DEATH SS - Das Böse hat viele verschiedene Gesichter


Ich fühle mich an dieser Stelle als alter Fan dazu verpflichtet, der Band mal auf den Zahn zu fühlen. Denn Folgendes ist passiert: Death SS feierten 2007 ihr 30jähriges Jubiläum, veröffentlichten zu diesem Anlass eine Doppel-DVD mit allen Videos und einer Menge Liveaufnahmen und gaben bekannt, dass der Gig auf dem Headbangers Open Air 2008 ihr letzter überhaupt sein würde. Das hat mir Steve Silvester, seines Zeichens Sänger, dort bei der Autogrammstunde auch noch einmal bestätigt. Nur ein Jahr später sind Death SS erneut in Deutschland für das „Thunders Over Miriquidi“-Festival in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge bestätigt worden (auf dem übrigens auch Kat und Törr spielten). Verwunderlich ist vor allem der kurze Zeitraum von nur einem Jahr Wartezeit, waren sie doch lediglich 2001 in Wacken, eben 2008 in Brande-Hörnerkirchen und dann 2009 in Annaberg in Deutschland live zu bestaunen. Ob das wirklich das Ende ist, oder ob es weitergeht, galt es herauszufinden.

DEATH SS logo INTI 2012Daniel: HELL-o Steve! Die wichtigste Frage zuerst: Wie kommt es, dass nach Eurem Abschiedskonzert auf dem „Headbangers Open Air“ 2008 doch noch nicht Schluss ist und dass ihr nach nur einem Jahr wieder in Deutschland gespielt habt? Eure DVD erschien zudem in einer Sargbox. Alles deutete auf Abschied hin. Oder haben wir nur alles falsch verstanden und es gab seit 2008 lediglich die alte Bühnenshow wieder zu sehen? Bitte kläre uns auf!

Steve: Also, zuerst einmal habe ich nie gesagt, dass auf dem H:O:A der allerletzte Auftritt von Death SS stattfinden würde. Ich habe lediglich gesagt (und den Standpunkt vertrete ich immer noch), dass die Band nach der 30jährigen Karriere nur noch für besondere und wichtige Anlässe operativ wird. Ich habe immer noch keine Pläne für die Zukunft. Mit der Band ist es noch nicht vorbei, aber sie ist derzeit „auf Eis gelegt“. „Thunders Over Miriquidi“ war eine gute Gelegenheit, wieder in Deutschland zu spielen, also waren wir dort. Ich denke, wir spielen nur noch eine Menge alter Sachen mit der klassischen Horrorshow und den Kostümen.

Daniel: Die beiden Konzerte waren phänomenal! Viele hatten sich darüber aufgeregt, dass Du keine Ansagen gemacht hast und so unpersönlich warst. Ich fand das nicht so schlimm, weil ihr mit sehr viel Verspätung angefangen habt, und ich froh war, dass ihr viele Klassiker gespielt habt, ohne Eure Spielzeit mit überflüssigen Ansagen zu vergeuden. Auf der Autogrammstunde warst Du auch nicht sehr gesprächig. Liegt das an Deiner Persönlichkeit? Bist Du einfach ruhig und zurückhaltend? 

Steve: Ich fand es immer langweilig, wenn Sänger dem Publikum zu viel erzählt haben. Die Bühne ist für den Künstler zum Singen da und nicht um große Reden zu schwingen. Bedenke außerdem, dass ich ein Vampir bin und keine alte Labertasche!

Daniel: Die komplette Bandgeschichte als Einführung an dieser Stelle aufzurollen, wäre wohl zu viel verlangt. Wir beginnen mal im Jahre 1977. Du hast Death SS zusammen mit Paul Chain gegründet (Paul Chain heißt übrigens bürgerlich Paolo Catena und hat seinen Namen einfach auf Englisch übersetzt. „Catena“ ist nämlich das italienische Wort für „Kette“! Anm. d. Verf.). Wie kam der Kontakt damals zustande? Stimmt das Gerücht eigentlich, dass die Band aus einem Zirkel praktizierender Satanisten hervorging und dass ihr Eure Musik ursprünglich als Ritualmusik für schwarze Messen angewendet habt?

Steve: Nein! Als wir uns 1977 dazu entschieden haben, die Band zu gründen, habe ich ein paar Anzeigen in Zeitungen und im freien Radio, wo ich Metal aufgelegt habe, geschaltet, um Musiker zu finden. Der erste, der kam, war Paul Chain. Nach nur einem Jahr habe ich eine okkulte Sekte gegründet, in der ich der Anführer und Paul der Priester war.

Daniel: Du hast Dir ein Konzept für die Band ausgedacht, das bis heute Bestand hat: die Bandmitglieder schlüpfen in bestimmte Rollen von Horrorfiguren. Du bist der Vampir, die Gitarristen sind der Tod und der Zombie, der Bassist ist die Mumie und der Schlagzeuger der Werwolf. Ihr habt auf der Bühne Eure Songs auch immer nachgespielt. Die Bühne ist eine Friedhofslandschaft. Die Idee ist großartig! Aber wie kam es genau dazu? Und habt ihr jemals Probleme mit Auftrittsverboten gehabt? Ausgerechnet in Italien riesige Strohkreuze zu verbrennen, ist ja doch recht gewagt, hehe!

Steve: Auf die Idee kam ich, als ich 13 war. Ich habe mich einfach dazu entschlossen, all die Dinge, die ich liebe, in einem Projekt zu verbinden: Horrorfilme, Rock´n´Roll, erotische Comics und Okkultismus. Ich hatte immer Probleme mit Priestern, Zensoren und Behörden, aber so läuft das Spiel nun mal…

Daniel: Zu Beginn Eurer Karriere (1977 bis 1983) habt ihr ausschließlich Demos und 7“-Singles veröffentlicht. Gab es damals keine Angebote für ein komplettes Album? Oder hattet ihr daran kein Interesse?

Steve: Wir haben unsere Musik einfach keiner Plattenfirma geschickt zu der Zeit… Das hat uns damals nicht interessiert!

Daniel: Ich habe mal etwas Seltsames über Death SS gelesen (ich weiß aber nicht mehr, wo das war). Du bist ja das einzig übriggebliebene Originalmitglied von Death SS bis heute. Allerdings warst Du von 1982-1984 nicht mehr in der Band, weil Du „irgendein Ritual nicht überstanden haben sollst“. War das wirklich so? Was ist dran an dieser Geschichte? Und was ist da genau passiert? Was hieltest Du eigentlich davon, dass Sanctis Ghoram Dich in diesen zwei Jahren am Gesang ersetzt hat? War das in Deinem Sinne, um Death SS am Leben zu erhalten?

Steve: Das stimmt! Das war eine Zeit, in der ich körperlich und geistig zu sehr abgebaut habe, um mit meiner musikalischen Karriere weiterzumachen. Es war jedoch keine gute Idee, mich in der Band zu ersetzen. Niemand könnte das jemals machen! Fakt ist, dass Sanctis Ghoram nur für sehr kurze Zeit dabei war und seit 2004 tot ist…

Daniel: 1984 kam es dann zur Trennung von Death SS und auch zur Trennung von Paul Chain. Ihm wird immer nachgesagt, dass er ein sehr schwieriger Charakter ist. Stimmt das? Eure Freundschaft war ja dadurch nicht beendet. Schließlich hat er noch auf Deinen Solo-Alben Gitarre gespielt.

Steve: Paul Chain ist tatsächlich komplett raus aus der Rock-Szene! Er wurde ein fanatischer Religiöser einer Sekte namens „Zeugen Jehovas“ und hasst jetzt alle Nachwuchs-Metaller, die für ihn alle Satansjünger sind… Er will nicht mehr „Paul Chain“, sondern nur noch „Paul Cat“ genannt werden, weil er jetzt seine Vergangenheit komplett leugnet. Der Mann hatte immer einen eigenen Kopf und es war immer sehr schwierig, mit ihm klarzukommen!

Daniel: Zwischen 1984 und 1988 haben sich Death SS aufgelöst. 1988 kam endlich das Debüt-Album „In Death Of Steve Silvester“ heraus. Mit diesem Titel wurde auch immer der Bandname erklärt, der eine Abkürzung für den Titel sein soll. Dass ihr mit Politik nie etwas am Hut hattet, ist ja nicht von der Hand zu weisen, wenn man sich Euer Konzept anschaut. Aber der Name Death SS ist ja schon sehr provokant; vor allem in Deutschland, wo ihr einige Alben auch unter dem Bandnamen Silvester´s Death veröffentlichen musstet. Wart ihr Euch dieser Provokation damals bewusst? Kiss haben ja ebenfalls das „SS“ im Logo, aber immer behauptet, es seien lediglich Blitze. Wie war das bei Death SS? Und was bedeutet der Name überhaupt (für alle unwissenden Leser)?

Steve: Die Bedeutung des Namens lautet „In Death Of Steve Silvester“, was den Tod meines alten Seins als „normaler Mensch“ und meine Wiedergeburt als „Steve Silvester“ unter dem Schein des Okkultismus bedeutet. Das passierte, als mir der Anstoß nach einem komplexen schwarzen Ritual im Jahre 1977 gegeben wurde. Bei diesem Ritus und unter diesem Namen habe ich all meine Musik in 30 Jahren geweiht.

Daniel: Ihr habt das Debüt-Album im Prinzip dafür verwendet, die einzelnen Charaktere der Band vorzustellen. Die Titel auf der A-Seite der LP bestand ausschließlich aus diesen Charakteren: „Vampire“, „Death“, „Black Mummy“, „Zombie“ und „Werewolf“. Auf der B-Seite war eine sehr eigenwillige Alice Cooper-Coverversion von „I Love The Dead“ zu hören. Die Musik klingt sehr eigenständig. Ihr habt Eure Musik immer als „Horror Music“, nie als Rock oder Metal bezeichnet. Welche musikalischen Einflüsse gab/gibt es für Death SS? Dein Musikgeschmack muss sehr breit gefächert sein, wenn man bedenkt, dass Death SS sich im Laufe der Jahre mächtig verändert haben.

Steve: Ich höre jede Art von Musik. Ich fing an mit dem Glam Rock der 70er Jahre mit Bands wie Alice Cooper, T-Rex, Slade, Sparks, Gary Glitter. Und dann entdeckte ich die „dunkle“ Musik wie Black Widow, Black Sabbath, High Tide, Atomic Rooster für mich. Ich liebte außerdem die erste Punk-Welle von 1977-1979 (Sex Pistols, The Damned, Ultravox, Ramones usw.) und viele andere Bands der 1970er. Dann habe ich irgendwann interessante Sachen wie Nine Inch Nails und Ministry für mich entdeckt. Ich habe viele und sehr verschiedene Einflüsse. Aber wenn ich meine Musik schreibe, denke ich immer nur an das Konzept, das ich ausdrücken möchte und kümmere mich nicht darum, ob die Einflüsse zu modern sind. Ich will einfach nur meine Musik machen!

Daniel: Das zweite Album „Black Mass“ war musikalisch dem Debüt recht ähnlich, obwohl Du bereits eine komplett neue Besetzung um Dich gescharrt hast. 1991 erschien – ebenfalls mit neuer Besetzung – das dritte Album „Heavy Demons“, das viel härter war als seine Vorgänger. Das Album war richtiger Heavy Metal und gut produziert. Ihr habt auf diesem Album auch neue Kostüme für die Band entworfen. Es war das erste Mal, dass etwas wie „Weiterentwicklung“ bei Death SS zu sehen war. Wie denkst Du heute über „Heavy Demons“? War das damals der richtige Schritt?

Steve: Klar! Für mich war es perfekt zu der Zeit! Jedes Album, das ich gemacht habe, war perfekt für die Zeit, zu der es aufgenommen wurde! Es drückte genau meine künstlerische Stimmungslage in diesem Zeitraum aus.

Daniel: Nach „Heavy Demons“ hast Du Dich erst mal Deiner Solo-Karriere gewidmet. Es fällt auf, dass viele Ex-Mitglieder von Death SS (Paul Chain, Claud Galley, Tommy Chaste, etc…) als Gastmusiker auf den beiden Alben und auf der Mini-CD vertreten waren, obwohl sie nie wieder zu Death SS zurückkehrten. Deine Solo-Alben waren viel mehr am 1970er-Rock orientiert. War das auch der Grund, Deine Solo-Karriere zu starten, weil Death SS immer Metal-lastiger wurden?

Steve: Nein! Ich habe es einfach gemacht, um mir die Zeit zu nehmen, ein neues, gutes Line-Up und einen neuen, guten Deal für Death SS zu finden.

Daniel: Es folgte 1996 die Compilation „Horror Music – The Best of Death SS“. Wie kamst Du auf die Idee, eine Best Of-CD in einem Vinyl-Gatefold-Cover zu veröffentlichen? 

Steve: Weil es schön war! Fandest Du nicht? Egal, auf jeden Fall wurde es hauptsächlich als erster Schritt für mein neues Label gemacht.

Daniel: 1996/97 habt ihr in England „Do What Thou Wilt“ aufgenommen, das für mich ungelogen eines der besten fünf (!) Metal-Alben aller Zeiten ist! Ihr habt Eure Musik facettenreicher gestaltet. Es kam ein Keyboard dazu (der neue Keyboarder wählte als Charakter „Das Phantom der Oper“) Die Atmosphäre des Albums ist beängstigend! Zudem ist es ein Konzept-Album über die Lehren Aleister Crowleys. Dass Du Okkultist bist, ist ja bekannt. Aber was ist genau Deine Faszination für Crowleys Lehren? Und wie stehst Du im Gegensatz dazu zu LaVey? Besitzt Du eigentlich auch all ihre Bücher?

Steve: Das ist eine Frage, die sehr viel Platz bräuchte, um ausreichend beantwortet zu werden. Ich kann Dir nur sagen, dass ich ein Mitglied des „Ordo Templi Orientis“ („O.T.O.“) bin. Ich besitze fast alle Bücher von Aleister Crowley. Und ich habe auch ein Exemplar der „Satanischen Bibel“ von LaVey in meiner Büchersammlung. Aber deswegen bin ich kein Verehrer von Crowley oder LaVey. Ich bevorzuge es eher, mir meine eigene Philosophie daraus zu erschaffen.“

Daniel: Kleine Zwischenfrage: Ihr wart 1993 in Italien mit Mercyful Fate auf Tour, soweit ich weiß. King Diamond ist ja bekanntermaßen LaVey-Anhänger, während Du eher auf Crowley schwörst. Gab es da irgendwelche Probleme zwischen Euch? Wie stehst Du zu King Diamond als Person und auch ideologisch? Lustig finde ich übrigens auch, dass sowohl DEATH SS als auch Mercyful Fate jeweils Songs mit den Titeln „Come To The Sabbath“ und „Mandrake Root“ hatten (völlig unabhängig voneinander!). Hast Du das gewusst?

Steve: Ich kenne King Diamond schon lange und ich kann nur sagen, dass er ein sehr netter Mensch ist; aufrichtig und immer vorbereitet auf das, was er sagt. Mein „Come to the Sabbath“ ist ein Coversong von Black Widow aus dem Jahre 1970. “Mandrake Root” ist dagegen ein originaler Death SS-Song, den ich 1989 als B-Seite für die “In the Darkness”-7”-Single geschrieben habe.

Daniel: Wie kommt es eigentlich, dass „Do What Thou Wilt“ in Italien bereits 1997, in Deutschland aber erst 1999 erschienen ist? Ihr solltet 1999 ursprünglich auch auf dem Wacken Open Air spielen, der Gig wurde aber gecancelt (nur deswegen bin ich damals übrigens auch nicht hingefahren!). Was waren die Gründe dafür?  

Steve: All das passierte deshalb, weil es Probleme zwischen meinem italienischen Vertrieb „Self Distribuzione“ und dem Deutschen Verleger „Last Episode/B.O. Records“ gab, was ein ziemlicher Abzocker-Haufen war!

Daniel: 2000 erschien das Album „Panic“, welches die bislang größte Veränderung von Death SS aufwies. Die Gitarren waren nicht mehr so im Vordergrund, die alten Kostüme wurden gegen Lack- und Lederkostüme ausgetauscht und die Musik wurde auch zunehmend moderner. Zudem wurde die Besetzung von Death SS mal wieder grunderneuert. Was hat Dich damals dazu bewogen, den Stil und das Konzept so drastisch zu ändern? Es gab auf den Single-Auskopplungen des Albums auch viele Remixe, die so elektronisch waren, dass man sie sich gar nicht mehr anhören konnte. Und was bedeutet der Albumtitel eigentlich? Wenn man sich Euer Konzept so anschaut, würde ich nicht auf die „Panik“ an sich tippen, sondern eher auf den Gott Pan.

Steve: Jede neue Death SS-Platte ist ein neuer Schritt in der Entwicklung der Band. Die Entwicklung ist nicht nur musikalischer Natur, sondern es geht um jeden einzelnen Aspekt der Band. Auf dem „Panic“-Album wollte ich ein Konzept ausdrücken, das mit dem Panischen Theater von Jodorowsky verknüpft ist, verbunden mit der „bizarren und esoterischen Kunst des Kultes des Gehörnten Gottes des Humors und der Dunkelheit“. Die Musik war einfach nur deshalb moderner, weil das Horror-Magie-Konzept moderner war als der klassische Gothic-Horror-Stil der vergangenen Alben. Die neuen Remixe waren nur Experimente, die ausschließlich auf den B-Seiten der Single-Auskopplungen verwendet wurden. Jedenfalls hatte ich damals zu sagen, dass der „klassische Death SS-Stil“ in jedem Song des Albums weiter lebte. Lediglich die ästhetische Form war anders.

Daniel: Das Ganze habt ihr 2002 mit „Humanomalies“ noch weiter ausgebaut. Das Album war noch moderner und noch elektronischer. Für mich waren „Feast Of Fools“ und „Evil Freaks“ die einzigen beiden hörbaren Songs auf dem Album. Du meintest damals, dass Du endlich den Punkt erreicht hättest, unter dem Du „Horror Music“ immer verstanden hast. Mir persönlich gefiel das Album überhaupt nicht. Ich kenne noch einige Leute, die das genauso sehen. Wie kam „Humanomalies“ denn generell bei Euren Anhängern in Italien an? Und wie denkst Du heute über die Scheibe?  

Steve: Ich finde, dass „Humanomalies“ ein missverstandenes Album war, vielleicht zu sehr seiner Zeit voraus. Es war ein Konzept-Album über den Schrecken, den Menschen in ihrer Seele haben und über die wahre Bedeutung von „Unterschiedlichkeit“. Das war ein sehr starkes Konzept, was eine starke musikalische Untermalung brauchte, um angemessen ausgedrückt zu werden. Ich liebe dieses Album immer noch. Es ist vielleicht das brutalste Album, das Death SS je gemacht haben.

Daniel: Zwischen 2003 und 2006 habt ihr ein paar Veröffentlichungen herausgebracht, die den Anschein hatten, dass ihr es mit „Humanomalies“ zu weit getrieben habt. Es kam die „666 Box“ mit sechs 7“-Singles aus der Anfangsphase von Death SS raus. Zudem wurden mit „The Horned God Of The Witches“ endlich alle Aufnahmen der Originalbesetzung auf CD und Vinyl wiederveröffentlicht. Habt ihr mit „Humanomalies“ wenig Erfolg gehabt und den alten Zeiten hinterher getrauert? Oder gab es andere Gründe dafür?

Steve: „Humanomalies“ war ein kleiner kommerzieller Flop und fast alle Fans der Band fragten mich, ob ich nicht lieber wieder zu dem alten Stil zurückkehren wolle. Das war auch der Grund, warum ich ihnen die Demo-Compilation „The Horned God of the Witches“ gegeben habe. Es war eine Art Geschenk an alle Sammler der Oldschool-Ära von Death SS. Ich verehre alle meine Fans, so dass ich ihnen immer das geben will, was sie wollen! Trotzdem verleugne ich „Humanomalies“ nicht. Es war ein anderes Gesicht auf derselben Münze der Horror-Musik von Death SS. Ein echter Fan weiß, dass das Böse viele verschiedene Gesichter hat!

Daniel: 2006 erschien das bislang letzte offizielle Studio-Album „The 7th  Seal“. Der Kreis hat sich hier geschlossen. Das Album begeisterte sowohl alte als auch neue Fans der Band. Mit der Coverversion von „The Four Horsemen“ gab es auch wieder eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des 1970er-Rock. War es Eure Absicht, nach „The 7th Seal“ endgültig einen Schlussstrich zu ziehen?

Steve: In allen Punkten hast Du absolut recht! „The Four Horsemen“ ist eine Coverversion von Aphrodite´s Child, einer griechischen Band der 1970er Jahre. Dieser Song ist nur auf der europäischen Version der CD und der limitierten Doppel-LP enthalten.

DEATH SS band 2 INTI 2012Daniel: 2007 gab es dann die Doppel-DVD „30 Years of Horror Music“ mit allen Videoclips, Live-Berichten, Dokumentationen usw. Etwas nervig finde ich lediglich, dass Deine Kommentare alle auf Italienisch und teilweise leider nicht immer mit Untertiteln versehen sind. Ist Dein Englisch nicht so gut? Zwischen den Live-Berichten sind auch häufig Filmsequenzen von alten Schwarz-Weiß-Horrorfilmen zu sehen. Um was für Filme handelt es sich da? Sind das alles italienische Filme? In den 1960er Jahren soll es ja davon eine ganze Menge gegeben haben. Oder sind die Filme auch in anderen Ländern zugänglich? Weißt Du das zufällig? Was für Filme siehst Du Dir am liebsten an? Ich könnte mir vorstellen, dass Du als Italiener gerne Filme von Lucio Fulci oder Dario Argento ansiehst. Gibt es auch neuere Filme, die Du magst? Und wenn ja: welche? Wenn wir gerade bei Horror sind: Welche Autoren liest Du gerne (außer Aleister Crowley, hehe!)? Alte Helden wie Edgar Allan Poe, H.P. Lovecraft, Ambrose Bierce, Algernon Blackwood oder auch aktuellere wie Stephen King, Dean R. Koontz oder Graham Masterton?

Steve: Da liegst Du falsch: Alle meine Kommentare auf der Doppel-DVD sind mit englischen Untertiteln versehen! (Nein, sind sie nicht! Anm. d. Verf.) Vielleicht hast Du nicht die Originalversion der DVD oder Dein DVD-Player funktioniert nicht mehr richtig… Die Filmsequenzen sind zu zahlreich, um hier aufgelistet zu werden. Sie sind alle aus meiner Privatsammlung. Der Großteil von ihnen sind alte italienische Horrorfilme aus den 60er- und 70er Jahren. Von den meisten von ihnen gab es Neuauflagen auf DVD in allen Sprachen. Andere sind wiederum sehr schwierig aufzutreiben. Keiner von ihnen ist von Lucio Fulci oder Dario Argento. Ich habe Tausende von Büchern und DVDs in meiner Sammlung, zu sehen in der Foto-Galerie auf meiner Internetseite http://www.myspace.com/steve_sylvester. (Und die müsst ihr sehen! Allein schon wegen den 7“-Sammlungen von Black Sabbath und Alice Cooper! Der  Wahnsinn! Anm. d. Verf.) Ich versuche alles zu sehen und zu lesen, was ich intelligent und interessant finde, egal ob es Horror ist oder nicht. Zu viel, um aufgelistet zu werden…“

Daniel: Sollte die Sargform der DVD-Box tatsächlich auf das Ende von Death SS hinweisen?

Steve: Nur Satan kann das Ende dieser Geschichte kennen!

Daniel: Im Abspann der DVD bedankst Du Dich bei allen Ex-Mitgliedern von Death SS. Wenn ich mich nicht verzählt habe, waren es 31 (!) Leute, die dort aufgelistet waren! Woher kommt dieser hohe Verschleiß an Musikern? Hast Du immer ganz konkrete Vorstellungen davon gehabt, wie Death SS zu klingen haben? Bist Du nicht kompromissbereit? Gab es oft Streitigkeiten in der Band bezüglich der musikalischen Ausrichtung? Hast Du vielleicht auch das Ende von Death SS erklärt, weil Dich die ständigen Besetzungsprobleme plagten? Bitte kläre uns auf!

Steve: Du bist zu neugierig… ;-)

Daniel: Eure Platten sind in Deutschland sehr rar! Wo können Leute aus anderen Ländern als Italien Eure Alben bestellen, wenn sie Interesse daran haben?

Steve: Am besten direkt über das Label „Self Distribuzione“ in Mailand, das die Alben gepresst hat. (Ich weiß, dass „Hellion Records“ in Itzehoe den kompletten Backkatalog ebenfalls im Programm haben! Anm. d. Verf.)

Daniel: So, und nun zur allerletzten Frage; danach bist Du erlöst, hehe!! Wird es noch weitere Alben von Death SS in naher oder ferner Zukunft geben?

Steve: Warum nicht? Ich habe momentan die beste Besetzung, die Death SS jemals hatte. Wenn ich eines Tages eine gute Inspiration für ein neues Meisterwerk habe, werde ich es machen!

Daniel: Na gut, Steve! Die letzten Worte gehören Dir!

Steve: All the Be(a)st!

OK, das war dann der Death SS-Marathon! Ich hoffe, ich konnte Euch diese – auch nach über 30 Jahren – immer noch recht unbekannte Kultband ein wenig näher bringen. Hier noch schnell die wichtigsten Internetseiten der Band:

http://www.deathss.com

http://www.myspace.com/deathss 

http://www.stevesylvester.com (mit Abbildungen der Sammlungen seiner Lieblingsbands, irre!)

http://www.myspace.com/steve_sylvester

http://www.myspace.com/detachingfromsatan (Tribute-Page)

 



Autor: Daniel Müller