BABYMETAL - METAL RESISTANCE


Label:EAR
Jahr:2016
Running Time:54:26
Kategorie: Neuerscheinung
 

Babymetal sind zurück. Anfang April, ja und genau am ersten, wird das zweite Album auf die sehnsüchtig wartenden Fans losgelassen und trägt den Titel "Metal Resistance". Hartgesottene Metaller wenden sich mit Grauen ab, wenn sie den Namen nur hören und die anderen, wahrscheinlich vornehmlich weibliche Teenager, drehen fast durch. Aufklärung ist von Nöten. Mitnichten gibt der Bandname einen Hinweis auf das Alter der Mädels, auch wenn selbige mit Geburtsjahren zwischen 1997 (Su-Metal, Gesang, Tanz) und 1999 (Yui-Metal und Moa-Metal, jeweils Screams und Tanz) allesamt sehr jung sind. Der Name leitet sich von dem japanischen Kawaii ab, welches zu Deutsch süß und niedlich heißt und in Japan einen völlig überstrapazierten Begriff vor allem im Zusammenhang mit Mädchen darstellt. Das musikalische Konzept sieht eine Verschmelzung der japanischen Idol-Musik (süß, unschuldig und bunt wirkend) mit dem Metal vor, der gemeinhin als böse und dunkel angesehen wird. Diese Mixtur wird dann in kurzen Röcken, Schulmädchen-Charme und piepsigen Stimmen, genauso wie in den Manga-Comics mit allerdings irrwitzigen Tanzeinlagen der drei Mädels präsentiert, wobei selbige vielfach an Kämpfe der japanischen Samurai erinnern. Folgerichtig werden auf der Bühne auch Flaggen mit natürlich Babymetal-Logo zur Schau getragen. Das weibliche Trio wird von einer Back-Up Band namens Kami-Band, bestehend aus zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem Schlagzeuger, unterstützt, die in Corpsepaint oder mit Masken auftretend, im Hintergrund verbleiben.

Nun zum Album. Los geht es mit "Road Of Resistance", einer ultraschnellen, hoch melodiösen Nummer mit knackiger Doublebass und einem Saitengeflitze, das Herman Li fast in den Schatten stellt. Einzig die hier allerdings durchaus passenden Stimmchen machen noch den Unterschied zu Dragonforce. Schwarzmetallische Gitarren und sehr synthetisch daher kommende Drums, dann bei "Karate" mit zunächst fordernd aggressiven Shouts, dem sich dann ein merklich an Fahrt rausnehmender und zu gleichen Teilen symphonischer wie poppiger Teil anschließt. Wieder eine furiose Doublebass, böse Riffbretter und hier und da auch mal Growls auf "Awadama Fever" im Mix mit einer Überdosis Kawaii und überall quietschenden Bunnys. Schrillste Elektronikattacken und den totalen Partymix im Numetalstil dann auf "Hava!". Der nächste Song "Amore" beginnt, na klar, wenn man den Titel vernimmt, zunächst einmal balladesk, ehe kraftvolle Riffs aus dem Powermetal das Ruder brachial rumreißen und den Track wieder in eine so typische Nummer von Dragonforce, ach sorry, Babymetal übergehen lassen. Allerdings trällern die drei Mädels hier allererste Sahne. "Meta Taro" zeigt eine nahezu hymnische Eröffnung mit prägnanten Gesangslinien. Stampfende Drums, die quasi den Rhythmus beim Rudern vorgeben und folgerichtig danach einsetzende Männergesänge visualisieren nahezu die Szenerie und entführen uns in die Welt der Wikinger. Nun sind Babymetal also auch im Viking Metal angekommen und wieder ist man eher erstaunt, wie unsere Mangamädels sich auch hier gesangstechnisch ganz gut zurechtfinden. "From Dusk Till Dawn" ist an sich klarer Elektronikpop, bettet aber sehr corelastige Gitarren in fette, synthetische Soundteppiche. Harte Gitarren und wiederum im Core angesiedelte Arrangements treffen auf quietschige Stimmen auch bei "GJ!" mit "Monster, Monster, Horror!" als sich stetig wiederholender Refrain. Weg vom Core, aber weiterhin das fette Brett gibt es auch bei "Sisanger", das merklich im Death Metal angesiedelt ist. Einfach brutal extrem, wie hier die hellen Stimmen gegen die metallische Wucht ankämpfen. Mit "No Rain, No Rainbow" dann endlich eine echte Ballade, dargeboten als Powerballade in Anlehnung an die glorreichen 80iger mit grandioser Leadgitarre und einer absolut überzeugenden, ja fast erwachsen klingenden Su-Metal. Ich will nicht übertreiben, aber als Vergleich kommt mir da eigentlich nur "November Rain" von Guns 'n' Roses in den Sinn. "Tales Of The Destinies" mixt Core, Death Metal, räudig schnellen Power Metal, hier und da ertönen Growls und im Ausklang ein Klavier. Da hat man sich an den frisch fröhlichen Mix unterschiedlichster Metalstile fast gewöhnt und dann kommt als Rausschmeißer "The One", eine für Babymetal stilistisch schon fast langweilige, mehr in hymnenhaften Symphonic-Metal getauchte Nummer.

Fazit: Babymetal sind abgefahren, abgedreht, verrückt, aber auf ihre Art absolut perfekt. Gebt Euch den Ruck und lasst das Ding diverse Male rauf und runter laufen, ignoriert hier und da ein Gepiepse, akzeptiert das Chaos und die Gegensätze und ihr werdet mehr als überrascht sein. Kaufempfehlung für alle Fans und alle anderen müssen mindestens dreimal reinhören. Ach so, Babymetal besuchen am 7. Juni 2016 die Live Music Hall in Köln und sind einen Tag später in Stuttgart im LKA Longhorn.

Note: 8 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


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