ROSE TATTOO - SAME


Label:WEA
Jahr:1978
Running Time:36:48
Kategorie: Classics
 

Da hat man sich schon damit abgefunden, dass man seine Hard Rock-Gier mit AC/DC, Thin Lizzy, Black Sabbath und Co. befriedigen muss, da kommt plötzlich Rose Tattoo um die Ecke. Für mich war es wie ein warmer Sommerregen. Aber mal im Ernst, die australischen Halunken müssten doch wirklich bekannter sein als sie sind. Da stimmt doch was nicht! Aber vielleicht ist es ja auch gerade das, was stimmt. Mit ihrem ersten Album Rose Tattoo, oder auch Rock `n` Roll Outlaw, öffneten die fünf mir jedenfalls erst mal die Hose. 1976 hatten sich die „kleinen Brüder“ von AC/DC gegründet und legten sich musikalisch schnell auf eine ziemlich schnörkellose Hard Rock Schiene fest, die gemixt mit einer Prise Punk und einer großen Schippe Slide Guitar von Peter Wells (Ex-Buffalo) überall wiederzuerkennen ist. Aufgrund meines Alters war Rock `n` Roll Outlaw nun nicht meine erste Rose Tattoo Scheibe. Umso mehr freute ich mich dann aber darüber, sie zu entdecken. Die Platte ist ein absoluter Knaller und Klassiker. Und das schon angefangen beim Cover. Ursprünglich zierte die Front nur das Logo mit seinen zwei Schlangenköpfen und zwei Rosen, der Schriftzug der Band und es gab 10 Tracks. In Deutschland erschien das gute Stück dann aber etwas gepimpt als CD Form mit einigem Bonusmaterial. Das Cover trägt hier immer noch Schriftzug und Logo, aber auch eine schwarz weiß Bildcollage. Latzhose, Tattoos, Glatze, geplatzte Nähte. Alles drauf. Für die Ohren gibt es dann noch einige Zusatzsongs, die je nach Auflage variieren.

Coverart hin oder her, das eigentliche Bonbon ist natürlich der Inhalt. Gleich zu Beginn, lullt sofort die Slide Guitar des „Rock `n` Roll Outlaw“ Riffs ein. Zack -  ist man gefangen. Der Song ist zwar schon ein wenig ausgedudelt, hat aber eben genau diesen Foot Stomping Groove, der einen schon nach den ersten paar Takten nicht mehr los lässt. Witzig ist, dass Helen Schneider mit dem Titel in salonfähiger Ausführung unter dem Titel „Rock ´n´ Roll Gypsy“ in den 80ern in Charts landete. Da waren die Jungs wohl zu wild. Der zweite Track heizt einem weiter ein. „Nice Boys“ kommt, sieht und siegt. Schnell, hart und immer wieder schön. Der Song erklingt von Rose Tattoo natürlich ohne die ganzen Axl Rose-„Nananananans“, die zwar auch fetzen, nicht zuletzt weil die ganze Soundqualität bei Guns `n` Roses fetter ist, aber eben auch nicht fehlen. So richtig in die Hüfte geht dann „The Butcher And Fast Eddie“. Ian Rilen (Ex-Band of Light) brummt solide seinen Part und trägt den Song auf dumpfen Sohlen. Obwohl der Song mit 6:32 Minuten der Längste des Albums ist, was im Vergleich zu Jethro Tulls „Thick As A Brick“ mit 43 Minuten natürlich abstinkt, wird er nie langweilig. „One Of The Boys“ grooved einen dann wieder auf Betriebstemperatur und ist wohl die Hymne für alle, die eine Harley fahren, fahren wollen oder niemals fahren werden. Dann ist aber Schluss mit lustig und Gary „Angry“ Anderson bläst mit „Remedy“ zum Angriff auf die Nackenmuskeln, Faulheit und Eintönigkeit. Ein geniales Riff, bei dem der kleine Kahlkopf sich immer wieder gern bei Auftritten das Mikro an die Birne knallte bis das Blut floss. Rough and mean geht es weiter mit „Bad Boy For Love“, dicht gefolgt von „T.V.“, der einer der weniger bekannten Titel der australischen Rocker sein dürfte, genau wie „Stuck On You“. Das ist wiederum einer der „gefühlvolleren“ Songs, der zwar nicht textlich, aber musikalisch der „kuscheligste“ der gesamten Werke der Jungs ist, abgesehen von „No Secrets“ (Southern Stars) und „Calling“ (Beats From A Single Drum). Die genialste Stelle des Songs: “I had a fish named Sam, he lived in bowl, I heated up the water, so he wouldn't get cold”. „Tramp“ trifft einen danach hart, aber fair. Er ist einer der besten Songs, den sie je gemacht haben. Schnell, klar, angry und bitter. Hier schließt sich dann „Astra Wally“ an, der sich geschmeidig an Tramp“ anschmiegt und so das Finale der Platte nicht bremst, sondern man sofort wieder den Playknopf bis zum Anschlag drückt. In den späteren Versionen schließt sich dann ein ganz unterschiedliches Arsenal an Bonus Tracks an. Meistens sind „Snow Queen”, „Suicide City”, „Rock ´n´ Roll Is King” und „I Had You First” dabei. Es gibt dann auch noch Variationen verschiedenster Livemitschnitte einiger Songs. „Rock ´n´ Roll Is King“ ist dabei ein besonderes Sahnebonbon, bei dem selbst gestandene, haarige Männer in Tränen ausbrechen. „Suicide City“ und „Snow Queen“ sind auch solider Rose Rock, haben es aber nie zu großer Bekanntheit gebracht. Toll an dieser ersten Scheibe ist, dass fast alle Songs zu Rose Tattoo Must Plays geworden sind. Bis auf 2 oder 3 Nummern wird noch heute lautstark verlangt. Auch wenn die Produktion nicht die größte, ausgefeilste oder bombastischste ist, überzeugt die Scheibe jeden Hard Rock Freund mit rauer Eleganz. Man hört, dass von den furchtbaren Schicksalsschlägen noch nichts zu ahnen war. Angry stand voll im Saft und auch Mick Cocks (R.I.P), der nicht nur Live ein absolutes Original war und sich mal eben eine Flasche Whisky während des Auftrittes reinschüttete, Rilen (R.I.P), der im Knast Bass lernte, weil Wells (R.I.P) sich der Slide Guitar zuwand und Dallas "Digger" Royall (R.I.P) waren voller Energie. Man hört einfach, dass die Jungs auf der Platte nichts anders machen, als sie ihr Leben lang erfahren haben. Rock ´n´ Roll is King!

Tracklist:
01. Rock 'N' Roll Outlaw
02. Nice Boys
03. The Butcher And Fast Eddy
04. One Of The Boys
05. Remedy
06. Bad Boy For Love
07. T.V.
08. Stuck On You
09. Tramp
10. Astra Wally

Note: 9 von 10 Punkten
Autor: Dörte Hahn


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