Bäääm-Festival

Kierspe-Rönsahl, Gut-Haarbecke, 31.07.2015 - 01.08.2015

Dass man das Bäääm auf das erste Augustwochenende legte, an dem für gewöhnlich im Norden ein anderes großes Heavy Metal Open Air stattfindet, zeigte sich im Nachhinein als gute Entscheidung. In Kierspe blieb das Wetter ohne Regen und somit gab es auch null Schlamm. Bei der Location von Gut-Haarbecke handelt es sich um ein Atrium eines Gutshofes, überdacht von einem schattenbspendenden Fallschirm, umgeben von Wiesen. Beste Voraussetzungen für den Metaller also, die Kuh fliegen zu lassen.

Tag 1, Freitag, 31.07.2015: Masters Of Disguise, Tri State Corner, Macbeth, Darkness, Nitrogod, Refuge.

masters of disguiseIn Metallerkreisen längst etabliert haben sich Masters Of Disguise, denen die Aufgabe zukam, das zweite Bäääm-Festival zu eröffnen. Dementsprechend leichten Stiefels absolvierten sie diesen Job, gut eingespielt und mit mächtig Dampf nach vorn. Nach den letzten beiden Zugängen durch Jens an den Drums und Wolle an der Gitarre standen hier noch immer 60% von Roxxcalibur auf der Bühne. Jedoch durfte hier mit Speed-Metal gerechnet werden, natürlich der alten Schule, wie nicht nur "Never Surrender" vom ersten Album zeigte. Einziger Patzer war der Wurf von Shouter Alex eines Bandshirts in die Menge, welches auf dem Fallschirm landete. Weil zum Schluss noch etwas Zeit war, wurde noch einmal "Into The Fire" gezockt. Ein starker Auftritt des Fünfers, den man sich auch locker später im Billing hätte vorstellen können. Was die geheime Abkürzung CDFV auf den Gitarren von Kalli Coldsmith zu bedeuten hatte, verriet er mir später. Den Lesern sei nur so viel gesagt, die Lösung war weniger spektakulär, als vielleicht vermutet.



tri state cornerContradiction aus Wuppertal haben am Festivaltag abgesagt. In Zeiteskürze konnte kein Ersatz gefunden werden, dass Tri State Corner eine Stunde später mit ihrem Set begannen. Die Band aus Burscheid, mit Chris Efthimiadis am Schlagzeug, machte einen strammen Beat mit Bouzouki. Chris sollte am selben Tag noch mit Refuge einen Gig von zwei Sunden Länge absolvieren, eine nicht ganz alltägliche Doppelbelastung, der er aber standhalten würde. Der Sound von Tri State Corner war aus Sicht der Metaller Off-Topic, zumal sich durch die Bouzouki ein Hauch von Folklore breit machte, doch die rockigen Parts konnten zum Mitwippen bewegen.

 

macbethVon allen Bands auf diesem Planeten, die sich den Namen Macbeth gaben, waren dies hier die Erfurter, die früher mal Caiman hießen. Mit fettem Sound und deutschen Kriegslyrics bohrten sie sich durch ihren Set. Die deftigen Vocals waren verständlich, dass viele eindeutige Schlagworte aus der Thematik deutlich wahrnehmbar waren und als gezielt eingesetzt bezeichnet werden durften. Sehr passend zu ihrem grolligem Sound mit prägnanten Bässen, welcher wie ein Kettenpanzer durch das Atrium des Guts fuhr. Ihr Shouter benutzte auch gern den Fotograben mit, wenn ihm die Bühne grad zu klein wurde. Das neue Album der Thüringer wird übrigens "Imperium" heißen und kommt im September in die Läden.

 

darknessDas Urgestein von Darkness aus Altenessen ist heuer wieder sehr aktiv und hat grad die EP "XXIX" draußen, von der "Hatte Is MS Engine" gebracht wurde. Hier auf dem Bäääm glänzten sie erfrischend mit oldschool Thrash, mit dem die Band bereits in den Achtzigern kräftig den Underground aufmischte, aber leider nie zu den Genregrößen aufschließen konnte. Dann kam die Zeit, als die Band unter dem Namen Eure Erben weitermachte, allerdings deutschsprachig. Glücklicherweise haben sie ihre alten Wurzeln noch nicht vergessen, denn so durften die Ginger des Bäääm diesen coolen Auftritt miterleben. Der Song "Staatsfeind" stammt allerdings aus alten Harkness Tagen, in denen man sonst auf englische Titel setzte. Sie verballerten das Gut-Haarbecke amtlich, eine Lokation nebenbei erwähnt, die wie für Heavy Metal Konzerte wie geschaffen war.

 

nitrogodsDie Hardrocker von Nitrogods um ex-Thunderhead Gitarrist Henny Wolter waren derzeit bei vielen Metallern sehr beliebt, daher durfte man gespannt auf ihren Auftritt auf dem Bäääm sein. Eine Woche vor dem Auftritt machte die Meldung die Runde, dass Drummer Klaus Sperling ins Krankenhaus gekommen sei, was aber wohl nur ein Routinecheck gewesen sein soll. Denn hier rockte er hinter der Schießbude wie die Sau oder auch mal nur auf einer Bierflasche am vorderen Bühnenrand. Durch ihre Interpretation von Rock 'n' Roll konnte man sich sicher sein, dass der Dreier schon mal Motörhead gehört hat und ebenfalls beste Bierlaune verbreitete. Shouter Oimel machte jedenfalls von seinem Bierbecherhalter am Mikrofonständer reichlich Gebrauch. Songs wie "Irish Honey", "Damn Right (They Call It Rock 'n' Roll)" ihrem Anthem und das finale Cover von Rose Tattoo "Nice Boys" brachte für den Headliner klasse Stimmung in den Innenhof.

 

refugeEs hat sich gut rumgesprochen, dass Refuge nichts anderes als die Rage Besetzung von "Perfect Man" bis "The Missing Link" waren. Shouter und Bassist Peavey sprach  sogar von der Originalbesetzung. In den zwei Stunden ihres Auftritts war genug Zeit, sich neben den Bandhits auch um Songmaterial aus der zweiten Reihe zu kümmern, mit dem man so nicht gerechnet hatte. "Power And Greed" vom "Trapped!" Album zum Beispiel, oder das cool epische "Lost In The Ice" vom "Missing Link" Album. Die Band wirkte entspannt und agierte zueinander kumpelhaft, als hätten sie sich nie getrennt. Der Spaß am Auftritt war ihnen anzusehen, und der stand auch klar im Vordergrund. Damit, dass Peavey alle Refrains von "Invisible Horizons" unfallfrei hinkriegt, hat auch niemand gerechnet. Mit Sirenengeheul ging es in die erste Zugabe "Firestorm", dann folgte "Don't Fear The Winter" und natürlich "Refuge", der Titeltrack ihrer 1993 EP, zum Abschluss. Geile Sache, die keine Minute langweilig war und die Messlatte für die neubesetzten Rage hoch legte.

 

Tag 2, Samstag, 01.08.2015: Desperation, Salem, Asgard, Lonewolf, Wizard, Jutta Weinhold Band, Necronomicon, Grailknights, Mystic Prophecy, Debauchery, Death Dealer.

desperationDesperation waren die erste Band des Bäääm 2015 aus dem Ausland. Die Belgier durften den zweiten Festivaltag eröffnen, und das schon um fröhliche 11:00 Uhr. Damit warfen sie viele Banger aus dem Schlafsack, aber wer dem Gig beiwohnte, wurde sehr positiv überrascht, dass der Spruch mit dem Wurm und dem frühen Vogel absolut anwendbar war. Ihr Shouter glänzte mit tiefer und rauer Stimme sowie durch absolut bodenständige Ansagen, ein markanter Teil in ihren Songs. Nicht nur durch die Eskalationsballade "Escape" vom zweiten Demo war ihr Auftritt bestimmt durch einen hohen Anteil von seichteren Klängen, die vom Sound des Basses her an "Defender" von Manowar erinnerten. Leider war ihr Acting etwas statisch, aber wer am Merch ein Shirt erwarb, bekam noch gratis ein Poster und eine CD-Single dazu. Den Namen Desperation darf man sich merken.



salem"We Are Salem From The UK And We Play Some Rock 'n' Roll For You!" rief Sänger Simon mit einer Stimme eines jungen Robert Plants der Menge zu. Was für ein Tiefstapler! Denn die sind eine waschechte Band der NWoBHM, welche von den beiden Pauls an Gitarre und Drums nach dem Split von Ethel The Frog gegründet wurden und noch im vergangenen Jahr das Warm-up des Headbangers Open Air befeuerten. Sie hatten exzellenten Sound, der besonders von Pauls Gitarre angenehm rough in die Ohren ging. So kamen die Riffs von "High Stakes", "Other Side Of Hell" und dem neuen Stück mit dem Titel "Breaking The Chains" so geil wie auf Platte. Logischerweise durfte das Titelstück ihres aktuellen Longplayers "Forgotten Dreams" nicht fehlen, eines meiner zehn Top-Alben 2013.

 

asgardVon allen Bands auf diesem Planeten, die dich den Namen Asgard gaben, und das sind nicht wenige, waren dies hier die Power Metaller aus Italien, die 2013 "Outworld" veröffentlichten, das nach dem Debütalbum "The Seal Of Madness" noch immer aktuell war. Geil hohes Tempo war ihr Metier, in dem die helle und scharfklingende Singstimme beim Publikum punktete. Zu "Hellbreaker" spielte ihr Basser "Peace Sells" von Megadeth kurz an, ein cooler Part, an dem sich Heavy Metal Bassisten gerne versuchen. "The Age Of Steel" rundete einen gelungenen Auftritt trotz ein paar kleiner Probleme technischer Art ab.

 

lonewolfDie Metaller von Lonewolf aus Frankreich hatten schon sieben Alben raus, das letzte war "Cult Of Steel" aus 2014. In schwarzem Leder legten sie los, trumpften auch mit deutschsprachigen Ansagen auf. Wer sie bislang noch nicht bei einem ihrer zahlreichen Auftritte in der Gegend gesehen hatte, konnte sich nun von den Livequalitäten ihrer Gassenhauer wie "Warrior Priest" vom "The Dark Crusade" Album aus dem Jahre 2009 oder dem Mitgröler "Made In Hell" von gleichnamigen 2008er Album überzeugen. Ihr Anthem "Lonewolf" von "Army Of The Damned", das Stück mit den geilen Running Wild Leads, durfte natürlich nicht fehlen.

 

wizardWizard aus Bocholt waren seit den Neunzigern permanent am Ball und die erste deutsche Band heute. Ganze zehn Alben hatten sie am Start und feierten bereits im letzten Jahr ihr fünfundzwanzigjähriges Bestehen. Nun stehen sie hier auf der Bühne des Bäääm-Festivals und begrüßten das schon deswegen, nicht auf einem Festival im Norden zu sein, wo man grad in Schlamm und Dreck versank. Shouter Seven war wie gewohnt sehr gestenreich unterwegs, seine Lyrics zu untermalen. Ganz sicher waren in ihrer Setlist "In The Sign Of The Wizard" vom "Son Of Darkness" Album und ein feuriges "Defenders Of Metal" zum Schluss.

 

jutta weinhold bandDie Jutta Weinhold Band lebte von Songs, die man von Zed Yago kannte. Die Fans schätzen die beiden ersten Werke "From Over Yonder" und "Pilgrimage" aus den Endachtzigern sehr. Das zeigte sich auch heute wieder, wie diese abgefeiert wurden. Jutta selbst, noch immer sehr agil unterwegs, war schon früh im Publikum zu sehen. Und sie sang, brüllte und schrie inbrünstig wie früher, vom Opener "Zed Yago" bis zum letzten Song. An den Drums saß Bubi der Schmied, ebenfalls noch von Zed Yago bekannt. Bubi sagte über sein Mikrofon zum Soundmann, dass Jutta zu laut auf seinem Monitor wäre. Der Herr Oliver Strasser von Custard rief dazu abfeiernd aus erster Reihe, dass Jutta kann gar nicht laut genug sein könne. Weiter ging es mit "The Fear Of Death", "The Spell From Over Yonder" und dem "Black Bone Song", zu dem Jutta die Fans einlud, auf die Bühne zu kommen, und danach zu "Rebel Ladies" durften die Damen bleiben.

 

necronomiconDas hätte Necronomicon aus Lörrach sicher auch gefallen. Vor einer kleinen halben Ewigkeit habe ich sie mal zusammen mit den Schweden von Wolf live gesehen, das war im alten Wasserwerk, eine interessante Location in der Heimat der Thrasher. Urmitglied, Gitarrist und Shouter Freddy stellte heuer sein neues Line-up vor, nun bestehend aus den Lawrence Brüdern an Gitarre und Bass. Die Band aus dem Süden der Republik zeigte straightes und thrashiges Gezocke, das die Menge mitriss. "Magic Forest" sollte das letzte Stück sein, doch es gab Rufe nach Zugabe und dem entsprachen Necronomicon.

 

grailknightsNicht wenige Metaller können mit Comedy im Metal nichts anfangen. Aber was ist, wenn das Dargebrachte Comedy pur ist? Eingebettet in die Einspieler "Flashdance…What A Feeling" stellten sich die Tafelritter aus Wunstorf in Kostümen von Superhelden vor, die sich farblich unterschieden wie die der Hero-Turtles. Musikalisch lagen die Grailknights irgendwo bei Powerwolf und Dschingis Khan, verabreichten reichlich Helden- und Siegesposen und forderten das Publikum häufig auf, die Muskeln zu zeigen. Ohne viel schauspielerischem Talent stellten sie während ihres Auftritts Handlungen dar, die vom Kampf um den Heiligen Gral aus den Händen des Bösen handelten. Das gipfelte zu Musik aus der Konserve in einer Szene, wie die Fünf eine sechste Person wie in Zeitlupe mit dem Schwert besiegten … wirklich wahr! Fünf gegen einen, wie feige ist das denn? Seis drum. Die Band war jedenfalls ein Spaß für Groß und Klein, dass sie danach im Publikum noch einmal für reichlich Fotos posieren durften.



mystic prophecyGanz anders wurde es danach mit Mystic Prophecy, die heute nur mit vier Musikern auftraten. Zwar war hatten die griechischen Bayern mit Connie Andreszka einen Bassisten im Line-up, jedoch flitzten diesmal nur Shouter Lia und zwei Gitarristen über die Bretter. Connie konnte leider wegen Krankheit nicht mit auftreten, dass man sich entschied, den Gig ohne ihn zu absolvieren. Ihr Drummer startete zu Beginn eines jeden Songs noch etwas was am Laptop neben ihm, dann ging es ab mit Krachern wie "Kill The Beast", "Savage Souls", Killhammer", Mitgröler "Evil Empires" und Ravenlord (kein Cover von Stormwitch). Sie zeigten sehr viel Spielfreude und waren ständig in Bewegung. Ein actionreicher Auftritt, den sie mit dem Black Sabbath Cover "Paranoid" abschlossen.

 

debaucheryMit einem AC/DC-Beat sorgten Debauchery dafür, dass Death Metal in breiteren Massen gehört werden konnte. Blutverschmiert waren auf der Bühne aufgestellte Teile von weiblichen Puppen sowie die Musiker selbst. Midtempo Songs mit groovig breitem Sound, die wie "Let There Be Blood" oft Ähnlichkeiten mit AC/DC Songtiteln haben, warf man in die Audienz und Shouter Thomas verkündete nicht ganz unstolz, dass ihre neue Scheibe "Fuck Humanity" auf Platz 48 in die deutschen Albumcharts eingestiegen war. Ohne viel Action flogen den Fans die Bandhits wie "Blood For The Bloodgod" um die Ohren. "Painkiller" von Judas Priest sollte ihr letzter Song gewesen sein, dem aber noch "Kings Of Carnage" folgte.

 

death dealerSchon kurz nachdem Cage im vergangenen Jahr hier gespielt hatten, kündigte ihr Shouter Sean Peck an, in diesem Jahr mit seinen Death Dealer aufzutreten, einer Supergroup mit Basser Mike Davis (ex-Lizzy Borden), Gitarrist Stu Marshall (u.a. ex-Dungeon), Drummer Steve Bolognese (ex-Into Eternity) und Gitarrist Ross the Boss. Die musikalisch unweit von Seans Hauptband Cage einzuordnenden Death Dealer gehörten damit schon früh zum 2015er Line-Up. Damals war aber noch nicht abzusehen, dass sie den Headlinerslot bekommen sollten, da Vicious Rumors erst ein paar Wochen vor dem Festival absagten. Eine bewegungsreiche Show lieferten die Größen ab, bei der die Halford-Posen von Sean längst in Fleisch und Blut übergegangen waren. Laute Death Dealer Rufe waren die Folge, ein sicheres Zeichen für eine abrockende Meute vor der Bühne. Sie beendeten ihren umjubelten Auftritt mit Manowars "Hail And Kill" und ihrem Bandanthem "Death Dealer". Ein neues Death Dealer Album soll im Oktober erscheinen. Wer jetzt noch konnte, feierte mit CROSSFIRE im Partyzelt zu Metalklassikern aus der Konserve ab, um das Festival ausklingen zu lassen.



Autor: Joxe Schaefer - Pics: Joxe Schaefer