KROKUS - HEADHUNTER


Label:ARISTA
Jahr:1983
Running Time:37:18
Kategorie: Classics
 

Also wenn man da keine Frühlingsgefühle bekommt, dann weiß ich auch nicht. Bei mir waren die Knospen auf jeden Fall prall gefüllt, als ich das erste mal diese Scheibe hören durfte. Bei Muddi versteckt in der Schublade musste sie Jahre der Einsamkeit verbringen, das arme Ding. Das gute Stück von 1983 wurde dann aber rauf und runter gespielt. Obwohl der erfolgreichste Hit offiziell „Screaming In The Night“ war, gibt es noch einige andere Leckerbissen auf dem Teller. Das Coverart ist aus heutiger Sicht vielleicht ein ganz klein wenig...naja, doch ziemlich kitschig. Ein auf Hochglanz polierter Schädel mit den gekreuzten Oberschenkelknochen im Hintergrund. Darüber als geworfener Spiegel oder eine Art Heiligenschein pink-violette Lichtstrahlen, die sich in dem Bandnamen in gewohntem Schriftzug und dem Albumtitel bündeln. Die 80er eben.

Wenn man den Traum aus Chrom und Violett dann verkraftet hat und endlich die Playtaste drückt, ist man sofort - und wirklich sofort - Fan dieser Platte, vorausgesetzt man steht auf Hard Rock. In dem ersten Track „Headhunter“ kommt einfach alles zusammen was Rock zum Erfolg geführt hat. Marc Storaces fantastische Stimme á la AC/DC und Co. schockt, Fernado van Arb und Mark Kohler jaulen klassische Gitarrenriffs und Soli bei, Chris von Rohr bombt sich bassmäßig durch und Steve Pace, der auf der Platte das einzige Mal bei Krokus zockt, passt wie Arsch auf Schlagzeughocker. „Headhunter“ ist jedenfalls einer der besten Hard Rock Songs, die in den 80ern gemacht wurden. Und der Fuß bleibt auf dem Gas, denn „Eat The Rich“ steht Headhunter kaum in etwas nach. Der Refrain bleibt eeewig im Ohr!: „Eat The Rich The Rich, Eat The Rich The Rich, Don´t You Know Life Is A Bitch…”. Danach wird es etwas gediegener. Für mich einer der schwächeren Songs des Albums, worüber man aber wohl streiten kann, denn immerhin war es genau der Song, der am meisten abgefeiert wurde. Wahrscheinlich aber, weil er eben doch mal wieder das Verlangen nach dem „der harte Rocker hat sich am Ende DOCH unsterblich verliebt und trauert um den Verlust“ -Klischee bedient. Was sein muss, muss eben sein. Bei „Ready to Burn“ brülle ich bis heute mit. Meine Nachbarn kennen das mittlerweile und fühlen sich nicht mehr in Lebensgefahr. Der Song ist eben geil, das fand unter anderem sogar Judas Priest Urgestein Rob Halford, der für den Song seine zarte Stimme zur Verfügung gestellt hat und im Back mitträllert. Der Song hat aber auch wirklich alles was ein guter Rock Song braucht, eine flotte Melodie und fette Gitarren, die auf dem ganzen Album nicht zu groß und nicht zu schrammelig produziert wurden. Außerdem gibt es alle Wörter, die man so braucht: „Leather, Steel, Chrome, Wheels, Burn, Power, Heavy Metal“ und ganz viel fiese Lache. Daraus muss entweder ein Rock Song oder eine Bauanleitung für eine Eric Adams Actionfigur werden. Der letzte schnelle Höhepunkt schließt sich dann mit „Night Wolf“ an, wobei Storace das „Night“ so artikulieren kann, dass er quasi zubeisst. Sehr beeindruckend. Eine absolute Hymne auf die Rock ´n´ Roll Nacht und ein Muss für den CD-Player, während man sich für einen wilden Abend präpariert. Es folgt ein ebenfalls zügiger Track. „Stayed Awake All Night“ ist ein Cover der Kanadier BTO (Bachmann Turner Overdrive). Der Song fetzt, aber wenn man ihn fünf mal hintereinander hört, macht einen das „cool“ und weitere Wiederholungen irre. „Nightwolf“, „Headhunter“ oder „Eat the Rich“ kann man allerdings auch 10 Mal hintereinender hören und sie kicken trotzdem noch. Es folgt der eher unbekannte Titel „Stand And Be Counted“, der an den Zusammenhalt appelliert. „White Din“ eröffnet mit 1:50 Minute eine ganz andere Seite von Krokus und gibt mit seinen sphärischen, rein instrumentalen Klängen die Einstimmung für den letzten Song „Russian Winter“. Hier zeigt Storace noch mal, dass er stimmlich „High In The Sky“ einfach drauf hat. Ein Song im mittleren Tempo, das tanzbar ist und ins Ohr geht. Auf dem Album ist von Herzschmerz über „Let´s-Stand-Together“ bis hin zu rücksichtslosem ‚Die-Straße-gehört-mir-Gebretter’ alles dabei. Krokus spielen hier feinsten Hard Rock ohne auf Retro zu machen oder überproduziert zu sein. Ein absoluter Klassiker, mit dem die Schweiz nicht neutral bleibt und ihre Schokolade schön behalten kann. Ich will jedenfalls keine Schokolade, wenn ich „Headhunter“ hören kann.

Tracklist:
1. Headhunter
2. Eat The Rich
3. Screaming In The Night
4. Ready To Burn
5. Night Wolf
6. Stayed Awake All Night
7. Stand And Be Counted
8. White Din
9. Russian Winter

Note: 10 von 10 Punkten
Autor: Dörte Hahn


zurück zur Übersicht