gastieren.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer