UNHERZ - JETZT ODER NIE


Label:MASSACRE
Jahr:2015
Running Time:49:43
Kategorie: Neuerscheinung
 

Mit meiner Tätigkeit bei CROSSFIRE werden mir, eigentlich im klassischen Power Metal zuhause, immer wieder Neuerscheinungen von Bands vorgelegt, die genremäßig dem klassischen Deutschrock zuzuordnen sind und dabei sind eine ganze Menge Bands, die kompositorisch auf höchstem Niveau agieren und die mir ansonsten wahrscheinlich nie untergekommen wären. Auch Unherz, gegründet 2008 in einem kleinen Kaff in Rheinland-Pfalz, kommen mit "Jetzt Oder Nie" bereits mit ihrem fünften Output daher und ehrlich gesagt, bis dato nix von gehört. Mit der Bewertung von Deutschrock ist das so eine Sache. Die härteren, mehr dem Industrial zugeordneten Vertreter werden meist in eine Schale mit den Berlinern mit dem rollenden "R" geworfen und für die anderen halten meist Vergleiche mit entweder Die Toten Hosen / Die Ärzte oder eben Die Böhsen Onkelz daher. Manche Kritiker machen es sich da sehr leicht, indem sie nur die Bandmembers, die Songlisten und eben aufführen, von welchen bekannten Bands wieviel abgekupfert wurde. Meist gibt es dann noch kräftige Seitenhiebe auf die Einfachheit der deutschen Texte. Aber, wie oben schon gesagt, so leicht machen wir es uns nicht. Der Opener "Jetzt Oder Nie" ist ein straighter Rocker mit punktuiert eingesetzt guten Gitarrenriffs, tollem Refrain und schönen Mitsingpassagen, die einfach Spaß machen. "Das Leben Ist So Wie Es Ist" glänzt mit einem tollen Groove und etwas schwereren Rhythmen und auch hier, einfache, verständliche Texte mit einer nicht weltbewegenden, aber wirklich guten Stimme. Wie schon zuvor zeigt insbesondere Andy Arnold, dass er durchaus seinen Sechssaiter zu verstehen weiß und entlockt selbigem, feinste melodische Linien und eben auch dunkle, fette Riffs. Kompositorisch ist Song Nr. 2 wieder ein guter, mitnehmender Rocker. Etwas balladesk angehauchte Gitarren führen dann "In meinen Träumen" ein und hier zeigt Felix Orschel ein sehr dunkles und kräftig-rauhes Organ, welches auch auf den nachfolgenden Stücken dann vermehrt zu Tage tritt. Die Harmonien erinnern hier an ganz große Heavyrocker in den 80ern und auch "Alles Wird Gut" beginnt mit eher in dem zuvor besagten Genre geprägten Gitarren. Der Rest mit wieder dunkler Stimme und klaren Onkelz-Phrasen plätschert allerdings eher so daher. Stimmt. Jetzt höre ich es auch. "Damoklesschwert" ist eine musikalische Adaption an den Südstaatenklassiker "Sweet Home Alabama" und textlich, na klar, Gesellschaftskritik, wenn es da heißt "Wir sinken immer tiefer, die Lichter gehen bald aus".

Rockiges Intro, da ein bißchen Ska und am Ende ausufernder Rock 'n' Roll beschreiben den ewigen Looser "Ronny". Abwechslungsreich, aber nicht ganz so mein Ding. "Mann Gegen Mann" ist eine Ballade mit dick melodischen Gitarren und kräftigen Vocals die in dunkelsten, im Industrial angelegten Riffs und am Ende einem so überzeugenden Refrain endet. Auch "Volle Kraft Voraus" ist ein brachial metallischer Kracher mit vielen Querverweisen an Eisbrecher / Rammstein, etc. und wird hier richtig fett abgeliefert. "Schrot und Korn" beginnt ganz harmlos mit ruhigen Akustikgitarren, ehe wieder fette, metallische Riffs das Ruder herumreißen und so wieder in einen dicken Stampfer mit dunklem Chorus übergehen lassen nach dem Motto "Wer den Wind sät, muss den Sturm ertragen. Wie es reinschallt, kommt es auch wieder zurück". Dazwischen eine kindliche Stimme, die den Refrain nochmals mit klarster Stimme und für jeden verständlich, wiederholt. "Never Walk Alone" mimt wieder den typischen Deutschrocker mit klassischen Riffs, hier aber ein um das andere Mal tollen Leads und ein Mix aus deutschen und englischen Phrasen. Wow, was für eine Gitarre bei "Nie Allein" und welche hymnischen Elemente im Chorus. Hallo? Wir sind im Deutschrock, sowas Tolles darf es hier doch gar nicht geben. Ich wünsche nicht, dass hier irgendwelche Genregrenzen überschritten werden! Im Digipak wurden als Bonus ein Cover von "Ich Sing Ein Lied Für Dich" drauf gepackt. Ersparen wir uns hier die Kritik. Ist ja nur ein Bonus. Keinesfalls fehlen darf allerdings "Seite An Seite" mit bewegender, phasenweise griechischer und an alte Schlagerkünstler erinnernder Akustikgitarre und, ja ich weiß, voll kitschigem Text, aber so schön, dieser "...metallische Geschmack...". Ich hoffe, dass es mit Unherz, wie in "Seite An Seite" so schön besungen, ganz hoch hinaus geht. Verdient hätten es die Vier aus der Pfalz auf jeden Fall.

Note: 7.5 von 10 Punkten
Autor: Andreas Gey


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