W.A.S.P. - GOLGOTHA


Label:NAPALM
Jahr:2015
Running Time:55:48
Kategorie: Neuerscheinung
 

Blackie Lawless hat in jüngerer Vergangenheit wenige Chancen ausgelassen, sich durch arrogante Egotrips und Playbackshows unbeliebt zu machen, dass sich so einige Fans abwendeten. Aber auf der anderen Seite hatte er schon immer eine Waffe, die es einfach verhindert, den Gesetzlosen bis in alle Ewigkeit mit Ignoranz zu strafen, nämlich klasse Songs. Waren doch die Vorgänger "Dominator" und "Babylon" schon nicht von schlechten Eltern, zeigt er es der Welt, dreiunddreißig Jahre nach Gründung von W.A.S.P., wie hoch das Qualitätslevel heute wieder anzusiedeln ist. Es waren jetzt sechs Jahre Pause ohne ein Album, dafür war die Band live sehr aktiv. Und man ließ sich ausgiebig Zeit für die analogen Aufnahmen, was sich letztendlich gelohnt haben soll. Schon im Opener "Scream", mit sehr anhörlichem Mittelpart und ausdrucksstarkem Abschluss-Solo, haben Hammonds eine tragende Rolle im Back. "Last Runaway" gab es zuvor auch schon im Netz zu hören, ein äußerst singleverdächtiger Song. Das kann man auch von "Shotgun" behaupten, das von Ripp-Offs und vom einfachen Chorus profitiert. War klar, das nach diesem Eröffnungstriple nicht noch ein Qualitätsmonster im High-Energy-Level folgen wird, denn der gemächlichere Killer "Miss You", mit gleich noch einem grandiosen Solo im Finale, setzt sich genau zwischen den Augen fest, wie auch ein hymnisches "Fallen Under" sehr gut mundet. "Slaves Of The New World Order" findet dann wieder den Einstieg in den zügigeren Level der hohen Energie, die an der Band so geschätzt wird, während "Eyes Of My Maker" als punchiger Boxer der unter die Gürtellinie geht. Das hymnische Titelstück kommt mit seinen acht Minuten, eine Länge wie zwei weitere Tracks, zum Ende und beinhaltet nichts anderes als die beste W.A.S.P. Essenz. Da verkommt der Ausstieg von Drummer Mike Dupke, bereits durch Patrick Johansson (Yngwie Malmsteen) ersetzt, leider nur zur Randnotiz.

Golgotha ist übrigens ein hebräisches Wort, das die 'Stätte der Schädel' beschreibt. Angeblich soll Blackie ja auch zum Glauben zurückgefunden haben, was aber ganz offensichtlich nicht zu Promozwecken missbraucht wird, wie bei anderen großen Namen im Genre. Passend zur beschriebenen Lokalität das Cover, das bedrohlich wirkt und dem Betrachter noch genügend Spekulationsspielraum lässt. "Golgotha" verbindet geschickt die beiden typischen Trades der Band. Nämlich die ohrwurmtaugliche Power der ersten drei Scheiben, verpackt mit der Epik und dem Aussagecharakter eines Konzeptalbums in den einzelnen Songs, die noch als kompakt empfunden werden können, obwohl sie alle über fünf Minuten Spielzeit haben. Quasi die Stärken zu eingängigster Theatralik gebündelt. Ein "Blind In Texas" oder ein "Heaven's Hung In Black" sind also nicht drauf. Und allein die Tatsache, dass ich hier sitze und grüble, warum das so gottverdammt scheißegal ist, dass ein mega Überfliegerhit fehlt, zeugt allein schon von dem sehr hohen Niveau der Platte. Denn die ergießt sich als eines der geilsten W.A.S.P. Alben ever, ohne auf einem Konzept zu beruhen, sondern mit neun für sich selbst stehenden Anwärtern zum Klassiker beinhaltend. Hatte Blackie schon in den Achtzigern getönt, dass Queensryche zwar das Können haben, aber W.A.S.P. dagegen die Songs, gebe ich nur ungern zu, dass die oben beschriebene Mischung auf "Golgotha" gegenüber der Mixtur auf "Condition Hüman" der Seattle Progger die Nase vorn hat. Und sogar auch vor dem sehr starken "The Book Of Souls" von Iron Maiden. Und das sind Worte von jemandem, der nie wirklich W.A.S.P. Fan war.

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Joxe Schaefer


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