CLAN OF XYMOX, PARANOID ANDROID, DYNASTIE

Hamburg, Logo, 21.02.2016

Erste Male zeichnen sich in Regel dadurch aus, dass irgendwas schief läuft. Kondome können platzen, Interviews können schief laufen und auf Konzerten können Kameras ganz unvermittelt den Geist aufgeben. Ich entschuldige mich in aller Form dafür. Was tut man dann? Mit dem Handy fotografieren und das ist nun mal schlicht und einfach wie Dubstep im Verglich mit Hardcore: Das gibt einfach kein Booom, ergo ist es wie trockenficken. Am Ende ist keiner zufrieden. Lasst mich euch dafür einfach ein Bild mit Worten malen, was bleibt mir sonst auch anderes übrig? Hamburg, Sonntagabend, 19:30 Uhr: sommerliche acht Grad, fieselt ´n bisschen. Für alle nicht Norddeutschen: Es regnet und zwar konstant. Das perfekte Wetter für ein Dark Wave Konzert. Aber wir sind ja nicht aus Zucker. Das Logo ist eine der sympathischsten Locations Hamburgs. Nicht nur weil man in ungefähr zehn Minuten vom Hauptbahnhof da ist, auch weil dieses kleine Ding schon seit 1974 existiert und tolle Mitarbeiter hat. Das muss ja mal gesagt werden. Gott sei Dank riecht es heute nur Dezent nach Patchouli. Der Altersdurchschnitt liegt irgendwo zwischen Mitte Dreißig und Vierzig.

dynastieLos geht der Abend mit Dynastie aus Witten beziehungsweise Dortmund. Die Herren spielen irgendwas zwischen Electro Pop, Wave und EBM (Selbstangabe). Sie liefern ein kurzes, aber angenehmes Set zum warm werden, man spürt ihre Leidenschaft. Der Sänger sagt noch irgendwas in Richtung Einigkeit der Szene, ich versteh es nur nicht ganz, wegen dem klingeln in meinen Ohren. Insgesamt eine solide Sache. Tanzmusik für Grufties. Kommt mir irgendwie bekannt vor, kann mich aber auch irren. Viel Computer dabei, aber das war abzusehen. Wir sind hier nicht bei Slayer. Hier ist nix mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug. Das wussten wir vorher, trotzdem ist es ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Man merkt dem Publikum aber ganz klar an, warum es hier ist. Alles wartet auf den "Clan Of Xymox".

 

paranoid androidFünfzehn Minuten nach Dynastie wird eine Flagge auf der Bühne platziert und zwei Typen erscheinen. Ja, erscheinen. Ladies und Gentlemen: Paranoid Android aus Frankfurt am Main. Sie sind ein Wesen aus einer anderen Welt. Pullover, Jeans, Turnschuhe, Sonnenbrille (bei Guido Vortex, Gesang), passt. Das hat, glaube ich jetzt, niemand erwartet. Der Herr am Keyboard wirkt irgendwie unbeteiligt und ich fühl mich an Akte X Fans erinnert. Allerdings stellt sich raus, dass der Frontmann mehr Rock `n‘ Roll im Blut als der Großteil der Sleaze Kids. "Hi, We Are Paranoid Android And We Play Rock ´n` Roll! Mit dem Computer!" Er ist so verdammt großartig. Im Nachhinein stellt sich raus, dass ihre Richtung sich "Future New Wave" schimpft. Aber hey, man kann drauf abfeiern. Irgendwo zwischen Depeche Mode, Bad Religion und Computergetüddel beschreibt das ganze wohl am ehesten. Wenn sie jetzt nicht schon die zweite Vorband wären und es nicht Sonntagabend wäre, würden sie richtig Party ins Haus bringen. Der Frontmann setzt auch alles dran, aber der Funke springt einfach nicht aufs Publikum über. Schade eigentlich. Sofort nachdem Paranoid Android sich von der Bühne bewegt haben ist kein Platz mehr davor.



clan ox xymoxKannst du vergessen, da jetzt noch hin zu kommen. Auch wenn es noch eine gefühlte Dreiviertelstunde dauert, bevor der Clan Of Xymox auf der Bühne erscheint. Gegründet 1984 in Nimwegen, sind sie eine Ikone der Dark Wave Szene (Sie stehen in einer Reihe mit Dead Can Dance, Anne Clark, Bauhaus und den Sisters Of Mercy). Die Ausstrahlung von Ronny Moorings (Gesang, an diesem Abend Gitarre) ist gewaltig. Es ist wunderschön. Anders kann man das nicht sagen. Man muss drauf stehen und ich hab mich vorher auch nicht mit ihnen auseinander gesetzt, aber wenn man einen Faible für Gothic Kram hat, dann ist der Clan Of Xymox genau das richtige. Irgendwie hab ich das Bedürfnis, mich mal wieder mit ein paar alten Bekannten auf einem Friedhof auf eine Flasche Wein zu treffen. Und wie kann man eine Band nicht mögen, die Shocking Blue's (oder war das doch eine andere Band?) "Venus" covert? Abgesehen von ein paar wirklich trommelfellzerreißenden technischen Problemchen ist das Konzert ein absolut rundes Ding. Kann man zu tanzen, kann man aber auch im Sitzen genießen. Das hier ist halt kein Konzert für Moshpits. Das hier schreit nach Rotwein und innerem Frieden. Beendet wird das Ganze dann eine halbe Stunde vor Mitternacht nach anderthalb Stunden mit einem Cover von David Bowies "Heroes". Wunderschöne Version. Da warten wir dann gerne noch eine Stunde in strömendem Regen auf unseren Zug nach Hause.



Autor: Lisa Brandt - Pics: Lisa Brandt